Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde
Pferd!“ schnaubte Karlchen verächtlich.
„Schade — sonst hätte ich ein hübsches Taufgeschenk gewußt.“
„Na, mal sehn , vielleicht taufe ich es doch noch. Schiffe haben schließlich auch Namen.“
Bille bewunderte gebührend Farbe, Zubehör und Aussehen des neuen Mopeds, dann stieg sie andächtig auf.
„Sehr bequem", lobte sie. „Ich habe auf einem Moped noch nie besser gesessen.“
Karlchen fuhr wie ein junger Gott. Oder jedenfalls bildete er sich ein, wie ein junger Gott zu fahren. Als sie vor der Schule ankamen, war Bille ganz zufrieden damit, daß Helga in Zukunft die Auserwählte sein würde, die auf Karlchens Soziussitz Platz nehmen durfte.
Während des Unterrichts wunderten Billes Gedanken immer wieder zu Karlchens selbstverdientem Moped. Noch vor wenigen Monaten hatte sie Mutsch erklärt, wie verachtenswert sie es fände, daß Karlchen im Stall half, weil er Geld verdienen wollte, und nicht, weil er die Pferde liebte. Die interessierten ihn gar nicht. Ich würde noch all mein Taschengeld dazugeben, wenn ich Herrn Tiedjens Pferde pflegen dürfte! hatte sie erklärt. Daran hatte sich natürlich nichts geändert, um so mehr, als sie ja die Reitstunden bei Herrn Tiedjen hatte und Zottel ihr jederzeit zur Verfügung stand.
Und trotzdem...
„Was glaubst du, kostet ein Pferd?“ flüsterte Bille Helga zu, die Nase tief im Geschichtsbuch.
„Lieber Himmel, woher soll ich das wissen?“
„Tausend Mark — oder weniger? Oder viel mehr?“
„Keine Ahnung. Das kommt wohl drauf an, was es für ein Pferd ist.“
Wenn sie nun Geld verdienen würde? Zum Beispiel im Spar-Markt — Lieferfahrten machen oder im Lager helfen? Sie konnte auch Nachhilfestunden geben oder Babysitter spielen. Am schönsten wäre natürlich eine Arbeit im Pferdestall. Frau Henrich hatte ihr ja angeboten, die Reitstunden von Bettina zu bezahlen — aber ihre Hilfe für Bettina wollte sie sich nicht bezahlen lassen, das wäre unfair. Andererseits — Frau Henrich hatte es ihr fast aufgedrängt...
„Was habe ich eben gesagt, Abromeit ?“
Bille schoß hoch.
„Ich — Sie — ich glaube, ich habe Ihre Frage nicht richtig verstanden, Herr Möller!“
„Das habe ich gemerkt. Paß jetzt bitte auf, du gehörst doch sonst nicht zu den Unaufmerksamen.“
Bille versuchte sich auf das zu konzentrieren, was Herr Möller über die Schwedenkönige zu sagen hatte. Aber bald glitten ihre Gedanken wieder ab.
Es wird schwer sein, dachte sie. Neben der Schule, dem Reiten und der Arbeit im Stall — ich muß es geschickt anfangen. Hausaufgaben nur noch bei Bettina machen. Und die Zeit sehr gut einteilen.
Man müßte auf Turnieren antreten, bei denen es Geldpreise zu gewinnen gab, Wettspiele bei dörflichen Festen, Landwirtschaftsausstellungen und Viehmärkten. Aber dazu müßte Zottel erst einmal springen lernen.
Warum eigentlich nicht? Er war doch intelligent und hatte im Zirkus viel schwierigere Aufgaben bewältigt. Sie mußte es nur ernsthaft versuchen, gleich heute wollte sie damit beginnen.
Lieber Gott! dachte Bille. Zu Herrn Tiedjen gehen zu können und zu sagen: Ich habe mir das Geld für ein eigenes Pferd zusammengespart. Ich möchte Zottel kaufen!
Zottel mußte ahnen, daß ein ungewöhnlich arbeitsamer Nachmittag auf ihn wartete. Mit aller Kraft strebte er der Auffahrtsallee zu, um sich seinen Nachmittagsspaziergang zu erzwingen. Aber Bille trieb ihn erbarmungslos auf die Reitbahn, wo sie vorsorglich ein passendes Hindernis aufgebaut hatte — die gleichen bunten Stangen, die sie mit Troja übersprungen hatte, nur ein wenig niedriger.
„So, mein Lieber, sieh dir die Geschichte erst mal von nahem an. Da wirst du jetzt gleich springen. Es ist ganz leicht und macht riesigen Spaß!“
Sie ritt nah an die bunten Stangen heran und ließ Zottel das Hindernis beschnuppern. Dann umkreiste sie es, damit er es sich von allen Seiten betrachten konnte.
Nachdem sie ihn ein wenig Warmlaufen ließ und sich in schönster Übereinstimmung mit ihrem Pony glaubte, galoppierte sie das Hindernis an.
„Los, mein Junge, zeig, was du kannst!“ feuerte sie ihn an und trieb ihn kräftig vorwärts.
Zottel galoppierte mit der größten Selbstverständlichkeit auf die bunten Stangen zu, bis er fast mit der Nase daran stieß, dann schlug er einen blitzschnellen Haken und preschte daran vorbei. Bille hing wie ein verrutschter Futtersack an seiner rechten Seite und schaffte es mit äußerster Mühe, wieder in den Sattel zu
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