Biker's Barbecue (German Edition)
abgelichtet haben, begeben wir uns auf den Rückweg. Die Gegend ist hier so ungastlich trocken und staubig, dass uns selbst im klimatisierten Auto die Spucke wegbleibt. So ähnlich muss es auf dem Mars aussehen: seltsame Gesteinsformationen inmitten einer feinkörnigen, roten Staublandschaft – bloß die grünen Männchen fehlen.
Nach unserer Rückkehr integriert uns Gary freundlicherweise in seine kulinarische Abendgestaltung. Während er selbst Spaghetti kocht und ich unter seiner fachkundigen Anleitung das Gemüse schneiden darf, verrät er mir, dass seiner Käsesauce ein altes Familienrezept zugrunde liegt. Gary ist ein kleiner Scherzbold. Er will mir weismachen, dass schon seine Großeltern mit Nestlé-Soßenpulver gekocht haben.
Als Julia vom Bau kommt, fährt Stefan mit ihr in ihrem knallroten Ford Fairlane, Baujahr 1962, in die Videothek, um einen Film auszuborgen.
Das Video schauen wir uns dann natürlich zu dritt an. Aber Stefan scheint in Anbetracht unserer hübschen Gastgeberin gar nicht müde zu werden (im Gegensatz zu mir). Hat er sich nun in sie verknallt oder nicht? – Jedenfalls unterhalten sich die zwei dann bis spät in die Nacht im Nebenzimmer (mich lassen sie rücksichtsvollerweise schlafen). Und ich kriege aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen Gary gegenüber.
12.
Nothin’ lasts forever. Axl Rose
Früh am Morgen folgt dann der große Abschied. Als Julia aufbricht, verspreche ich ihr, dass wir noch einen Tag bleiben werden. Doch irgendwie kommt dann alles ganz anders.
Stefan nervt furchtbar. Jetzt sind wir schon zwei Tage hier und haben Garys Gastfreundschaft aufs reichlichste ausgenützt. Und jetzt soll ich hier wegen seiner kurzsichtigen Gefühlsduselei noch einen Tag herumhängen?!
Den ganzen Vormittag sind wir kreativ und entwerfen Pläne, wie wir das heraufbeschworene Dilemma am besten lösen könnten. Gary (der uns längst über alle Berge wähnt) bei seiner Rückkehr von der Arbeit die Wahrheit auf die Nase zu binden, scheidet jedenfalls aus: Julia hatte am Morgen durchblicken lassen, dass das nicht in ihrem Sinne wäre.
Typisch: Dass uns ein Hierbleiben zum „Gschichtldrucken“ zwingen würde, lastet Tobi natürlich mir an!
Am Ende haben wir jedenfalls die Qual der Wahl. Variante „Fauler Sack“ (Tobis Lieblingsvariante): Tobi fährt ein paar Meilen voraus, übernachtet irgendwo anders und wartet auf mich, damit er sich das mit Gary und Julia nicht mehr antun muss und für ihn am folgenden Tag keine Mammutetappe ansteht.
Variante „Fresssack“ (auch Tobis Lieblingsvariante): Stefan behauptet, dass er auf etwas ganz Wichtiges (vielleicht seine Kreditkarte?) von der Post warte und deshalb noch einen Tag bleiben müsse. Offiziell hätten wir uns gestritten, oder so … – Ach nein. Und was, wenn Gary – so gut wie sicher – so nett ist, mir bei meinem Postproblem zu helfen? Oder wenn wir uns an diesem ominösen Treffpunkt irgendwo westlich von hier am Ende verfehlen? Blödsinn, wir treffen uns einfach um 9 Uhr bei Burger King – einen Burger King gibt’s schließlich fast überall! – Großartige Idee: Tobi könnte in der Wartezeit jede Menge Whopper fressen, und ich müsste ihn zur Strafe den nächsten Berg hinaufrollen.
Warum, bitte, legt sich Tobi nicht einfach ins Bett und behauptet, dass er Migräne hat? Wäre doch die Lösung: Einfach, nicht nachweisbar – und ich hätte freie Hand.
Ha! Ich spiel hier doch nicht den ganzen Abend mit Gary Doktorspiele, während Stefan und Julia … – Der spinnt doch!
Je mehr wir mit diesen ausgesprochen liebevoll durchdachten Lösungen herumjonglieren – und das mit steigendem Amüsement –, umso klarer wird schließlich, dass wir keine davon in die Tat umsetzen werden.
Irgendwie kann ich Stefan davon überzeugen, dass es das Beste ist, wenn wir fahren. Blöderweise knüpft er daran allerdings eine Reihe von Bedingungen: So spiele ich seinen Liebeslakaien und fahre in den Ort, um eine rote Rose zu holen, während er seinen Abschiedsbrief aufs Papier weint.
Ich komme mir unglaublich ritterlich vor: Großer Bruder holt kleinem Bruder eine rote Rose für seine Geliebte. Dumm nur, dass das Muttchen im Blumen-Store keine roten Rosen hat. Eigentlich hat sie gar keine Rosen mehr, erst wieder übermorgen. „Übermorgen, Mütterchen, ist zu spät … “ (Warum komme ich mir bloß dauernd vor wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“?). Ich beteuere auf Knien (was man nicht alles für seinen
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