Bilder von dir: Roman (German Edition)
anderen – ich glaube, du kanntest mich besser als ich mich selbst. Keine Sorge. Ich schwöre dir, ich bin tot glücklicher. Wie auch immer, ich habe dir die besten Teile von mir zurückgelassen . Du weißt, wo du nachsehen musst .
Moment. Arthurs Gehirn schaltete in den Leerlauf und legte dann den Rückwärtsgang ein. Amy hatte diese Postkarte nie abgeschickt. Amy hatte sechzehn Jahre Zeit gehabt, diese Postkarte abzuschicken, es aber nicht getan, und das hatte etwas zu bedeuten . Es konnte nur bedeuten, dass sie diese Postkarte aufgehoben hatte, weil sie eine wichtige Erinnerung war. Sie hatte diese Postkarte behalten, damit sie im Falle ihres Todes entdeckt wurde, von jemandem entdeckt wurde, der wusste, wo er nachzusehen hatte. Jemand wie Arthur, in der Hoffnung womöglich, dass sie ihn nach Ruby Falls führen würde – was sie ja auch getan hatte –, sodass Arthur ihren Erben benennen konnte …
»Oh!« Er erhob sich so unvermittelt, dass Harryhausen fauchte und sich trollte.
Mona war nicht Amys Erbe. Das war Oneida. Ihre Tochter war es.
Amy wollte, dass Arthur Oneida die Wahrheit sagte.
»Oh, Mist! «, sagte Arthur, weil diese Erkenntnis in seinem neuen, vollwachen Zustand unmittelbar zu heftigen Kopfschmerzen führte, die seinen Schädel zu zersprengen drohten. Er lehnte sich an das Sofa, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. »Oh, Mist«, wiederholte er leise. Das war also seine Aufgabe, die ihn hierhergeführt hatte. Das war es, was er für Amy tun konnte: Er konnte ihrem Kind von der Frau erzählen, zu der seine Mutter sich entwickelt hatte. Die talentierte, getriebene Frau, die er von ganzem Herzen geliebt hatte, die Monas Freundin gewesen war, wenn auch keine sehr gute, die sich im Alter von sechzehn Jahren ausgeklinkt und sich ein neues Leben auf der anderen Seite des Landes ausgesucht hatte und sechzehn Jahre später erneut gestorben war, durch einen Unfall.
Aber das – das war kein Unfall. Das war Arthurs Bestimmung. Das war die eine Sache, die nur Arthur – nur Arthur Rook – für Amy erledigen konnte. Und er musste es jetzt tun. Er musste es heute erledigen. Er durfte keine Sekunde länger warten. Arthur stieß seine Tür auf und traf sofort auf Oneida, die im Flur herumzappelte.
»Hi«, sagte sie.
»Oneida.« Arthur kippte nach vorn, weil sein Schwung abgebremst worden war. »Wie fühlst du dich heute?«
Achselzuckend antwortete sie: »Ich habe Kopfweh.« Sie war nervös – er sah das an ihren flatternden Händen –, aber sie schaute ihn mit einer Konzentration an, die ihm für einen kurzen Moment die Frage aufdrängte, ob sie es nicht bereits wusste. Sie blinzelte nicht.
»Würden Sie mir bitte helfen – bei einer Sache?«, fragte sie. »Ich könnte etwas Gesellschaft brauchen.«
Sie wusste es. Oder vermutete es jedenfalls. Arthur lächelte und fühlte sich an Amys statt fast ein wenig stolz: Sie war verdammt klug.
»Natürlich«, sagte er. »Bei was auch immer du mich brauchst.«
Sie atmete lang aus und nickte. »Okay«, sagte sie. »Bitte sagen Sie jetzt noch nichts, bis … lassen Sie mich einfach machen. Okay?«
Arthur nickte. Oneida machte kehrt und marschierte los. Aber sie gingen nicht nach unten in die Küche, wo Mona, wie Arthur wusste, Kaffee gemahlen haben dürfte, und sie klopften auch nicht an Monas Schlafzimmertür, wo sie vielleicht noch ihren Rausch ausschlief. Stattdessen erklomm Oneida die beiden Treppen, die zum obersten Stockwerk des Darby-Jones führten, wohin Arthur noch nie einen Fuß gesetzt hatte, und klopfte an einer schweren Holztür. Ihr Klopfen wurde von einem methodischen Klopfen beantwortet, dem langsamen und stetigen Näherkommen eines Stocks.
»Hi, Bert«, sagte Oneida, als die alte Frau schließlich die Tür öffnete. Bert blinzelte Arthur an, verzog missmutig das Gesicht und wandte sich dann an Oneida.
»Was ist los?«
»Dürfen wir reinkommen?«
»Kann euch wohl nicht draußen stehen lassen, oder?« Bert drehte sich um und trappte zurück.
Berts Zimmer erinnerte weniger an ein Apartment denn an einen Glockenturm. Die Zimmerdecke knickte in seltsamen Winkeln ab, um sich den Traufen des Hauses anzupassen, was für eine gebückte alte Frau wie Bert ganz in Ordnung war, aber gefährlich für Arthur, der sich wackelig und schief vorkam. Eigentlich hätte Oneida ähnliche Schwierigkeiten haben müssen – sie war ziemlich groß (wie ihre Mutter) –, aber nein: Entweder war Oneida mit dem Terrain vertraut, oder sie war von Natur
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