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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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sich vor dem Zorn der Leutnants und der Fähnderichs beschirmte, bis dieser entweder sich gelegt oder Heine sich überzeugt hatte, daß er niemals vorhanden gewesen. Es muß während dieser »wohnungslosen Zeit« gewesen sein, daß er – 24. Dezember 1822 – in einem Brief an Immermann das Postskript hinzugefügt: »Adresse: H. H. aus Düsseldorf, beim Universitätspedellen zu erfragen«. Denn das Gedicht war im Herbste genanntenJahres in dem »Westteutschen Musenalmanach für 1823« erschienen und aus diesem erst in eine Berliner Zeitung übergegangen, welche, in der Jostyschen Konditorei ausliegend, den ganzen Spektakel verursacht hatte. Ebenso scheint, daß der Exodus nicht aus dem Unglückshaus Unter den Linden vor sich gegangen, in welchem übrigens auch der »Ratcliff« geschrieben worden, »in den letzten drei Tagen des Januars 1822, Vorrede zur dritten Aufl. der »Neuen Gedichte« (Werke, Bd. XVI, S. 7. – Heine gab irrtümlich das Jahr 1821 an; im Januar 1821 war Heine noch in Göttingen). als das Sonnenlicht mit einem gewissen lauwarmen Wohlwollen die schneebedeckten Dächer und die traurig entlaubten Bäume beglänzte«, sondern aus einem, Mauerstraße Nr. 51, welches heut über der breiten Bogentür mit der Inschrift: »Rum-, Sprit- und Liqueurfabrik« geschmückt ist und auch wohl damals schon gerade kein Palais gewesen sein wird, wiewohl Heine von seinem Logis rühmt, daß es »mit rotseidenen Gardinen behangen« war. In einem der »Berliner Briefe«, vom 7. Juni 1822, heißt es nämlich: »Ich bemerke Ihnen bei dieser Gelegenheit, daß ich dort (Nr. 24 Unter den Linden) ausgezogen bin.« Es ist ein ganz altmodisches Haus, dieses in der Mauerstraße, heute noch, einstöckig, mit niedrigen Dachkämmerchen darüber; aber wenn auch damals schon in der Tür der Wirtsstube sich zuweilen ein so schmuckes Mamsellchen mit weißer Schürze gezeigt hat, wie man es gegenwärtig im Vorübergehen manchmal erblickt, so will ich nicht verschwören, daß nicht eines jener Lieder an »Verschiedene«, deren Adressen verlorengegangen sind, an sie gerichtet war. Denn Heine liebte die Veränderung. Viermal während dieser beiden Jahre seines ersten Berliner Aufenthaltes (Februar 1821 bis Frühling 1823) hat er das Quartier gewechselt, und, nur der Vollständigkeit halber, sei noch erwähnt, daß er zuerst, als erhierherkam, drei Treppen hoch in dem Hause Behrenstraße Nr. 71 wohnte, demselben, welches heut zum Ministerium der geistlichen Angelegenheiten gehört – dem allerpassendsten für den, der wenige Jahre später in den Nordseehymnen Berlin als die »fromme Stadt« besang:
    Wo der Sand und der Glauben blüht,
Und der heiligen Sprea geduldiges Wasser
Die Seelen wäscht und den Tee verdünnt.
    Heines letzte Wohnung (seit Januar 1823), also die, in welche er zog, nachdem er die traurige Erfahrung mit dem Lied vom lieben Gott gemacht, war in der Taubenstraße Nr. 32. Diese Adresse gibt er seinem Freunde Christian Sethe an in einem Briefe vom 21. Januar 1823, Über H. Heine. – Ein Brief an den Buchhändler Dümmler vom 5. Januar 1823, in welchem ihm Heine den Verlag seiner »Tragödien« nebst »lyrischem Intermezzo« anbietet, trägt dieselbe Wohnungsangabe. in welchem es heißt: »Krank, isoliert, angefeindet und unfähig, das Leben zu genießen, so leb ich hier. Ich schreibe jetzt fast gar nichts und brauche Sturzbäder. Freunde hab ich fast gar keine jetzt hier; ein Rudel Schurken haben sich auf alle mögliche Weise bestrebt, mich zu verderben ... auch höhern Ortes bin ich schon hinlänglich angeschwärzt.« Ob Heine damals gewußt und, wenn er es gewußt, nicht einigen Trost darin gefunden hat, daß das Haus ihm gerade gegenüber dasjenige war, welches, in einer ähnlichen Gemütsverfassung, siebzig Jahre früher, während der letzten und schlimmsten seiner Berliner Tage, den Herrn von Voltaire beherbergte? Hier, in diesem Hause, Taubenstraße Nr. 17, wohnte Voltaire, nachdem er in hoffnungslosem Zerwürfnis mit seinem vormaligen Gönner und Gastfreund das Appartement im Königlichen Schloß verlassen hatte, bei dem Hofrat Francheville zur Miete, bis zum 25. März 1753, wo er Berlin für immer verließ; und von hier auskonnte er sehen, wie seine »Histoire du Docteur Akakia« auf Befehl Friedrichs des Großen öffentlich und von Henkershand auf dem benachbarten Gendarmenmarkt verbrannt wurde. Das Haus, ursprünglich ein kurfürstliches Jagdschloß aus der Zeit, wo dies alles Forst und Tiergarten war, hatte bis

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