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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Nationale, um in den verstaubten Beständen herumzuschnüffeln. Seit gestern wollte ich einen Abstecher in dieses Gebäude machen. Aber die Zeit hatte mir gefehlt. Heute hatte und vergeudete ich sie. Ich blätterte umsonst in einem Stapel Zeitungen von 1925, auf der Suche nach Informationen über die Betrügereien, die zu der Zeit von Larpent-Daumas begangen worden waren. Da ich mich bei Faroux nicht nach dem genauen Datum erkundigt hatte, forschte ich unsystematisch und fand nichts. Ich gab es auf und ging zurück ins Büro. Kaum war ich eingetreten, als mich das fröhliche Läuten des Telefons begrüßte. Im Dunkeln nahm ich ab:
    „Hallo!“
    „Monsieur Nestor Burma, bitte.“
    Eine Frauenstimme. Eine Stimme aus Gold. Wenn Euer Gezwitscher...
    „Am Apparat, Madame.“
    „Mademoiselle“, verbesserte sie. „Mademoiselle Geneviève Levasseur.“ Meine Finger umklammerten den Hörer, und ich verschluckte mich, anstatt zu antworten.
    „Hallo! Hallo!“ Meine schöne Gesprächspartnerin wurde ungeduldig.
    „Hallo!“ sagte ich.
    „Sagt Ihnen mein Name ’was, Monsieur Burma?“
    Larpent, sagt Ihnen der Name ’was? Birikos, sagt Ihnen der Name ’was? Geneviève Levasseur, sagt Ihnen der Name ’was? Ich sollte endlich etwas sagen. Ein Wort von historischer Bedeutung...
    „Äh... also...“
    „Das könnte durchaus sein. Mein Name wird oft in der Presse genannt. Ich bin Mannequin bei Roldy...“
    „Ja, Mademoiselle.“
    „Damit Sie mich einordnen können.“
    „Ja, Mademoiselle. Und was kann ich für Sie tun?“
    „Es ist das erste Mal, daß ich mich an einen Privatdetektiv wende. Wenn Sie auch meinen Namen nicht in der Presse gelesen haben, ich habe Ihren gelesen. Häufig. Ich wollte Sie fragen... Wenn jemand von unliebsamen Personen belästigt wird, können Sie ihn davon befreien, diskret und wirksam?“ Ich fing an zu lachen.
    „Mein Gott, Mademoiselle! Sie meinen doch nicht mit dem Revolver, hoffe ich?“
    Sie lachte ebenfalls. Ihr Lachen war hell, frisch, sehr angenehm fürs Ohr.
    „Nein, nein, so radikale Maßnahmen habe ich nicht im Auge.“
    „Das beruhigt mich.“
    „Können Sie einen solchen Auftrag übernehmen?“
    „Sicher.“
    „Würden Sie zu mir kommen? Ich wohne im Hotel Transocéan, Rue de Castiglione. Können Sie gleich kommen?“
    „Ich komme.“
    „Bis gleich, Monsieur“, wiederholte sie.
    Ich legte auf, machte Licht, nahm den Hörer wieder ab, rief die Tour Pointue an und verlangte Florimond Faroux.
    „Was gibt’s?“ fragte er.
    „Ich habe einen Schritt getan in den Dunstkreis von Geneviève, dem süßen Käfer.“
    „Lassen Sie es sein, sage ich Ihnen. Wir nehmen die Sache in die Hand.“
    „Unmöglich. Sie ist meine Klientin. Sie hat bemerkt, daß sie beschattet wird. Sie möchte, daß ich sie von lästigen Menschen befreie. Es kann sich nur um Ihre Männer handeln... Komisch, nicht wahr?“
    Ich berichtete ihm von meinem Telefongespräch mit dem Mannequin.
    „Hm...“, räusperte sich Faroux. „Einerseits kommt uns das sehr gelegen, nicht wahr?... Gut... Na schön... Sie haben freie Hand, Burma.“
     

9
    Das Hühnchen und die Füchse
     
    In natura sah sie noch besser aus als auf den Fotos. (Häufiger ist es umgekehrt.) Der Ausschnitt ihres Kleides war allerdings nicht so tief, was ich bedauerte. Spitz zulaufend, leicht auf den Schultern liegender Stoff. Für den Blick eines braven Mannes immer noch vielversprechend. Zum Beispiel, wenn sie sich bückte. Aber ich konnte keine Geldstücke auf den Teppich werfen und sie zwingen, sie aufzuheben. Ihre Arme waren nackt. Sehr schöne Arme. Auch ihre Beine sahen nicht schlecht aus. Und es waren noch eine Menge angenehmer Sachen zu sehen, die sich und mich bewegten. Ihre blonden Haare waren zurückgekämmt, wie auf dem Foto, das Faroux gezeigt hatte. Ihre fast grünen Augen waren durch das Makeup bis zu den Schläfen hochgezogen. Die schlanken Finger ihrer zarten Hände wurden durch lange, lackierte Nägel verlängert, bis auf den rechten Zeigefinger, dessen Nagel ebenfalls lackiert, aber kurz war. Er war wohl kürzlich abgebrochen, vielleicht als sie jemanden kratzen wollte. Das war ein Mädchen, das leicht seine Krallen zeigte. Genauso leicht, wie es streichelte.
    Sie empfing mich in einem kleinen Salon, der, warm und behaglich, an ihr Schlafzimmer grenzte, kunstvoll ausgeleuchtet, dazu bestimmt, den Wert von Behälter und Inhalt hervorzuheben. Sie unterzog mich einer kurzen Prüfung und bemerkte dann mit ihrer warmen

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