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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Dann das Palmenhaus mit den wunderbaren Farrenbäumen aus dem südlichen Amerika, den edel geformten Palmen aus Indien und Ceylon; eine Treppe, deren Stufen von Granit, führt zu Felswänden hinan, mit kriechendem Moos bekleidet, und zwischen den Tropenpflanzen Figuren von weißem Marmor, gelblich leuchtend von dem Strahl der Abendsonne, der sich weiterhin in dem feuchten Grün verliert. Kandelaber hängen von oben herab – wie feenhaft muß es hier sein an Ballabenden, wenn Musik aus dem Innern schallt und der bunte Glanz des Festes mit der stillen Schönheit der Pflanzenwelt sich vereint! Dann das Orchideenhaus, vor welchem die Marmorbüsten der beiden Borsig, Vater und Sohn, unter niederhängendem Gezweig stehen. Dann die Marmorhalle mit den Bildern von Paul Meyerheim – überall Pracht und Marmor und Farben, aber nichts Prahlerisches, was den Blick oder die Empfindung verletzen könnte. Dann das Haus der Victoria Regia und nebenan das Wasser mit der blühenden Victoria Nymphäa, blaßrot, dunkelrot, blau, märchenhaft auf den breiten grünen Blättern schwimmend, während zahllose Goldfische sich umhertummeln. Und mir wird, als erlebt ich selber ein Märchen – aber ein ganz modernes –, indem unaufhörlich in diese Herrlichkeit und Stille von Grün und Blumen das Schnaufen und Stampfen der Maschinen hereindröhnt, die Stimmen der Arbeit, von Guß- und Puddelöfen, von Walz- und Hammerwerken, welche, Park und Haus umgebend, bis an das Ufer der Spree reichen. Hier stößt der Eisenhammer an den Park, sein gewaltiger Schornstein steht da wie der Turm einer Burg, und Park und Fabrik gehen ineinander über. Hier befindet sichauch das Verwaltungsgebäude, von welchem ich oben schon gesprochen; und hier, wo sich jeden Mittag Hunderte von Arbeitern in einem hohen Saal, an reinlichen Tischen zu einer guten, billigen Mahlzeit niedersetzen, kann man sehen, wie Borsig für seine Leute gesorgt hat. Aber dazu muß man einen Umweg durch den Hof machen; denn der Saal steht nicht zur Schau wie die Palmen und Orchideen. Hier steigt man auch zu einer Terrasse mit dem Blick auf die Spree, die Schiffe, die Lessingbrücke, die Stadtbahn, den Tiergarten; und hier, den dumpfen Lärm, den das gleichmäßige Ausstoßen des Dampfes verursacht, zur einen und zur andern Seite die Ruhe, den frischen Geruch des Grüns und den Glanz des Abendhimmels – hier sitze ich gern und lausche und suche nach dem Wort, das ich nicht finden kann...
    Vergoldet nicht dieselbe Sonne, die Sonne Homers, die Rauchwolken, welche schwarz und dicht aus dem Riesenschlote des Eisenwerks emporsteigen und, in malerische Bildungen aufgelöst, in wunderbare Farben getaucht, sich fern am abendlichen Himmel verlieren? Sind es nicht herkulische Gestalten, die mit den Eisenstangen und den Lederschürzen vor dem Schmiedefeuer und dem Amboß stehen, wenn die Esse sprüht, wenn die Flamme knistert, wenn der schmelzende Stahl herausfließt wie Wasserbäche, wenn Blöcke weißglühenden Erzes von mächtigen Hebeln, wie von Geisterhänden bewegt, dem Willen dieser Menschen gehorchen, sich heben, durch die Luft fahren, sich senken und der Dampfhammer mit einer Wucht von fünftausend Pfund diese feuersprühende Masse platt drückt wie – man verzeihe mir den Vergleich, aber ich finde keinen andern – einen Schweizer Käse? Ist es nicht eine Phantastik, wie im Reiche der Erdgeister, wenn ein goldner Funkenregen umherprasselt, in welchen die niedergehendeSonne von außen nur ganz blaß, in langen Strahlen hineinscheint? Oder sind es nicht liebliche Landschaften, hier ein Stück Wiese mit der bläulichen Straßenferne, dort ein Stück Wasser mit rötlich angeglühten Segeln, welche man durch die Bögen der Stadtbahn erblickt, wie in einen Rahmen gesetzt; und ist sie selber nicht ein Werk, welches an Kühnheit der Konzeption und Großartigkeit der Ausführung sich wohl messen darf mit jedem altrömischen Viadukt, dessen Trümmer wir heute noch ehrfurchtsvoll anstaunen? Ja, mag im Laufe der Zeiten – in Hunderten, nein in Tausenden von Jahren – jener Neuseeländer Macaulay's, nachdem er in der ungeheuren Einsamkeit seinen Stand genommen hat auf einem zerbrochenen Bogen von London-Bridge, um zu zeichnen die Ruinen von St. Paul's – mag er nicht auch hierherkommen nach Berlin, um auf den Steinresten dessen, was einst die Stadtbahn gewesen, elegische Betrachtungen anzustellen über die Größe, den Verfall und die Vergänglichkeit aller Dinge?
    Kommt, ihr kleinen zierlichen

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