Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel
erleichtert zurück.
„Nein, acht!“ übertönte sie Daniel. „Da —an der Mauer!“
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„Uff!“ Bettina rieb sich den Magen. „Ich hab schon Bauchweh vor lauter Aufregung. „Ein Reiter noch...“
Die Kamera begleitete die englische Reiterin, die mit ihrem Pferd den Parcours verließ. Die Schranke öffnete sich, und der letzte Reiter ritt ein.
„Leutnant Alfonso Ignazio, Italien“, verkündete eine Lautsprecherstimme.
„Und hier, meine Damen und Herren, kommt Italiens große Nachwuchshoffnung, auf dem achtjährigen Wallach Agostino, ein Pferd, das seinerseits zu den größten Hoffnungen berechtigt
..Steil doch den Quatschkopf ab, man kann sich ja gar nicht konzentrieren“, knurrte Florian und boxte mit den Fäusten auf seinen Sessel ein.
Leutnant Ignazio grüßte zur Richtertribüne hinauf und ritt an den Start. Das Glockenzeichen ertönte, der Sekundenzeiger lief.
Agostino legte ein kräftiges Tempo vor.
„Wenn er ihn nicht zurücknimmt, kommt er nicht ohne Fehler durch“, sagte Bille hoffnungsvoll.
Ignazio setzte offensichtlich alles auf eine Karte. Er ritt wie der Teufel. Agostino flog nur so über die Hindernisse.
„Bitte, bitte, Agostino, mach doch einen kleinen Fehler. Nur acht kleine Fehlerpunkte!“ flehte Bettina.
Noch vier Hindernisse hatte Ignazio vor sich. Da passierte es: Mit dem rechten Hinterbein berührte Agostino den Doppeloxer. Die Stange fiel zu Boden.
„Danke, Agostino!“ stöhnte Bettina. „Mach weiter so!“ Agostino stürmte auf den Wassergraben zu. Leutnant Ignazio versuchte, ihn zurückzunehmen, aber — zu spät. Agostino war wenige Meter vor dem Wassergraben aus dem Tritt gekommen und zu früh abgesprungen. Das Wasser spritzte hoch, als er mit der Hinterhand hineinsetzte.
„Leutnant Ignazio auf Agostino, acht Fehler.“
„Es gibt noch ein Stechen“, überschrie Florian den Ansager. „Ein zweites Stechen! Diesmal muß es klappen!“
Die Kamera schwenkte über den Parcours, auf dem jetzt im Laufschritt Helfer nach allen Seiten strömten, Hindernisse erhöhten, aufgerissene Stellen im Rasen festtraten und die Halterungen der Stangen überprüften. Dann griff sie Gesichter im Publikum heraus, einen Minister, eine bekannte Schauspielerin, einen Mann, der ein geknotetes Taschentuch als Sonnenschutz auf dem Kopf trug, ein kleines Mädchen im rosa Spitzenkleid, das hingebungsvoll in der Nase bohrte.
„Umgekehrt wäre es viel lustiger“, meinte Florian.
„Wie umgekehrt?“
„Wenn der Minister das Taschentuch auf dem Kopf hätte und die Schauspielerin in der Nase popelte.“
Bille und Bettina lachten gehorsam. Aber ihren Gesichtern war anzusehen, daß nichts in der Welt sie jetzt aus ihrer fieberhaften Spannung lösen konnte.
Durch die Fensterscheiben des Peershofer Gutshauses blitzte die Sonne, die Pferde tummelten sich auf den Koppeln, die Hitze lockte zu einem ersten Bad im Meer - aber da saßen sie. Wie angenagelt starrten sie in den Kasten, Fingernägel bohrten sich in Handflächen, Magennerven flatterten, auf den Stirnen bildeten sich kleine Schweißtropfen.
Herr Tiedjen kam als dritter der vier Reiter, die ins zweite Stechen gekommen waren. Nathan tänzelte in die Bahn, er schlug mit dem Kopf.
„Er haßt Fliegen und Mücken“, erklärte Bille. „So ruhig er sonst ist-das Geschwirr um seinen Kopf macht ihn verrückt.“
„Hoffentlich vergißt er es beim Springen“, sagte Bettina besorgt.
„Ich glaube schon. Er weiß, worum es geht. Im entscheidenden Moment ist er voll da.“
Herr Tiedjen galoppierte auf dem Zirkel, dann erklang das Startzeichen. Konzentriert ging Nathan an das erste Hindernis heran, nahm genau Maß und setzte mit einem gewaltigen Sprung hinüber.
„Bravo, Dicker!“ sagte Bille stolz. „Er gibt sich Mühe. Er will nicht noch einmal einen Fehler machen, das weiß ich.“
Bille schien recht zu haben. Nathan sprang besser als in den vorigen beiden Durchgängen. Unbegreiflich, daß er nach null Fehlern im ersten Durchgang beim ersten Stechen den Doppeloxer und gleich darauf die Mauer gerissen hatte. Er war doch in so guter Form!
„Es muß an Herrn Tiedjen liegen“, dachte Bille laut.
„Was sagst du?“
„Herr Tiedjen — er ist nicht so wie sonst. Er kommt mir so blaß vor — und so angestrengt.“
„Ach, das liegt sicher nur am Fernseher“, beruhigte Daniel sie. „Auf die Entfernung kannst du das doch gar nicht erkennen!“
„Doch, glaub mir, ich kenne ihn inzwischen so gut...“
Jetzt kam das
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