Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel
Fragen.
„Wie geht es ihm?“ keuchte sie, kaum daß er die Autotür geöffnet hatte.
„Langsam, langsam“, sagte Klaus Krüger lachend, „laß mich doch erst mal aussteigen!“
Sein sympathisches Gesicht mit dem strubbeligen Blondschopf darüber war braungebrannt, die braunen Augen standen in eigenartigem Gegensatz zu den hellen Haaren. Seine breiten Schultern und riesigen Hände ließen ihn größer erscheinen als er in Wirklichkeit war. Er erinnerte Bille an einen lachenden Bernhardiner.
„Also — es geht ihm den Umständen entsprechend gut.“
Klaus Krüger machte eine Pause und strich sich die Haare aus der Stirn, eine völlig überflüssige Geste, da sie sofort wieder nach vorn kippten.
„Und — wie sind die Umstände?“
„Nun ja, also — kurz und knapp gesagt: Er wird wieder reiten. Aber diesen Sommer nicht mehr.“
„Den ganzen Sommer nicht mehr?“
„Nein, solange wird es schon dauern.“
„Und wie fühlt er sich? Ich meine, ist er sehr verzweifelt?“
„Du kennst doch Tiedjen. Der läßt sich nicht lange von Stimmungen beeinflussen. Und schon gar nicht von traurigen!“
Ich weiß nicht... Ich kenne ihn da besser, wollte Bille sagen, verschwieg es aber.
„Tja, ich hab ihn gestern morgen noch besucht. Soll euch herzliche Grüße sagen und schönen Dank für das Telegramm. Ja, und dann hat er mir noch was aufgetragen, extra für dich.“
„Für mich allein?“ Billes Herz schlug schneller.
„Ja. Du sollst dir keine Sorgen machen, hat er gesagt. Und du sollst an das Gespräch voriges Jahr im Pferdestall denken. Er wird jetzt vieles anders machen. Besser. Und er hätte jetzt Zeit, in Ruhe über alles nachzudenken. Und daß er sich darauf freut, nach Hause zu kommen.“
„Das hat er gesagt?“
„Ja. Würde ich es dir sonst ausrichten?“
„Er soll sich nicht umsonst gefreut haben! Wir werden ihm einen Empfang bereiten — wie — wie — na, da fällt mir noch was ein. Wann kommt er denn?“
„In drei Wochen etwa. Dann wird er zunächst in einem Stützkorsett und an Krücken gehen und muß zwischendurch viel liegen.“
„In drei Wochen schon? Das ist gut.“ Bille atmete auf. „Ich fürchtete schon, es würde viel länger dauern.“
Petersen und Hubert waren dabei, den Transporter zu öffnen und Nathan auszuladen. Nathan kam gemächlich aus dem Dunkel des Wagens und schaute sich um. Dann warf er den Kopf hoch und wieherte. Er hatte einen Ausdruck, als wolle er sagen: Wo bleibt der rote Teppich? Und an Musik hättet ihr auch denken können!
Bille lief auf ihn zu, klopfte ihm den 11als und bot ihm ein paar Stück Zucker an.
„Toll hast du das gemacht, mein Dicker, wir sind alle sehr stolz auf deinen zweiten Platz! Herzlich willkommen daheim!“ Sic nahm Petersen den Zügel ab und führte den Wallach in den Stall zu seiner Kameradin Feodora, mit der er sonst ge-
meinsam auf Turnierreise ging und die wegen einer Verletzung diesmal daheimbleiben mußte. Feodora hob schnuppernd den Kopf an die Gitterstäbe der Trennwand zwischen ihren Boxen, und Nathan ging sofort zu ihr und blies ihr zärtlich in die Nase.
„Jetzt muß er ihr erst mal alles erzählen“, meinte Bille, „stören wir die beiden nicht.“
„Kommst du nächsten Monat zu unserem Turnier?“ fragte Klaus Krüger, als Bille aus dem Stall kam.
Bille riß die Augen auf.
„Als Reiter?“
„Was sonst? Als Zuschauer doch wohl nicht.“
„Aber ich war noch nie bei einem Springwettbewerb!“
„Dann wird es ja Zeit. Du sollst sehr gut springen, habe ich gehört.“
„Na, wenn man jeden Tag reitet — und manchmal mehrere Stunden — da bleibt schon was hängen. Die Mädchen in eurem Reitverein, die nur ein- oder zweimal in der Woche zum Reiten kommen, haben es da natürlich schwerer.“
„Wie man’s nimmt. Sie wären andrerseits wohl kaum zu den Opfern bereit, die du bringst. Also, was ist — kommst du?“
„Ich habe doch gar kein Pferd — mein Pony springt nicht.“
„Na, darüber wird Herr Tiedjen schon mit sich reden lassen. Also, bis dann! Okay?“
„Okay.“
Bille starrte Klaus Krüger nach, der mit Vollgas, in eine große Staubwolke gehüllt, durch die Auffahrtsallee davonbrauste.
War das sein Ernst gewesen? Sie sollte wirklich auf dem Turnier in Neukirchen starten? Bis jetzt hatte sie an eine solche Möglichkeit nie gedacht. Herr Tiedjen legte größten Wert auf eine solide Ausbildung und hielt nichts von Leuten, die sich blindwütig in die ersten Wettbewerbe stürzten, kaum daß
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