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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Zeltenallee, vormals die Kurfürstenallee geheißen; und hier gingen die Großväter unserer Väter, wenn sie des Abends nach den Zelten wollten. Ehrbare Männer waren es, mit dreieckigen Hüten,mit Zopf und Perücke, mit langen Rohrstäben in den Händen und mit einem bedachtsamen Schritt, wie Männer, welche Zeit haben und ihre Würde kennen. Wenn sie miteinander redeten, so sprachen sie, wie gute Bürger, von ihrem Könige, Friedrich dem Großen, der damals schon ein alter Herr war und in Sanssouci residierte; waren sie Gelehrte, so sprachen sie von Voltaire und der Enzyklopädie, wären sie Kaufleute, so sprachen sie von der Königlichen Generaltobaksadministration, vom Zucker- und Kaffeezoll, von der Seehandlungscompagnie und dem letzten großen Wechselgeschäft der Herren David Splittgerbers selige Erben. Bedächtig schritten sie dahin, nach einem großen Platz an der Spree, welcher der Kurfürstenplatz oder der Zirkel genannt ward. Auf der Seite nach der Spree war den ganzen Sommer hindurch eine Anzahl Hütten und Zelte aufgeschlagen, woselbst allerhand Erfrischungen verkauft wurden. Der gegenüberstehende Zirkel – ich zitiere hier den wackern Friedrich Nicolai, Buchhändler auf der Stechbahn, der mit seinen Freunden Gotthold Ephraim Lessing und Moses Mendelssohn an dieser Stelle wohl manch einen Sommerabend auf und ab gegangen –, der gegenüberstehende Zirkel ist mit einer doppelten Allee von sehr hohen Ulmen und Eichen eingefaßt und der Hauptsammelplatz aller Spazierenden, welche teils unter den Alleen hin und her wandeln, teils auf den Bänken ausruhen. An schönen Sommernachmittagen, sonderlich des Sonntags und Feiertags, pflegten hier einige Tausende zu Fuße, zu Pferde und zu Wagen zusammenzukommen, wobei öfters, auf Befehl des Gouverneurs, die Musikkorps der in Berlin in Garnison liegenden Infanterie- und Artillerieregimenter an die anliegenden Büsche verteilt wurden, welches zusammen ein sehr reizendes Schauspiel machte. »La place des Tentes au parc«, wie Chodowiecki denselben (1772) dargestellt,galt für die »premiere promenade de Berlin«. Sie war es hauptsächlich während der späteren Zeit Friedrichs des Großen und blieb es bis ans Ende des Jahrhunderts. Selbst die Mitglieder der königlichen Familie – so referiert W. Mila, der sich (geboren 1764) des glänzenden Anblicks noch aus seiner Jugend erinnert – und Personen vom ersten Range mischten sich unter den bunten Haufen. In vergoldeten, schön verzierten Phaetons, in eleganten, von allen Seiten mit Glasscheiben versehenen Kutschen oder in sogenannten Wurstwagen, an deren Schlägen Pagen und Heiducken standen, fuhren die Prinzessinnen die Hauptallee entlang. Ein Mann von der Französischen Kolonie namens Mourier war der erste, der hier im Jahre 1760 ein Zelt aufschlug, in welchem er Kaffee und sonstige Getränke und Erfrischungen feilbot; zum Schilde hatte er eine goldene Gans mit der sinnreichen Inschrift: »Monnoi (mon oie) fait tout«. Aus den Kreisen der Französischen Kolonie, welche sich damals noch bei weitem nicht vollständig germanisiert hatte, ging etwas wie ein Atem des französischen »esprit« über Berlin, welcher sich bis in den kleinsten Dingen zeigte und vielleicht in seinen letzten Nachwirkungen nicht ohne Einfluß geblieben ist auf den Berliner »Witz«. Dem Beispiele dieses betriebsamen Mannes folgten zwei andere Schenkwirte, gleichfalls Franzosen, Dortu und Thomassin bauten ihre Zelte an den Ufern der Spree und hatten einen guten und vergnügten Sommer davon. Im Winter wurden diese beweglichen Dinger zusammengeschlagen und in die Stadt gebracht, um, sobald der neue Lenz kam und die Hecken und Wiesen hierherum wieder grün wurden, fröhlich aufzuerstehen – echte Nomadenzelte in dem Sandmeer von Berlin, und der Fleck, auf dem sie standen, mit Wasser und Wald und geputzten Menschenkindern, eine der lieblichsten Oasen. Denn man brauchte nicht hundert Schritte weitzu gehen, so war man knietief im Sande. Sand war der Exerzierplatz, heute der Königsplatz mit der Säule, Sand war des Königs Holzplatz, heute die Alsenstraße, Sand war auch Seegers Holzplatz, heute die Roon- und die Hindersinstraße. Gegenüber auf der rechten Spreeseite war noch mehr Sand, welchen seit den Tagen Friedrichs I. französische Gärtner und Landbauer im Schweiße ihres Angesichts urbar zu machen trachteten, ohne sonderlich weit damit zu gelangen, weshalb sie es, mit der ihrer Nation eigenen Finesse, die sich in Kümmernissen durch einen

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