Bilder Aus Dem Berliner Leben
Monolithen, getragen, welche, ein Geschenk Friedrichs, von dem während des siebenjährigen Krieges zerstörten Gräflich Brühlschen Schlosse zu Pforten herrühren sollen. In dem geräumigen, hochgewölbten Flur erblickt man eine stattlich breite Treppe mit einem gleichfalls höchst kunstvoll gearbeiteten Eisengitter. Er war ein Mann von Geschmack, dieser Ephraim, und der zu leben wußte. Seine Gemäldesammlung, in welcher sich ein Salvator Rosa, ein Caravaggio, ein Domenichino, zwei Poussins befanden, machte dem Kunstsinn Ephraims Ehre. Jetzt bildet sein ehemaliges Palais eine Abteilung des Polizeipräsidiums, mit dem Büro für das Paß- und Fremdenwesen, für Gesindeangelegenheiten, für verlorene und gefundene Gegenstände; jetzt steht der Berliner Schutzmann im Hausflur, und vor der Türe spielt sich manch eine ergreifende Szene Berliner Lebens ab – eine Dame ganz in Schwarz, heftig schluchzend und das Taschentuch gegen die Augen gepreßt, sitzt in einer Droschke. Was mag sie verloren, wonach hier gefragt haben und welcher Bescheid ihr geworden sein? Anders vor hundert Jahren, als an diesem Säulenportal die Equipagen vornehmer Herrschaften hielten, einmal auch die Friedrichsdes Großen – ein Besuch, der den beglückten Ephraim teuer zu stehen kam. Denn der König, erstaunt über die Pracht dieses Hauses, legte dem Eigentümer desselben sofort eine starke Kontribution zugunsten – ich habe vergessen, welchen militärischen Instituts in Potsdam auf; es war einer von den kleinen »praktischen Scherzen«, in welchen der Alte Fritz auch so groß war. – Die Hinterseite des Gebäudes ist der Spree zugekehrt, und durch einen Torbogen desselben gelangt man in einen der originellsten Winkel und an einen der hübschesten Ansichtspunkte von Berlin. Hier sind die Dammühlen, neue, massive Werke jetzt, zwischen denen aber hier und dort eine verwitterte Wand des alten Mühlendamms noch hervorlugt. Wie manchmal an einem Sommertage, Mittag oder Abend, bin ich hierhergekommen, um in einer von den Einbuchten der Brücke zu stehen beim Klappern der Mühlen und Rauschen der Wasser, welches einen gar eigentümlich ländlichen Eindruck macht, hier, mitten in der Altstadt von Berlin, der Geruch von Mehl vermischt mit dem Geruch von frisch gemähtem Gras, von Heu, Korn und sonstigen Zerealien; denn hier, neben den Mühlen, sind mehrere große Produktenhandlungen, vor deren Einfahrten man hochbeladene Wagen sehen kann, wie vor den Scheunen der Landleute. Kehrt man sich aber um, so hat man ein überraschendes Bild: im Vordergrund das Wasser der Spree, welches hier ungewöhnlich erregt mit Schaum und Wellen unter der Brücke hervorstrudelt, um dann in breitem Strome ruhig nach der Kurfürstenbrücke weiterzufließen, Böte, Fischbehälter, Kästen, Netzhaken und Körbe leise schaukelnd auf der schillernden Flut; links ein paar Fabriken und das giebelverzierte Gemäuer des alten Marstalls; rechts, überragt von den beiden Türmen der Nikolaikirche, die Häuser der Poststraße, manche von ihnen sehr alt, mit Tonnengewölben und steinernenKreuzbögen an der Decke, dicht aneinandergedrängt, mit wildem Wein bewachsen, von Baumwipfeln umlaubt, mit Gärten bis an das Wasser; und weit hinten im violetten Licht die graue Masse des Schlosses mit weiß verhängten Fenstern und auf der Langen Brücke, wie losgelöst vom Postament, mit seinen dunklen, kräftigen Umrissen in den goldnen Abendhimmel gezeichnet, das Reiterbild des Großen Kurfürsten, zu dessen Füßen sich, von der untergehenden Sonne bestrahlt, Wagen und Menschen unaufhörlich hin und her bewegen. So daß, alles zusammengenommen, Veitel Ephraim sich eine gute Stelle für sein Haus ausgesucht, wenn er – wie ich vermute – nicht nur ein Auge für die Schönheiten der Kunst und Natur, sondern auch Sinn für die Schönheiten unserer Stadt gehabt hat. Sein Neffe und eine Zeitlang Kontorist in seinem Geschäfte war jener Ephraim Kuh aus Breslau, welchen Berthold Auerbach zum Helden seines Romans »Dichter und Kaufmann« gemacht hat; und unter dem Namen Ebers und Eberty haben seine Nachkommen hohe, sowohl literarische als städtische Ehren gewonnen.
Welch ein ungeheurer Umschwung in weniger als einem Menschenalter! Als Mendelssohn, ein Knabe von vierzehn Jahren, in Berlin einwanderte, ward ein Mitglied der israelitischen Gemeinde (man sagt, ein Vorfahr des Herrn von Bleichröder) aus derselben ausgestoßen, weil ein deutsches Buch in seinen Taschen gefunden worden; und dreißig
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