Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
mein Ohr.
    Ich lachte.
    „Ganz ruhig!“
    Auf der Rue des Petits-Champs wurde es wieder still wie auf einem Friedhof. Das Telefon klingelte. Ich hob ab.
    „Ja?“
    „Hélène.“
    „Klappt’s?“
    „Ja.“
    Ich legte wieder auf... Schon wieder Schwein gehabt, daß sie in der Rue de Valois ein Zimmer frei hatten. Ich dachte an Albert. Ein seltsamer Junge... Wieder wurden meine Gedanken vom Telefon unterbrochen.
    „Hallo!“
    „Hier Reboul.“
    „Hier Burma. Was Neues?“
    „Nichts. Kein Besuch. Gesundheitszustand zufriedenstellend. Könnte in ein paar Tagen entlassen werden.“
    „Dann war es also nicht schlimm?“
    „Mehr Schiß als alles andere.“
    „Gott sei Dank.“
    „Hat seiner Frau geschrieben, um sie zu beruhigen.“
    „Ein braver Ehemann.“
    „Ja, er hätte es nämlich auch sein lassen können. Hat den Brief von einem Bettnachbarn schreiben lassen.“
    „Hat er Schmerzen im Arm?“
    „Wahrscheinlich.“
    „Sehr gut.“
    „Ich verbringe die Nacht hier in der Gegend, oder was? Gehe hier im Krankenhaus jetzt ein und aus. Bin gut klargekommen.“
    „Das kann immer mal nützlich sein, falls wir uns mal ’ne blaue Bohne fangen.“
    „Das ist wahr. Daran hab ich gar nicht gedacht. Gut. Also, was soll ich tun?“
    „Ihr Bestes, wie immer.“
    Ich legte den Hörer auf die Gabel, ließ ihn aber nicht lange dort ruhen.
    „Hier Hotel Transocéan“, sagte die brüchige Stimme eines Mannes mit strengem Stehkragen. Vielleicht war aber auch die Stimme streng und der Stehkragen brüchig...
    „Mademoiselle Levasseur, bitte.“
    „Mademoiselle Levasseur ist nicht da, Monsieur. Wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?“
    „Nein. Und Monsieur Birikos? Monsieur Nicolas Birikos? Ich möchte nicht mit ihm sprechen. Ich möchte nur wissen, ob er da ist.“
    „Nein, Monsieur. Monsieur Birikos ist nicht auf seinem Zimmer.“
    Ich legte auf, schob die Visitenkarte und das abgerissene Stück Papier in die Lederecke der Schreibunterlage und stand auf. Ich stopfte meine übergründlich gereinigte Pfeife, zündete sie an, zog meinen Mantel über und ging in die kalte, dunkle Nacht hinaus, um zu sehen, ob es für Nestor etwas gab. Es gab etwas. Den wohltuenden Schlag mit dem vertrauten Gummiknüppel.
     

7
    Pariser Leben
     
    Die holprigen Pflastersteine drückten sich mir in den Körper. Meine abgeschürften Hände tasteten sie ab, wollten sie fassen, ich frage mich, warum? Was hatte ich mit diesen Pflastersteinen vor? Ich wollte doch keine Barrikade errichten. So was macht man im Sommer. Sehen Sie sich an, wie für fünfundzwanzig Francs pro Tag gestorben wird. Für wieviel starb ich? Drei Millionen, das war schon eine interessantere Summe...wenn ich sie einstreichen würde. Wäre aber bestimmt nötig gewesen, um mich gesundzupflegen. Das Pflaster war schmierig vor Nässe, und ich rutschte darauf aus. Ich hätte viel dafür gegeben, um mich hinstellen zu können. Allerdings nicht die drei Millionen!
    Ich kroch.
    Ich hatte einen ordentlichen Schlag auf die Rübe gekriegt. Eher zwei. Oder drei, wenn ich genau nachzählte. Für jede Million einen...
    Ich kroch weiter.
    Die Pflastersteine waren kantig, naß und kalt. Nicht weit entfernt floß das Wasser. Leise. Heimtückisch. Mit einem unanständigen Geräusch. Um mich herum alles dunkel. Drüben blinkten wohl Lichter auf einer dunklen Masse, himmelweit weg, wie eine Krone, dunkler als die Nacht, vielleicht eine Brücke. Um mich herum herrschte völlige Dunkelheit.
    Ich kroch weiter.
    Das Wasser floß schneller, näher; oder aber meine Ohren spielten mir einen Streich. Etwas Ekelhaftes, in höchstem Grade übelriechend, ein widerliches Bündel stellte sich dicht gegen meine Wange.
    „Nicht weiter, Kumpel“, krächzte eine Säuferstimme.
    Meine klammen Finger schlossen sich um das Bündel. Es war ein Fuß. Daran hing ein Bein, und so fort. Ganz oben befand sich die Stimme.
    „Willst du dich in die Seine schmeißen, Kleiner?“
    „Weiß nicht“, brachte ich mit Mühe hervor.
    „Liebeskummer? „
    „Weiß nicht.“
    „Werd dich in Sicherheit bringen. Hab dir das Leben gerettet, hm? Wirst dich dran erinnern, hm? Ohne mich hättste ’n Satz gemacht in die Brühe, laß dir das von Bébert gesagt sein.“
    „Bébert?... Der Spieler?..
    „Kleinigkeit für’n Kerl wie mich. Rot ist für die Glücksspieler da. Erzähl das der Baronässe.“
    Er beugte sich zu mir runter, hüllte mich in eine Weinfaßfahne ein, die mir den Magen umdrehte, schob seine Hände

Weitere Kostenlose Bücher