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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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werde es ihr morgen sagen«, sagte Arthur, und Harry quittierte dies halb jammernd, halb fauchend, was Arthur mit Du lügst interpretierte. Es stimmte: Er log tatsächlich. Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte. Wusste nicht, wo anfangen. Sie konnte nicht wissen, dass Amy tot war, und wenn Amy ihr etwas bedeutet hatte – und sei es auch Jahre her –, dann wollte er doch nicht der Überbringer dieser Nachricht sein. Er brachte es nicht über sich, irgendjemandem zu erzählen, dass Amy gestorben war.
    Nicht einmal seinen Eltern hatte er es erzählt. Auch seinem Bruder nicht. Oder seinem Vermieter. Er war einfach – abgehauen. Wenn er an Max oder Manny dachte oder an die Tatsache, dass er heute eindeutig nicht zur Arbeit erschienen war, hörte er das vibrierende Klirren von Kristall. Einen Ton, der schmerzte. Aber wenn er aufhörte, daran zu denken, fühlte er sich gut.
    Harry fauchte wieder.
    Vielleicht würde er es Mona auch nicht erzählen. Vielleicht könnte er … Aber das wäre egoistisch. Er tat dies schließlich für Amy, nicht für sich. Er ehrte ihre Wünsche. Er war …
    Ihm war übel. Er konnte nicht mehr denken. Seine Zimmer stanken mörderisch nach Katzenpisse, was das Ganze nicht besser machte.
    Harryhausen war in dem Moment wach geworden, als Mona die Tür zu Arthurs Räumen öffnete, und der völlig erschrockene Arthur hatte den Rucksack mit der Katze ins Schlafzimmer geworfen und Mona hinauskomplimentiert. Im anschließenden Zeitfenster von einer halben Minute übte Harry boshafte Rache für seine Gefangenschaft. Arthurs gesamte Garderobe lag nun zum Einweichen in der Badewanne (Gott sei Dank gehörte zu seinen Räumen ein eigenes Badezimmer), aber die einzige Seife, die er finden konnte, war eine Pumpflasche mit Dial-Seife am Waschbecken. Er hatte sich große Mühe gegeben, Schaum hinzubekommen, aber in der Badewanne lag jetzt ein ranziger Eintopf aus uringetränkten T-Shirts und billiger Flüssigseife. Morgen würde er sich hinauswagen müssen, egal wie unangenehm ihm dieser Gedanke war, und sei es auch nur, um Katzenstreu zu kaufen.
    Amy pflegte ihn damit aufzuziehen, dass man Harryhausen beibringen könnte, die Toilette zu benutzen. Man kann Katzen darauf trainieren, es zu tun – ich habe es im Fernsehen gesehen!
    »Sicher«, hatte er gesagt. »Man kann Katzen beibringen, die Toilette zu benutzen, das Problem ist nur, Harry weiß nicht, dass er eine Katze ist. Er hält sich für deinen Ehemann. Deinen Ehemann, der es vorzieht, nicht die Toilette zu benutzen, aus Trotz wegen, du weißt schon …«
    »Dir.«
    »Er hat nie in eine offene Beziehung eingewilligt.«
    Jetzt leckte Harryhausen sich taktlos auf dem grünen Zweiersofa im Hauptraum des Apartments, der groß und luftig war, mit glänzenden Hartholzdielen sowie ordentlichen und sauberen, wenn auch ein wenig ramponierten Möbeln. An den Fenstern hingen hellrote Vorhänge (im Moment alle geöffnet), und ein dazu passender Überwurf lag auf dem Doppelbett. Die Wände waren in verschiedenen Schattierungen von Hellgrün und Eierschalengelb gestrichen. Es war ein Ort zum Wohlfühlen, der ein wenig Weihnachtsatmosphäre verbreitete, was Arthur ein Gefühl von Sicherheit gab und ihn schläfrig machte. Er stellte sich Mona Jones und ihre Tochter Oneida vor – Was zum Teufel war das für ein Name?  –, wie sie zur Radiomusik tanzten und sangen und im Rhythmus vielleicht von Elton Johns Song »Saturday Night’s All Right for Fighting« die Farbe auf die Wände strichen. Das war die Szene, für die dieses Set geschaffen war, eine kultige Szene. Nein: ein Klischee. Mona würde sich zum Singen einen Farbpinsel vor den Mund halten und Oneida, die schüchtern war, würde nur tanzen, wenn ihre Mutter sie an den Händen packte und herumwirbelte.
    Arthur tat der Kopf weh. Dieser Raum, dieser Ort machte ihn … er wusste selbst nicht, was er mit ihm machte.
    Er war hundemüde. Er hatte während des Fluges kein Auge zugetan und auch in den Zügen, die er von New York aus Richtung Albany und dann nach Westen genommen hatte, nicht geschlafen, ebenso wenig auf der langen Taxifahrt hinaus nach Ruby Falls, zwei Ortschaften hinter dem Arsch der Welt, gleich südlich vom Ende der Welt. Und wann hatte er etwas gegessen? Er setzte sich neben Harryhausen auf das Zweiersofa und schloss die Augen.
    Als er sie wieder aufschlug, war es spät. Es war Nacht. Viele Jahre Sommerlager in New Hampshire hatten ihn gelehrt, dass die Nacht auf dem Land sich anders

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