Big U
nüchtern fort. »Luftschloß ist abschätzig. Das bedeutet, es ist nicht nett. Wenn man von einem Luftschloß spricht, dann meint man etwas, das nichts mit der Realität zu tun hat. Es bedeutet soviel wie, daß jemand mit dem Kopf in den Wolken steckt.«
Alle starrten mürrisch vor sich hin, als wäre sie noch nicht fertig. Sarah meldete sich zu Wort. »Ihr könnt jeden Namen wählen, den ihr möchtet. Sie wollte nur darauf hinweisen, daß es kein besonders schmeichelhafter Name ist.«
Mari wurde von zwei Freundinnen getröstet. Alle anderen verteidigten den Namen tapfer. »Das habe ich noch nie gehört.«
»Ich finde, es klingt nett.«
»Wie ein Song von Barry Manilow.«
»Wie eines dieser kleinen chinesischen Gedichte.«
»Ich dachte immer, wenn man den Kopf in den Wolken hat, das wäre nett, als wäre man glücklich oder so. Außerdem sind Schlösser ein gutes Thema für Partys und so – könnt ihr euch Mark nicht als Ritter verkleidet vorstellen?« Kichern.
»Und auf diese Weise können wir uns alle die Luftköpfe nennen!« Entzücktes Kreischen. Nachdem Hyacinths Einwand damit ausgeräumt worden war, wurde Luftschloß einstimmig angenommen, bei zwei Enthaltungen, und man beschloß, daß Farben und Pinsel gekauft werden sollten, um den Flügel in den kommenden Wochen diesem Thema gemäß zu bemalen.
Schließlich löste sich die Versammlung auf.
»Wir haben vierzig Minuten, bis wir die Kerze herumreichen«, bemerkte Mitzi. »Bis dahin haben wir ein Stündchen zur freien Verfügung, wenn es natürlich auch kein ganzes Stündchen ist.«
Die Versammlung löste sich in schwatzende Grüppchen auf. Sarah beugte sich zu Hyacinth, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, worauf sich Hyacinth verkrampfte. Sie hatten sich in der vergangenen halben Stunde immer wieder gegenseitig ins Ohr geflüstert, und da beide kitzlige Ohren besaßen, hatte das stets zu hysterischem Lippenbeißen und Schnauben geführt. Sarah mußte eigentlich nicht mehr flüstern, aber sie war dran.
»Was bedeutet das, die Kerze herumreichen?« fragte sie.
Hyacinths Versuch, ebenfalls zu flüstern, stieß auf heftigen Widerstand Sarahs, daher lachten sie und schlossen einen Waffenstillstand. »Das ist etwas kompliziert. Es bedeutet, daß etwas Persönliches zwischen einer von uns und ihrem Freund passiert ist, von dem alle anderen erfahren müssen. Hör zu. Wir müssen hier weg, okay?«
»Okay.«
»Geh zu Zimmer 103, wenn der Alarm ertönt.«
»Alarm?« Aber Hyacinth schlich sich schon davon.
Sarah saß umgehend in einer Diskussionsgruppe fest, der auch Mitzi und Mari angehörten. Sie nahm eine Tasse Kool-Aid/Wodka-Punsch und lächelte, wann immer sie konnte. Alle waren nett zu ihr, falls sie sich wie eine Idiotin vorkommen sollte wegen der Dinge, die sie im Lauf der Versammlung gesagt hatte. Mari fragte, ob ihr Freund ihr bei den schwierigen Aufgaben ihres Vorsitzendenamtes half, und Sarah mußte gestehen, daß sie im Augenblick gerade keinen Freund hatte.
»Ahaa!« sagten alle. »Keine Bange, Sarah, mal sehen, was wir da einfädeln können. Kein Problem, du bist jetzt ja ein Luftkopf.«
Sarah suchte gerade nach einer Antwort, als der Rauchalarm ertönte und die Luftköpfe enttäuscht seufzten. Während sich alle auf ihre Zimmer begaben, um sich etwas vorzeigbarer zu machen, ging Sarah zu Zimmer 103, indem sie mit der Nase einer deutlichen Marihuanaspur folgte. Da es sich um einen Rauchalarm handelte, würde nur der zwölfte Stock evakuiert werden.
Hyacinth zog Sarah in das Zimmer und führte ihr vorsichtig eine feuchte Tüte an die Lippen. Es war dunkel, eine junge Schwarze schlief zusammengesunken an einem Schreibtisch, laute Musik erklang aus einer Stereoanlage. Hyacinth ging zum Lüftungsgitter und stieß einen erstaunlichen Urschrei in Richtung des F-Turms aus. Auf leichtes Drängen ihrer Gastgeberin gab Sarah den Joint zurück und folgte ihrem Beispiel. Lucy, Hyacinths schlafende Zimmergenossin, richtete sich auf, seufzte und schlurfte zu ihrem Bett. Sarah und Hyacinth setzten sich auf Hyacinths Bett und tranken Milch aus einem illegalen Minikühlschrank im Wandschrank.
Sie rauchten den Joint schweigend zu Ende, schüttelten die Köpfe und lachten einander fassungslos an.
»Schon mal LSD genommen?« fragte Sarah.
»Nein. Warum? Hast du welches?«
»Ach je. Das sollte kein Vorschlag sein. Ich wollte nur sagen, vorhin dachte ich einen Moment, ich wäre wieder drauf. So unwirklich kamen mir diese Leute vor.«
»Du findest sie
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