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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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erscheinen.
    »Genau – er liebte sie nicht. Hat es nie getan! Heiratete sie aber dennoch, weil es sich so schickte, das war damals so und schickt sich auch heute noch, wenn man ein Mädchen in Schwierigkeiten bringt – das weiß deine Mutter selbst wohl am besten.«
    Oneidas Hand schoss über das Sofa auf die von Arthur zu und wickelte sich wie eine wilde, kalte kleine Klaue darum.
    »Die Wahrheit ist« – Bert räusperte sich –, »Mr. William Fitchburg Jones hat sein ganzes Leben lang eigentlich nur einen Menschen geliebt. Liebte diesen Menschen bis zu seinem Tod, und sie lebten hier zusammen, hier in diesem Haus – und jetzt rate mal, wer dieser Mensch war?«
    Arthur und Oneida, die sich auf dem ausgefransten und vermoderndem Sofa an der Hand hielten, beugten sich vor. Bert grinste und entblößte dabei eine Teilprothese, die im trüben Licht silbern schimmerte.
    »Sein Porträt hängt im Treppenhaus.«
    Oneida schreckte auf und quetschte krampfhaft Arthurs Hand zusammen.
    »Sie waren ein Liebespaar!«, flüsterte Bert und gackerte gleich darauf schadenfroh: »William Fitchburg Jones und Daniel Darby – ihr ganzes Leben lang waren sie ein Liebespaar. Das ist bei Gott die aufrichtige Wahrheit, wie sie mir von Beth Carrington überbracht wurde, die fünfzig Jahre lang ihre Köchin gewesen war, und noch immer in der Küche arbeitete, als ich ein junges Ding war und in dieses Haus zog – o ja, die wusste wirklich alles .«
    »Bert!«, krächzte Oneida. »Bert, ist Arthur mein Vater?«
    Berts Gesicht erstarrte, die Lippen spitz geschürzt.
    Und dann bekam Arthur erst mit, was Oneida gefragt hatte.
    Das denkt sie also, das vermutet sie. Es machte natürlich Sinn, sie wusste ja nicht, dass ihre Mutter das Rätsel war, das gelöst werden musste. »Oneida«, sprach er sie sanft an, »warum fragst du nicht einfach mich? Warum muss das über Bert laufen?«
    Oneida presste ihre Augen fest zusammen. »Ich möchte es Ihnen unmöglich machen, mich anzulügen.«
    »Was zum Teufel redest du da?«, fragte Bert.
    »Ist er mein Vater?«, fragte Oneida Bert. Und wandte sich dann an Arthur: »Sind Sie es?« Dabei hielt sie die Augen geschlossen.
    »Nein«, sagte Arthur. Doch indem er dieses Wort aussprach, fühlte er, wie er die Vergangenheit und die Zukunft dazu verlor. »Nein, das bin ich nicht.« Aber ich hätte es sein können .
    »Keiner weiß, wer deine Mutter in Schwierigkeiten gebracht hat, meine Liebe«, sagte Bert. »Keiner außer deiner Mutter selbst. Und der Junge vermutlich, obwohl, wer weiß, ob sie es ihm je gesagt hat. Ich traue es ihr durchaus zu, dass sie ihn angelogen hat. Sie ist immer ein wenig egoistisch gewesen.«
    »Hey«, sagte Oneida drohend. »Sie sprechen hier über meine Mom .«
    Nein, tut sie nicht .
    Ungeschlachtes Schweigen erfüllte die Luft. Arthur legte seine andere Hand auf die von Oneida und sagte: »Es wäre mir eine Ehre gewesen.«
    Das traf sie völlig unvorbereitet, und sie entzog sich ihm. »Sie wissen gar nichts, Bert«, sagte sie mit leiser Stimme. »Ich muss gehen.« Sie stieß sich vom Sofa ab und setzte dabei eine Staubwolke frei.
    Verlegen reckte Bert ihren Kopf und schaute Oneida hinterher. Arthur erhob sich und folgte ihr, wobei er einen zweiten Illustriertenstapel umwarf.
    Oneida saß auf dem Treppenabsatz des Obergeschosses, hoch über dem sonnigen Mittelpunkt des Hauses. Sie hatte ihre Brille in die Haare geschoben und presste sich beide Hände ans Gesicht. Arthur setzte sich neben sie.
    »Ich meinte das ernst«, sagte er.
    »Danke.« Sie seufzte. »Hypothetischer Dad.«
    Sie weinte nicht. Hätte sie es getan oder wäre sie jemand anderer als Amys Tochter gewesen und somit durch und durch stoisch, hätte Arthur es ihr nicht erzählt. Er hätte die Enthüllungen dieses Tages dabei bewenden lassen, dass ihr Vater unbekannt war (über den er, Arthur, sogar mehr wusste als Bert). Aber Amy wollte, dass ihre Tochter es erfuhr. Amy schickte ihn nach Ruby Falls, um ihrer Tochter die Wahrheit zu sagen.
    »Ich hätte dein Stiefvater sein können«, sagte er.
    Oneida ließ die Hände sinken, und ihre Brille rutschte zurück auf die Nase. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich war mit deiner Mutter verheiratet.«
    Oneida presste die Lippen aufeinander. »Was soll das heißen?«, sagte sie.
    »Sie hieß Amy«, sagte Arthur.
    Schweigend verharrten sie oben im Haus in einem Schwebezustand: Oneida, die die Arme auf die Knie aufgestützt hatte, mit kraftlosen Händen, und Arthur neben ihr,

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