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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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ahnte und nicht zu deuten wußte, was mir aber später in völliger Klarheit vor Augen trat. Oft gruppierten sich diese Bilder, und ich erblickte mich immer selbst unter ihnen, zu Darstellungen, die immer wieder wechselten, und später erkannte ich, daß diese Szenen aus meinem damals noch kommenden Leben gewesen.
    Auf all den Fenstern und in all den Darstellungen erblickte ich unter andern Frauen- und Männergestalten immer eine Gestalt wieder, und diese leuchtete mir aus allen klar heraus, und schien sie mir zu verschwinden, wandelte mich eine Angst an, und ich suchte sie, bis ich sie wieder sah. Nachher erkannte ich in der treuen Gefährtin meines Lebens diese damals auf diesem Kirchenfenster im Traume gesehene Gestalt wieder. – Nach und nach verwandelten sich in diesem Traume Bilder, Kirche und Turm zu andern Gestalten, ich sah meinen
Matthias
und den bucklichten Geheimerat im roten Bordenrocke miteinander auf dem Hirsche des Jägers
Nast
auf dem Marktplatze reiten und ihnen den Professor
Maier
auf dem amerikanischen Nilpferde nachjagen. Sie jagten immer in einem Kreise umher, wie von einem Wirbelwinde getrieben, der sie auch endlich, sie immer herumwirbelnd, hoch in die Lüfte hob, bis sie unter Wolken verschwanden, und ich mit einem Erbrechen des aufgedrungenen Hopelpopels erwachte.
    So weit Dichtung mit Wahrheit – aber reine Wahrheit ist, daß ich von dieser Zeit an durch mein ganzes Leben voraussagende Träume behielt, die mir zu einer wahren Qual im Leben wurden, eine Qual, die ich keinem wünsche und die mich gleichsam praktisch kennen lehrte, welch ein Unglück es für den Menschen wäre, hätte ihm Gottes weise Hand die Zukunft nicht verschlossen. Diese voraussagenden Träume finden bei mir gegen Morgen statt, besonders wenn eine schlaflose Nacht mich erst gegen Morgen ruhen und in Schlaf sinken läßt. Sie kamen immer unter Bildern und symbolisch vor. Erscheinen von Licht bedeutet kommende Freude (ach! es erscheint mir solches in meinem Alter immer seltner!)
    Nachdem mich diese Lichtträume lange als frohe Vorbedeutung durchs Leben begleitet, träumte mir einmal (es war im vorgeschrittenen Alter), ich sehe an den vier Ecken meines Hauses eine leuchtende Glut, die aber einer mit einem Zweispitz herauszuhauen trachtete. Ich konnte mir wachend den Traum nicht sogleich deuten, hoffte noch auf eine kommende Freude, aber später erkannte ich, daß mir durch diesen Traum symbolisch angedeutet wurde, es solle fortan mit jenen Lichterscheinungen (Freuden) aus sein, sie sollen gleichsam aus meinem Hause herausgehauen werden: denn von dort an hatte ich keinen Traum von Licht mehr und kam auch keine wahre Freude mehr in mich. Seit damals scheint mich auch meine Grundzahl verlassen zu haben, die Zahl
Sieben,
in der mir immer etwas Freudiges wurde, während sie jetzt im Gegenteil immer nur Trauer bringt.
    Zu den lichten Erscheinungen, als Freude bedeutend, gehört noch: daß mein verstorbener Tochtermann
Dr. Niethammer
zu Heilbronn sehr oft, wenn er wegen irgend eines Vorfalles in Kummer wachend im Bette lag, vor sich einen Stern im Zimmer sah, was ihm immer bedeutete, daß ihm bald wieder Freude werden würde, aber in seiner letzten fast ein Jahr lang andauernden Krankheit, von der er nicht mehr genas, geschah das nicht, er sah nie den Stern mehr. Wasser bedeutet bei mir Verdruß und Betrübnis; springendes Wasser keine Betrübnis, mehr Freude; Kot wüste Händel; Schnee und Eis Krankheit; so auch Essen von Trauben, schwarzen Beeren, auch andern Beeren, Krankheiten, letzteres besonders Krankheiten von Kindern; Blut bedeutet Verdruß mit Verwandten; fliegen im Traume deutet auf Kummer, den man gerade hat. Merkwürdig ist, und nach einer Erklärung wartend, daß nicht nur ich, sondern auch andere, die Bemerkung machten: daß, wenn sie von einem Zimmer träumten, welches das ihre sein sollte, es nie dasselbe war, es immer ganz anders gestaltet und möbliert war.
    Diese voraussagenden Träume entstehen völlig von der Herzgrube, den Solarnervengeflechten aus, und kommen beim Erwachen einem zur Erinnerung nur so lange das völlig wach gewordene Gehirn noch nicht das Übergewicht über jenes erhielt. Will man erwacht mit dem Gehirn darüber nachdenken, so entstehen oft in der Herzgrube (dem Solargeflechte) Schmerzen, und man muß mit dem Gehirn zu denken aufhören.
    Da ich auf das Eintreffen solcher voraussagenden Träume gewiß rechnen kann, so sind sie mir eine wahre Pein im Leben, besonders da ihre Erfüllung oft

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