Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Biker's Barbecue (German Edition)

Biker's Barbecue (German Edition)

Titel: Biker's Barbecue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Micke , Tobias Micke
Vom Netzwerk:
Dabei basiert dieser Plan ja lediglich auf einem blöden Rechenspiel: Es ist der 50. Tag unserer Tour. Stefans Tachometer zeigt 2915 Meilen seit Boston. Und nach all den fetten und faulen Tagen wollen wir die 3000 unbedingt noch voll kriegen, um damit unseren stolzen 60-Meilen-Schnitt wieder einzuholen.
    Unsere Mittagspause verbringen wir an einem Ort mit dem klingenden Namen Food City. – Am Ortsausgang erwartet uns eine willkommene Abwechslung: Auf einem alten Flugfeld veranstalten ein paar Locals mit ihren auffrisierten Autos Wettrennen. Gerade gibt einer seiner Corvette mit qualmenden Reifen die Sporen und peitscht den Hecktriebler mit heulendem Motor durch den Slalomkurs. Zwischen ein paar undefinierbaren Eigenkreationen steht auch eines jener alten Dodge-Polizeiautos, wie sie früher mit Vorliebe in Bud-Spencer-Filmen bei Verfolgungsjagden zerstört wurden.
    Vielleicht, wenn wir ganz lieb fragen, vielleicht dürfen wir dann … – Wir dürfen. Zwar nicht selber, aber wenigstens als Beifahrer mit Sturzhelm und festgezurrt wie einst bei Muttern im Kinderwagen.
    Das ist allerdings auch Kick genug. Ich entscheide mich für den Corvette-Fahrer, der mein Vertrauen in seine Fahrkünste gleich mit einem „Burnout“ (durchdrehende Reifen bei stehendem Auto) auf die Probe stellt. Auf dem Parcours bin ich allerdings angenehm überrascht. Die Corvette zieht selbst bei abenteuerlicher Schräglage wie auf Schienen um die Kurve. Einzig bei der Wende am unteren Ende des Flugfelds wandert auf einmal das Heck an der Beifahrertür vorbei.
    Als ich mich nach 43,56 Sekunden einigermaßen sprachlos aus dem Sportsitz schäle, ist Stefan weg. Ein County-Sheriff drückt mir grinsend seinen Radhelm in die Hand und deutet auf die Rennstrecke. Dort schlingert gerade die Polizeikarre mit Blaulicht, blinkenden Scheinwerfern und Sirene über die Piste – am Lenkrad ein Cop, daneben eine Gestalt, die ich an ihrem Radtrikot wieder erkenne. Natürlich! Es musste ja das Polizeiauto sein. Wie ein Ozeandampfer in höchster Seenot windet sich der 70er-Jahre-Dodge heulend an den Gummihütchen vorbei. Dass man ein altes Auto überhaupt so quälen darf! Aber der Bursche am Lenkrad hat offenbar Klasse. Die Wende meistert er mit beinahe stehenden Vorderrädern, wirft nur das qualmende Heck herum und passiert die Messstelle bei 44,22 Sekunden. Hut ab!
    County-Sheriff Bob, nachdem er den Zündschlüssel abgezogen und zum Fenster rausgespuckt hat: „Ich kenne diesen Wagen besser als meine Frau. Wenn ich bei diesem Baby Gas gebe, dann weiß ich immer genau, wann und wie heftig sie kommt … “
    Wir steigen wieder auf unsere eigenen heißen Öfen um. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn man selber am Steuer sitzt.
    Wenige Meilen hinter der Stadtgrenze verfolgt uns auf der linken Straßenseite auf einmal ein Sandsturm. – Was sollen wir bloß tun? Fliehen? Uns ergeben? Oder uns einfach irgendwo unterstellen? – Verdammt: Das Ding sieht wirklich aus wie einer dieser bösen Tornados aus dem Film „Twister“! Kühe fliegen allerdings noch keine herum.
    Zu unserem Glück ist der Mini-Tornado jedoch eher entscheidungsschwach: Als er nach einigen Minuten Beobachtung weder Wachstums- noch Beschleunigungstendenzen zeigt, lassen wir ihn kurzerhand links liegen und suchen so schnell wie möglich das Weite. – Später werden wir dann erfahren, dass das Gelände abseits der Straße Testgebiet des Energieministeriums ist. Was die hier wohl für seltsame Versuche anstellen?
    Als ich in Howe bemerke, dass meine Kreditkarte verschwunden ist, haben wir immerhin schon 67 Meilen zurückgelegt. Der Appetit aufs Abendessen vergeht mir allerdings vorerst; die Formalitäten (Karte vergeblich suchen und dann sperren lassen) dauern über eine halbe Stunde. Wegen meiner Sagebrush-Allergie läuft mir die ganze Zeit über die Nase.
    Mit Arco als Tagesziel wird das verdammt knapp werden!
    Als wir weiterfahren, geht es schon auf acht zu. Wir treten wie die Wahnsinnigen, kämpfen gegen den starken Wind an. Es ist eine Tortur. Wenn wir anhalten, eine Pause machen, die müden Beine ausschütteln, ist es dunkel, bevor wir in Arco sind. Und andere Städte gibt es bis dahin nicht mehr. Auf der sandigen, staubigen, teilweise nicht einmal asphaltierten Straße liegt jede halbe Meile eine überfahrene Schlange. Übernachtung im Freien scheidet heute also aus.
    Wir erweisen uns als hart. Wieder einmal.
    Ich habe aufgehört, darüber nachzudenken, wo wir heute übernachten werden.

Weitere Kostenlose Bücher