Bilder von dir: Roman (German Edition)
Tür hinter sich mit einem dumpfen Schlag.
Arthur legte die Postkarte weg. »Bist du dir sicher, dass du es erfahren willst?«
Letzte Chance, sagte sich Oneida. Sie biss sich auf die Backe und hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Sie hörte ein weiches Tapsen – vielleicht Krallen auf den Fliesen des Badezimmers –, und Arthurs fetter Kater kam auf sie zugerannt und wand sich um ihre Beine wie eine pelzige Rauchwolke.
»Das hat Harryhausen bei deiner Mutter auch immer gemacht«, sagte Arthur. »Er war ihr Kater. Er wusste es – die ganze Zeit über.«
Oneida sank gegen die Tür. Arthur hatte recht – dieser alberne Kater hatte sie belästigt, seit Mona ihr erlaubt hatte, sich frei im ganzen Haus zu bewegen. Immer musste sie ihre Schlafzimmertür geschlossen halten, damit er sich nicht auf ihre Decken oder in ihren Schrank legte oder sich auf ihren Schuhen wälzte. Sie glitt zu Boden, und der Kater stellte sich auf seine Hinterbeine und schnüffelte wie verrückt in die Luft. Oneida konnte sich noch nicht überwinden, ihn zu streicheln. Noch nicht.
»Erzählen Sie’s mir«, sagte sie, wobei sie aufblickte und sah, dass Arthur sie beobachtete. Studierte. »Und starren Sie mich nicht so an.«
»Du siehst ihr so ähnlich. Bis auf dein Haar … ihres war eher blond.«
Oneida rieb sich die Augen. »Ich verstehe nicht, wie das sein kann«, sagte sie. »Ich kann nicht … Mom …«
Arthur stand vom Sofa auf und setzte sich vor sie auf den Fußboden. Harryhausen zwischen ihnen. »Was weißt du denn bereits? Was hat Mona dir erzählt?«
Oneida schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. » Sie erzählen es mir. Und dann werde ich Ihnen sagen, wie sehr Sie sich irren.« Oder wie recht Sie haben . Ihr Gesicht brannte. Die Welt um sie herum begann zu verschwimmen wie in der Notaufnahme.
»Also gut. Amy und Mona waren Freundinnen auf der Highschool. Amy rannte weg, weil sie schwanger war. Mit dir.« Arthur rieb sich die Arme. »Dann rannte Amy erneut weg. Und Mona brachte dich nach Hause und zog dich auf.«
In Oneidas Unterleib breitete sich Kälte aus. »Was soll das denn heißen: Amy rannte erneut weg ? Hat sie mich etwa rausgepresst und dann die Stadt verlassen?« Fast hätte sie gelacht, hielt sich aber rechtzeitig zurück, denn es wäre ohnehin nur ein Schluchzen dabei herausgekommen. Harryhausen war auf Oneidas Schoß gekrochen, und ihre Hände strichen unwillkürlich über sein dichtes Fell. Ihr Bein kitzelte unter der Vibration seines Schnurrens.
Arthur wollte nicht mehr sagen. Sie erkannte das daran, dass er seinen Mund zwar öffnete, ihr dabei aber nicht ins Gesicht schaute.
»Für diesen Teil der Geschichte – all das, wirst du mit Mona sprechen müssen.« Arthur schüttelte den Kopf. »Ich kannte nur meine Amy und ich liebte sie. Ich« – er sprach mit belegter Stimme weiter –, »ich verehrte sie. Sie war wunderbar. Sie schuf Monster, weißt du …«
»Monster?«, sagte sie piepsend.
»Für Filme. Kino – oh, ich meinte nicht dich .« Er verzog das Gesicht. »Sie war Puppenspielerin und Animatorin. Sie erschuf Monster und Ungeheuer und fantastische – Wesen.«
»Ist ja toll«, höhnte Oneida. »Und wo ist sie jetzt? Hat sie Sie auch abgeschoben?«
Arthurs Augen öffneten sich weit, und er blinzelte. Er … Arthur weinte.
Die Wahrheit schlug Oneida Jones ins Gesicht. Oder vielleicht war auch sie selbst ständig in Bewegung gewesen und Hals über Kopf wie ein gegen eine Ziegelmauer geschleuderter Crashtest Dummy auf die Wahrheit zugerast – während die Wahrheit reglos verharrte und ihre eigene Geschwindigkeit die stetig zunehmende Variable war. Ihr Freund lag bewusstlos im Krankenhaus. Ihre Mutter war nicht ihre Mutter. Dieser Fremde war mit einer Frau namens Amy verheiratet gewesen, und es war Amy, deretwegen Oneida am Leben war – aber Amy war nicht mehr am Leben.
»O nein, verdammt!«, schrie Oneida. Der erschrockene Harryhausen fauchte und sprang davon. Sie spürte seine Krallen durch den Stoff ihrer Jeans. »Soll das ein Scherz sein? Erst erzählen Sie mir, dass meine Mutter jemand anderer ist, und dann erzählen Sie mir, dass sie tot ist?«
Arthur versuchte nach ihrer Hand zu greifen, aber Oneida schob ihn weg. Säße sie nicht ohnehin schon mit dem Rücken zur Tür ohne Fluchtmöglichkeit, wäre sie auf der Stelle weggerannt. »Sie sind krank, wissen Sie das? Sie sind widerwärtig. Warum erzählen Sie mir das dann?«
»Es war ein Unfall.« Arthur schien
Weitere Kostenlose Bücher