Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
Vom Netzwerk:
weißt doch, Schatz«, sagte Mona endlich, »dass du immer zu mir kommen kannst. Mich immer in Anspruch nehmen kannst. Dafür bin ich doch da.«
    Mich in Anspruch nehmen . Das war ein Angebot, dessen Ironie Oneida erst nach dem Abendessen aufging, als Arthur ihr alles erzählte und sie erfuhr, dass Mona zuerst sie in Anspruch genommen hatte.
    Das Abendessen war fürchterlich. Bert war in sich gekehrt und nervös, vermutlich, weil sie befürchtete, Oneida und/oder Arthur könnten ihren Klatsch über Daniel Darby und William Fitchburg Jones erzählen (wobei Oneida nur mutmaßen konnte, ob es sie beunruhigte, mit einem Skandal in Verbindung gebracht zu werden oder sie sich ärgern würde, wenn man ihr zuvorkäme.) Von allen Informationen, die Oneida in den vergangenen vierundzwanzig Stunden herausbekommen hatte, war dies die einzige, bei der sie die alte Freude empfand: Als sie die Haupttreppe hochging und die Fotografie zum ersten Mal mit neuen Augen in der Diele sah (jetzt mit einem komischen roten Fleck darauf), musste sie lächeln. Gab es eine bessere Möglichkeit, die Begegnung zweier Seelenverwandter unsterblich zu machen, als Seite an Seite auf einer Fotografie, wo sie einander für alle Zeiten anschauten, in dem Haus, in dem sie einst lebten? Aber dann sah sie die alte Mrs. Fitchburg Jones auf derselben Fotografie – die verbitterte, traurige Mrs. Fitchburg Jones –, und Berts Worte klangen in ihrem Kopf nach: Man hat sie belogen. Jahrelang .
    Oneida mochte lieber nicht daran denken, dass sie womöglich genau wusste, wie sich das anfühlte.
    Sherman und Anna hatten offenbar Knatsch, denn sie sprachen nicht miteinander. Arthur war geistesabwesend, und Mona, die normalerweise kein Problem hatte, fröhlich banale Konversation zu machen, schien Trübsal zu blasen. Das schmeckte man sogar im Essen: farblos, fad, launisch. Oneida entschuldigte sich vor dem Nachtisch.
    Sie lag im Bett, Der scharlachrote Buchstabe noch immer ungelesen neben ihrem Kopf auf dem Kissen. Was Arthur für die Wahrheit ihres Lebens hielt, konnte sie sich nicht einmal vorstellen. Oneida erinnerte sich an eine der ersten Bemerkungen, die Mona über ihn gemacht hatte – Arthur Rook geht es gar nicht gut  – und wie sie daraufhin gefragt hatte: Warum ist er dann noch immer hier? Mona handelte, als habe sie Arthur gegenüber eine Verantwortung, als sei sie für sein allgemeines Wohlbefinden, seine Sicherheit und seine geistige Gesundheit zuständig. Menschenliebe allein konnte es nicht sein: Ihre Mutter war nett, aber so nett nun auch wieder nicht. Mein Gott, es hatte alles viel mehr Sinn ergeben, als Oneida noch davon ausging, dass Arthur ihr Vater war.
    Sie schnaubte, denn das warnun wirklich hysterisch.
    Wäre Eugene hier, würde er sie auffordern, es herauszufinden; seinetwegen war sie zu Bert gegangen, hatte sich ihm zu Ehren auf Wahrheitssuche begeben. Mona hatte die Wendells angerufen und war brüsk mit der Information abgefertigt worden, Eugene befinde sich noch im Krankenhaus und sei ohne Bewusstsein – Zustand stabil, aber weggetreten. Oneida bildete sich ein, dass die Wahrheit, ihm ins Ohr geflüstert, die Macht hätte, ihn aufzuwecken, und sollte Arthur sie mit einer Wahrheit ausrüsten können, die größer war als sie sich das überhaupt vorstellen konnte, dann durfte Eugene diese Enthüllung auf keinen Fall verschlafen.
    Oneida setzte sich kerzengerade auf. Eugenes und ihrer selbst wegen war es an der Zeit, das in Erfahrung zu bringen. Sie würde mit Arthur ein Experiment machen, würde Daten sammeln und Schlüsse ziehen, und hätte dann bestimmt eine unglaubliche Geschichte zu erzählen. Da kam ihr eine Idee: Sie könnte potenziell Mona Jones entlasten. Wenn nun Mona Jones mit sechzehn kein uneheliches Kind bekommen hatte, was dann? Was, wenn sie schließlich beweisen könnte, dass ihre Mutter – dass Mona nicht zum Abschaum gehörte und keinen Mist gebaut hatte, nicht das war, was Ruby Falls von ihr dachte? Aber wenn sich nun erweisen sollte, dass durch das Widerlegen der Gerüchte alles noch viel schmerzhafter und unerträglicher wurde?
    Arthur saß auf dem grünen Zweiersofa, als Oneida, die an seiner Tür zwar klopfte, aber nicht auf seine Antwort wartete, sein Zimmer betrat. Er wendete sich dem Geräusch zu. Oneida konnte sehen, dass er eine Postkarte in der Hand hielt. Auf dem Couchtisch vor ihm stand ein riesiger pinkfarbener Schuhkarton.
    »Was, verdammt noch mal, wollten Sie damit sagen?« Oneida schloss die

Weitere Kostenlose Bücher