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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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und dachte etwa fünf Minuten nach, derweil er in seinen Unterlagen nach einer verlegten Seite suchte. Consuela gab eine Reihe anschwellender Geräusche von sich, die wachsende Ungeduld vermitteln sollten. »Hör zu, Chip, du bist schon weit über dem Zeitlimit. Fertig?«
    »Ich glaube ja.«
    »Angriffe?«
    »Nein, in dieser Runde nicht. Aber warte nur, bis du siehst, was sich da zusammenbraut.«
    »Okay, Virgil, du bist dran.«
    Virgil streckte einen langen Schieber aus und verschob in aller Hast Pappe von einer Stelle zur anderen; von Zeit zu Zeit löste ein Spielzug einen Aufschrei der Menge aus. Danach leierte er eine Liste von Scharmützeln herunter und gab Consuela Daten, was jeder Stapel enthielt, welche Kampfstärke er hatte, wann er zuletzt gekämpft hatte und so weiter. Als es eine Stunde später vorbei war, spendeten die Mitglieder von MARS anhaltenden Beifall. Chip Dixon war auf den Boden gesunken und zog über einer lauwarmen Cola ein mürrisches Gesicht.
    »Unglaublich«, rief jemand, »du hast Stalingrad und Moskau erobert und gleichzeitig den D-Day besiegt und bist in Schottland und Argentinien gelandet!«
    An dieser Stelle erhob sich Chip Dixon, der sich geweigert hatte aufzugeben, und blies die meisten der kleinen Pappkartonstapel in einem Blizzard militärischer Wucht davon. Fred Fine war wütend, aber beherrscht. »Chip, dafür gibt es zehn Tadel. Für diese Unbeherrschtheit sollte ich dich zum Leutnant degradieren. Und aus diesem Grund wirst du das Spiel wegräumen. Und sortier es richtig ein.« Zerknirscht machten sich Chip und zwei seiner Bewunderer daran, alle Pappkartonteile zu sortieren und in die dafür vorgesehenen Ausbuchtungen in dem aus Plastik gegossenen Zweiter-Weltkrieg-Spielekoffer zu legen. Fred Fine konzentrierte sich ganz auf Virgil.
    »Ein gewaltiger Sieg.« Er nahm sein Stoßrapier zur Hand und klopfte dem skeptisch dreinschauenden Virgil damit einmal auf jede Schulter. »Ich ernenne dich zum Oberst von MARS. Das ist ein enormer Sprung, aber eine Beförderung wegen herausragender Leistung auf dem Schlachtfeld ist eindeutig gerechtfertigt.«
    »Oh, eigentlich nicht«, entgegnete Virgil gelangweilt. »Es kommt mehr als alles andere auf ein gutes Gedächtnis an.«
    »Du bist bescheiden. Das gefällt mir an einem Mann.«
    »Nein, nur genau. Das gefällt mir.«
    Fred Fine zog Virgil ein Stück weg von den Simulationsspielfreunden, die einander immer noch fassungslos ansehen und dramatisch die Köpfe gegen die Wände hämmerten. Mehrere keuchende MARS-Mitglieder halfen der drastisch übergewichtigen Consuela von ihrem Ausguck herunter, wo sie die letzten elf Stunden verbracht hatte, worauf sie augenblicklich auf die beiden zugerollt kam wie ein Quecksilbertropfen.
    »Virgil«, sagte Fred Fine leise, »du bist eindeutig ein ganz besonderer Mensch. Männer wie dich brauchen wir für unsere komplexen Spiele. Diese Kartenspiele sind tatsächlich auf Dauer etwas einförmig, wie du sehr genau festgestellt hast. Möchtest du nächstes mal etwas Aufregenderes?« Virgil wich zurück. »An was hättest du denn so gedacht?«
    »Hast du schon von Dungeons and Dragons gehört?« Fred Fines Augen leuchteten, und er warf Consuela einen verschwörerischen Blick zu.
    »Klar. Jemand entwirft ein hypothetisches Verlies auf Millimeterpapier und plaziert verschiedene Ungeheuer und Schätze in den Kammern, dann schickt jeder Spieler seinen Charakter hindurch und versucht, so viele Schätze wie möglich einzusacken. Richtig?«
    »Das sind nur die gröbsten, einfachsten Varianten, Virgil«, sagte Consuela.
    »Dieser Mann hier und seine Freunde ziehen eine aktivere Version vor.«
    »Sickergruben und Schlangen«, sagte Consuela und nickte glücklich.
    »Die Grundidee ist dieselbe wie bei D & D, aber wir benutzen einen realen Ort, reale Kostüme und spielen es wirklich durch. Viel realistischer. Weißt du, unter dem Plex befindet sich ein Labyrinth von Abwasserkanälen.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Virgil. »Vergiß nicht, ich habe die Pläne dieser Anlage auswendig gelernt.«
    Fred Fine war fassungslos. »Wie das?«
    »Der Computer hat sie für mich gezeichnet.«
    »Dann müssen wir dir einen Charakter geben, der einen guten Grund dafür hat, daß er sich so gut in den Tunneln auskennt.«
    »Vielleicht, äh«, sagte Consuela mit verdrehten Augen, »vielleicht hat er ein Duell gesehen zwischen einem Helden, der gerade aus dem Verlies von Plexor kam –«
    »So nennen wir die Tunnel«, sagte Fred Fine.
    »–

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