Bilder von dir: Roman (German Edition)
ich war das erste Mal hier –, und irgendwie landeten wir dann in dieser ekelhaften Spelunke von einem Kasino. Da trifft man all diese traurigen, bedauernswerten Leute, übergewichtig und bleich, mit absolut unglücklichen Gesichtern, und ich weiß noch, dass ich mich zu Amy gedreht und gesagt habe: Warum sind sie so traurig? Und sie sagte« – er räusperte sich – » Sie sind unglücklich, weil sie nie geliebt haben. Aber ich habe einmal geliebt und kann nie mehr unglücklich sein, egal was kommt, weil man nie vergisst, wie sich das anfühlt . Und ich – ich kann noch immer nicht glauben, dass das meine Idee war, aber ich möchte mich bei Jose Cuervo, Jack Daniel’s und Captain Morgan für ihre unschätzbaren Beiträge bedanken. Wir gingen in diesen kitschig-bis-zum-Gehtnichtmehr-Laden an der Flaniermeile, kauften dort ein Kartenspiel und einen Marker, dann schrieb ich JA AUF DAS HERZASS und NEIN AUF DAS KREUZASS und VIELLEICHT AUF BEIDE JOKER . Dann mischte ich diese Karten wieder unters Spiel und sagte Amy, sie solle eine ziehen. Einfach – eine ziehen. Wir standen in Las Vegas auf dem Gehweg, und sie schloss die Augen und zog eine Karte …«
»Und sie zog tatsächlich das Herzass?« Mona, die wie ein Kind im Schneidersitz saß, wippte nach vorne.
»Sie zog die Pikacht.«
Mona prustete.
»Aber das ist – das ist nur ein Teil davon und nicht die eigentliche Geschichte. Sie warf die Pikacht über ihre Schulter und zog weiter. Ich vergaß, was sie als Nächstes zog, aber sie kam auf jeden Fall irgendwann zu einem der VIELLEICHT-JOKER und« – Arthur fing zu lachen an – »wir stehen also in Las Vegas auf dem Gehweg, ein Paar betrunkener Idioten, die Karten spielen, und Amy schreit, Das zählt nicht! Das zählt auch nicht! Das war nur zum Üben! Und sie zieht immer weiter und schnippt sie weg, und wir ziehen zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall einen Menschenauflauf an, aber sie hat noch immer nicht die Karte gezogen, die sie haben möchte. Bis nur noch eine einzige Karte übrig ist. Ich habe nur noch eine einzige Karte in meiner Hand, und wir kommen fast um vor Lachen, jemand holt den Sicherheitsdienst, und Amy sagt: »Ach scheiß drauf, mir ist egal, was auf der Karte steht. Heirate mich endlich.«
»Und das haben Sie getan.«
»Das haben wir. Stellten uns in eine Schlange betrunkener Narren vor einer dieser Kapellen mit Rund-um-die-UhrService. Und die letzte Karte in meiner Hand war die JA -Karte. Die hielt sie hoch, als der Offiziant sie fragte, ob sie mich, Arthur Rook, zu ihrem gesetzmäßig angetrauten Ehemann nehmen wolle. Ich wusste nicht, dass sie sie aufbewahrt hatte, bis ich sie in diesem Karton fand.«
»Wie lange waren Sie davor zusammen?«
Arthur antwortete achselzuckend: »Sechs Monate vielleicht. Es ist schon richtig: Wenn man es weiß, weiß man es. Amy wusste es, und wenn Amy etwas wusste, wusste ich es auch. Sie bekehrte alle, denen sie begegnete, zum Glauben.«
»Das stimmt.« Glaubende und Narren, sagte sich Mona: Denn ihrem anfänglichen Bekenntnis, einmal geliebt zu haben, haftete etwas verstörend Singuläres und Vergangenes an. Dennoch war sie bereit, Amy in dieser Hinsicht für vernünftiger zu halten, denn wenn man Teenager ist, liebt man noch nicht wirklich . Was Amy für Ben Tennant empfand, war ein isoliertes Begehren, wie das jeder durchschnittliche Teenager erlebt und woraus jeder auch wieder herauswächst. Könnte man Amy bloß als durchschnittlichen Teenager einordnen.
Arthur wedelte mit der Karte, die er zwischen seinen Fingern hielt, und holte tief Luft. Dann warf er sie ordentlich zurück in den Karton.
»Und Sie, Mona«, sagte er, »was machen Sie ?«
»Wenn ich nicht gerade Witwer verarzte?«
»O nein.« Arthur wurde blass. »Ich bin Witwer.«
»Nein! Mein Gott, habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen nicht auf mich hören? Ich meine, Sie sind Witwer, aber daran sollen Sie jetzt noch nicht denken. Müssen es gar nicht tun. Ich backe Hochzeitskuchen.«
»Was?« Arthurs Kopf schnellte zurück.
»Genau das mache ich. Ich backe. Hochzeitskuchen. Ich habe mich vor etwa zehn Jahren damit selbstständig gemacht, und es läuft über Mundpropaganda und das Internet. Mir gehört dieses Haus, also muss ich nur für Steuern und Instandhaltung aufkommen und lebe von der Miete, die ich einnehme, meinem Erbe und den Kuchen. Das tue ich. Wenn ich niemanden bemuttere.«
Arthurs Erstaunen hielt an. Er überlegte kurz, blinzelte und beugte sich dann vor, seine
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