Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
Billes Stimme schwang unverhohlener Stolz. „Das heißt, Moischele, der Kleine, gehört meiner Mutter. Er ist ein Findelkind, und wir durften ihn behalten. Für Mutsch, meine Mutter, ist das so etwas wie ein Hofhund geworden, er folgt ihr auf Schritt und Tritt. Zottel, der rot-weiß gefleckte, große, ist ein ehemaliges Zirkuspferd. Ein echter Clown und voll der unmöglichsten Streiche. Man darf ihn nie sich selbst überlassen!“
Sie waren am Stall angekommen, und Bille öffnete die Tür. „Jetzt werden wir dir unsere Lieblinge vorstellen. Gleich hier vorne, diese bildhübsche Pferdedame ist Pünktchen. Sie gehört Simon Henrich, du hast sicher schon von ihm gehört?“
„Wage nicht zu sagen, du wüßtest nicht alles von ihm“, warf Bettina kichernd ein, „sonst kriegst du es mit Bille zu tun. Die beiden sind nämlich ein Herz und eine Seele, und Simon schickt sich zur Zeit an, einer der erfolgreichsten Reiter dieses Jahrhunderts zu werden!“
„Simon Henrich! Ja, natürlich habe ich von ihm gehört!“ sagte Nico schnell. „Ein wunderschönes Pferd! Wie alt ist sie?“
„Sie ist dieses Jahr neun geworden. Stammt aus der Trakehnerzucht . Und hier, der kleine Rappe, ist Bongo. Er gehört Florian. Ein lieber Kerl, leider wird er jetzt zu klein für Flori .“
„Er wird ihn doch nicht hergeben?“
„Auf keinen Fall. Flori könnte sich nie von ihm trennen!“
„Ich weiß, das ist schrecklich. Ich mußte es tun, und ich habe furchtbar geheult, obgleich ich wußte, daß mein ,Winnetou’ einen wunderbaren Platz bekam, bei richtigen Pferdenarren. In der Stadt ist das eben alles schwieriger, und zwei Pferde waren zu teuer für meine Eltern.“
„Und was geschah dann?“
„Ich bekam ,Sylvester’ , einen wunderschönen braunen Vollblüter, der beim Rennen verunglückt war und deshalb nicht mehr starten konnte. Es war ein Drama. Monatelang war er in der Klinik gewesen, dann stand er zum Verkauf. Ich hab meine Eltern so lange bearbeitet, bis sie ihn mir geschenkt haben. Obgleich ich wußte, daß er einen schweren Schock weghatte und ein bißchen seltsam geworden war. Aber er kannte mich und mochte mich, und allmählich ist er wieder ein ganz normales, fröhliches Pferd geworden.“
„Alle Achtung, daß du das geschafft hast.“ Bettina sah Nico bewundernd von der Seite an. „Hoffentlich hast du jetzt nur noch Glück mit ihm, und er wird nie wieder krank!“
„Ja, das wünsche ich dir auch!“ sagte Bille herzlich. „Es ist schrecklich, ein Pferd, das man liebt, leiden zu sehen! Mit Pünktchen hatten wir voriges Jahr so ein Erlebnis, aber das erzähle ich dir mal in Ruhe. Jetzt müssen wir uns beeilen, Florian wird gleich zurück sein! Dies hier ist Sinfonie. Ein bißchen hysterisch ist sie, aber ein sehr gutes Springpferd. Herr Tiedjen hat mit ihr eine Menge Siege errungen. Im vergangenen Jahr hatte sie ihr erstes Fohlen, einen süßen Kerl, Sindbad. Ich habe ihn mit der Flasche großgezogen, als sie nicht mehr genug Milch hatte. Hier haben wir Lohengrin — ein alter Held unter Herrn Tiedjens Turnierpferden. Und da, mein Liebling, Troja! Sie ist traumhaft zu reiten! Ist sie nicht eine Schönheit?“
„Wirklich, ein so leuchtendes Fuchsrot sieht man selten. Und was für einen eleganten Kopf sie hat!“
„Ihr Sohn ist ihr Ebenbild. Troilus — ihn wirst du heute reiten. Komm, da drüben!“
Nicos Augen glänzten. „Das ist ja ein Traumpferd!“
„Liebe auf den ersten Blick, wie? Ich kann dich verstehen. Warte, ich zeige dir, wo sein Zaumzeug und sein Sattel hängen, dann kannst du ihn gleich fertigmachen. Ich nehme Sinfonie, Bettina reitet Troja, und Florian nimmt Lohengrin.“ Eine halbe Stunde später waren sie auf dem Weg. Die Mädchen hatten sich, bevor Florian kam, in der Sattelkammer das Badezeug unter die Reitsachen gezogen. Jetzt ging es im gestreckten Galopp den Waldweg entlang zum Moorsee .
Nico war den anderen weit voraus. Sie flog nur so dahin auf Troilus . Und so sehr Florian Lohengrin auch antrieb, er schaffte es nicht, sie einzuholen.
„Der Bengel reitet verdammt gut“, keuchte er. „Da könnte man direkt Minderwertigkeitskomplexe kriegen! Kaum ist Simon weg, kriege ich schon wieder neue Konkurrenz ins Haus.“
„Gefällt dir Nico?“ fragte Bettina, die neben Florian ritt, neugierig.
„Er ist große Klasse. So natürlich und bescheiden, überhaupt nicht angeberisch. Dabei könnte er es doch leicht sein! Endlich mal ein Junge, mit dem ich mich echt anfreunden kann. Was
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