Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel

Birkenrick mit Graben. Nathan übersprang es tadellos. Nun die doppelte Kombination mit acht Meter Zwischenraum. Auch diesmal ohne Fehler. Nur noch wenige Meter trennten ihn vom letzten Sprung. Bille und ihre Freunde hielten den Atem an. Ein großer Oxer mit dazwischengestellter Mauer. Er ist zu nah herangeritten! fuhr es Bille durch den Kopf. Aber dann hat Nathan das Hindernis schon übersprungen.
    „Geschafft!“
    Bille, Simon und Bettina schrien vor Freude, Daniel und Florian fielen sich in die Arme.
    Die ersten beiden Reiter hatten jeder vier Punkte. Der nächste Ritt mußte die Entscheidung bringen. Wenn der temperamentvolle Agostino nur ein Hindernis riß, hieß der Sieger im Großen Preis von Nizza Hans Tiedjen!
    Agostino schien durch die zweimalige Anstrengung etwas ermüdet zu sein. Das bewirkte, daß er ruhiger sprang, die Hindernisse besonnener anging. Vielleicht hatte er sich auch einfach an die Umgebung gewöhnt und seine Nervosität verloren. Ruhig und kraftvoll übersprang er ein Hindernis nach dem anderen. Billes Fäuste waren schneeweiß, so preßte sie die Finger in die Handflächen. Vor Aufregung vergaß sie zu atmen.
    „Null Fehler! Das darf nicht wahr sein!“ jaulte die Mannschaft auf, als Leutnant Ignazio seinen Ritt beendet hatte
    Bille wurde es flau im Magen. Ein drittes Stechen! Sie wußte, wie Herr Tiedjen eine solche Strapaze für seine Pferde haßte — noch dazu in dieser brütenden Hitze! Zum Glück ritt er Nathan, nicht Feodora. Der kräftige Wallach war solchen Anstrengungen eher gewachsen. Und Herr Tiedjen selbst?
    „Ich halte die Spannung nicht aus, ich glaube, ich platze gleich!“ stöhnte Bettina.
    „Dann ist es ja gut, daß ich euch was zur Erfrischung bringe“, kam eine Stimme aus dem Hintergrund.
    Fräulein Fuchs, die Haushälterin, stand mit einem großen Tablett in der Tür.
    „Eure Eltern warten seit einer halben Stunde vergeblich darauf, daß ihr zum Tee kommt. Aber Herr Henrich meinte, das müßte man verstehen. Ihr solltet man ruhig euren Tee hier trinken.“
    „Füchschen, Sie sind ein Engel!“ Simon sprang auf, um der Haushälterin Platz zu machen. „Hm, frische Kirschwaffeln! Das wird uns wieder auf die Beine bringen.“
    Gemeinsam halfen sie der Haushälterin, Tassen und Teller auf dem kleinen Tisch zu verteilen. Bille schenkte den Tee ein, Daniel verteilte Zuckerstückchen und Milch, Bettina legte jedem zwei Kirschwaffeln auf den Teller.
    „Ich glaube, ich kann vor Aufregung keinen Bissen hinunterbringen“, jammerte sie, strafte sich selbst aber sofort Lügen und biß kräftig in das saftige Gebäck.
    „Kann ich gar nicht verstehen“, murmelte Florian mampfend. „Je aufgeregter ich bin, desto mehr esse ich.“
    „Dann scheint Aufregung dein Normalzustand zu sein — nach deinem Appetit zu urteilen“, meinte Fräulein Fuchs. „Na, viel Spaß noch und viel Glück für euern Herrn Tiedjen. Oder wie sagt man da - ,Gut Huf’? Oder ,Gut Hüpf’?“
    „Pschschscht!“ kam es von fünf Seiten gleichzeitig.
    Der Fernsehsprecher kündigte das dritte Stechen an. Die Strecke war wiederum verkürzt, die Hindernisse erhöht worden. Und da kam auch schon Herr Tiedjen in den Parcours geritten. Wie erschöpft er aussieht! dachte Bille erschrocken. Das Startzeichen erklang. Nathan galoppierte unverdrossen auf das erste Hindernis zu und überflog es, als hätte er heute noch nichts geleistet.
    „Er hat eine phantastische Sprungkraft!“ jubelte Daniel auf. „Er wirkt ganz frisch. Er muß es schaffen, er muß einfach!“ Schon hatten sie das zweite Hindernis hinter sich gelassen. Nathan hatte ganz leicht mit dem rechten Hinterhuf die Stange berührt, es war kaum zu hören gewesen. Die Stange vibrierte ein wenig, das Publikum stöhnte auf — aber sie blieb in ihrer Halterung liegen.
    Jetzt kam eine scharfe Wende. Bille sah, wie Herr Tiedjen das Gesicht verzog und für einen Augenblick sich im Sattel abstützte. Nathan schien verdutzt, aber gleich darauf hatte er sich wieder gefangen und stürmte auf die Mauer zu. Bille sprang auf. Herr Tiedjen schien sich nur noch mit Mühe im Sattel zu halten. Alles was er tat, war, sein Pferd so wenig wie möglich zu behindern. Und Nathan schaffte das Wunder — auch die nächsten drei Hindernisse überwand er ohne Fehler.

    „Braver Junge“, lobte Bille. Aber in ihrer Kehle saß ein würgender Kloß. Was war mit Herrn Tiedjen los?
    Da — am letzten Hindernis passierte es. Wenige Meter vor dem Absprung glitt Herr Tiedjen aus