BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)
»Ich lebe im Zölibat, weil es ein Symbol für das Reich Gottes ist, in dem niemand in der Ehe leben und unsere Liebe universell sein wird, genau wie Gott universell ist. Ich lebe im Zölibat, weil ich so besser dem Volk Gottes zur Verfügung stehen kann, aus dem die Kirche besteht, die der Leib Christi ist.« Er zuckte affektiert die Schultern, zog an seiner Zigarette, blies Rauch aus. »Ich lebe im Zölibat in Nachahmung von Jesus, der sich entschloss, sich an keinen bestimmten Menschen zu binden, damit er von allen empfangen werden konnte, in einem ewigen Pakt des lebendigen Opfers.«
Jerrica starrte ihn an.
»Sehen Sie?«, sagte er. »So einfach ist das.« Dann lachte er. »Scheiße. Es ist nicht für jeden etwas und das soll es auch gar nicht sein. Es ist nur ein weiteres Mysterium des Glaubens.«
Die Worte schienen sich aufzulösen wie ein Funkeln in der Luft.
»Aber Sie sind so sehr das Gegenteil davon«, sagte Jerrica. »Ich meine ... Sie sind Priester, aber Sie rauchen, Sie trinken, ja, Sie fluchen sogar.«
»Zu rauchen und zu trinken ist uns gestattet. Das ist so ziemlich das Einzige, was der Papst uns nicht verboten hat. Und was das Fluchen angeht – nun, Kommunikation ist Kommunikation. Wenn ich sage: ›Heiliger Vater, ich bitte dich, mir meine Sünden und meine Verfehlungen gegen dich zu vergeben‹, dann bedeutet das das Gleiche, als wenn ich sage: ›Heilige Scheiße, Gott, ich hab’ Mist gebaut und es tut mir leid, kannst du noch mal ’n Auge zudrücken?‹ Es ist das Gleiche. Gott ist es egal, welche Worte man benutzt. Scheiße. Es interessiert ihn nur, was man meint .«
Faszinierend. Er war wirklich einzigartig.
»Aber der Kirche ist es nicht egal«, fuhr der Priester fort. »Und das ist ein Punkt, der mir große Probleme bereitet. Deshalb habe ich keinen eigenen Laden.«
»Laden?«
»Eine eigene Gemeinde. ›Laden‹ ist Priesterslang für ›Gemeinde‹. Ich fluche zu viel. Ich sage zu offen, was ich denke. Und ich schleime nicht. Das grenzt an Mobbing, wenn Sie mich fragen, aber es ist mir scheißegal. Es ist Gottes Wille, und das reicht mir. Wenn es Gott lieber ist, dass ich bekloppte Priester therapiere und irgendwo in der Walachei Abteien wiedereröffne, dann mache ich das. Er wird Seine Gründe dafür haben, und ich habe nicht vor, mich auf einen Schwanzvergleich mit Gott einzulassen. Ich werde, verdammt noch mal, tun, was Er mir sagt, und ich werde es mögen.«
Diese tiefe Überzeugung, so flapsig sie auch geäußert wurde, beeindruckte sie. Er wurde dadurch noch fantastischer, noch mehr nicht der Norm entsprechend. Ich habe noch nie so einen interessanten Menschen getroffen ...
»Doch genug von diesem religiösen Geschwätz«, drängte er. »Erzählen Sie mir mehr über sich.«
Die Aufforderung erschreckte sie. »Ich ... ich weiß nicht«, stammelte sie. »Da gibt es nicht so viel zu erzählen.«
»Nun, vielleicht nicht – vielleicht noch nicht. Aber es wird die Zeit kommen, wo Sie sehr viel zu sagen haben. Eines Tages werden Sie selbst den Ruf Gottes hören.«
Sie glaubte nicht einmal an Gott, aber das konnte sie ihm nicht sagen, oder? Doch dann wiederum hatte sie das deutliche Gefühl, dass er es bereits wusste, dass er es spüren konnte.
Was also meinte er damit?
Ihre eigene Wahrnehmung von sich selbst ließ sie das Thema wechseln und wahrscheinlich war es ein guter Zeitpunkt dafür. Sie fuhr sich mit der Hand über den Unterarm und stellte fest, dass sie ziemlich schmutzig war. »Meine Güte, ich habe mich ganz schön dreckig gemacht dort in der Abtei.«
»Ich habe Ihnen gesagt, dass es dort schmuddelig ist. Heiß, feucht und staubig. Doch bis jetzt ist noch keiner aus der Bar geflohen, also scheinen wir nicht allzu sehr zu stinken.«
Jerrica musste über seine Bemerkung lachen, ihre Finger rieben unbewusst an der Dreckschicht auf ihrem Arm. »Es war so heiß da drin.« Und dann driftete ihre Vorstellungskraft wieder ab; plötzlich schwebte sie wieder mitten in ihren Fantasien. Die nachmittägliche Hitze der Abtei, wie der Schweiß aus ihnen herausfloss und der Schweiß des Priesters auf seiner nackten Brust glänzte wie Politur, als er wieder und wieder den schweren Vorschlaghammer schwang. Ja, die feuchte Hitze erstickte sie, als sie zusah; sie saugte an ihrer Haut und der aufgewirbelte Staub klebte an ihr wie Leim. Plötzlich stand sie unter der Dusche – mit dem Priester. Das kühle Wasser strömte auf sie herab, belebte sie. Er stand hinter ihr, seine
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