Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
suchend um.
„Ob das Helmut ist?“ flüsterte Bille. „Sieht aus wie ein Jockey.“
„Kann ja sein, ich kenne diesen Helmut nicht. Aber gesehen habe ich den da noch nie bei uns auf dem Schulhof“, meinte Bettina.
„He! Hallo! Hier sind wir!“ rief Bille zum Stall hinüber.
Der Junge kam — mit großen Sprüngen über die Pfützen setzend — auf sie zu.
„Tag. Ich bin Nico.“ In einem braungebrannten schmalen Gesicht leuchteten zwei auffallend große Augen von einem so unverschämten Blau, daß es eigentlich gar nicht wahr sein durfte, fand Bille. „Ich suche Florian. Ich bin der Ersatzpferdebursche für Helmut, ihr wißt sicher Bescheid.“
„Tag, Nico“, sagte Bille und reichte dem Kleinen die Hand. „Florian wird gleich wieder hier sein. Das ist Bettina.“
Bettina und Nico schüttelten sich die Hand.
„Helmut kann also nicht kommen. Das tut mir leid für ihn“, Bettina lächelte, „ich glaube, er wäre sehr gern zu uns gekommen. Du bist ein Freund von ihm?“
„Ich bin seine Cousine.“
Bille und Bettina sahen sich an, dann platzten sie los.
„Entschuldige“, sagte Bille, immer noch lachend. „Aber wir dachten, du seiest ein Junge!“
„Macht nichts, das passiert mir öfter.“
„Seit wann reitest du?“ erkundigte sich Bille und betrachtete prüfend die zierliche Gestalt.
„Seit meinem fünften Lebensjahr. Und seit zwei Jahren in der Galoppbahn.“
„In der Galoppbahn?“
„Ja, wir wohnen in der Nähe eines Rennplatzes. Ich gehöre zu der Clique, die die Galopper bewegen darf. Ich will später mal Jockey werden, wenn ich nicht zu sehr wachse.“
Bille pfiff durch die Zähne.
„Klasse. Davon habe ich auch mal geträumt, aber bei mir besteht da keine Chance. Ich werde sicher zu groß und zu schwer. Und du willst uns wirklich helfen?“
„Klar, deshalb bin ich ja hier. Ich langweile mich ohnehin zu Tode. Mein Onkel und meine Tante haben mich für die Ferien eingeladen, aber sie arbeiten den ganzen Tag, und Helmut hat seinen Ferienjob. So sitze ich von morgens bis abends bloß rum. Schließlich kann man nicht die ganze Zeit lesen, nicht wahr?“
Nico schaute sich um.
„Bei uns ist der Pferdestall umgebaut worden“, erklärte Bille ihr. „Für die Zeit mußten wir einen Teil der Pferde in die Halle umquartieren. Heute sind sie wieder in ihre alten Boxen gezogen, und wir müssen das Notquartier abreißen. Hilfst du uns dabei — oder bist du nur zum Reiten gekommen?“
„Quatsch! Klar helfe ich euch.“
„Hoffentlich bist du nicht enttäuscht, daß wir hier keine Galopper haben. Nur Spring-, Dressur- und Zuchtpferde.“
„Was heißt da ,nur’ ? Ist doch toll!“
Nico zeigte auf eine an der Wand lehnende Forke.
„Kann ich die nehmen?“
„Sicher. Aber zunächst mal wirst du keine brauchen. Wir müssen die alten Bretter raustragen. Florian kommt gleich mit dem Ponywagen zurück, dann laden wir wieder eine Fuhre voll, und er fährt sie raus auf den Müllplatz.“
„Alles klar.“
Nico stapfte mit großen Schritten in die Halle.
Bille stellte sie dem alten Petersen und Hubert vor.
„Das ist Nico, eine Cousine von Florians Schulkamerad Helmut. Sie wird uns in den Ferien helfen. Nico, das ist Herr Petersen, nach Herrn Tiedjen der mächtigste Mann in den Pferdeställen von Groß-Willmsdorf. Und das ist sein Mitarbeiter Hubert.“
„Freut mich!“ Nico schüttelte beiden die Hand. „Danke schön, daß ich mitarbeiten darf.“ Dann begrüßte sie auch die beiden Arbeiter.“
„Wie alt bist du eigentlich?“ fragte Bettina sie, als sie sich an die Arbeit machten.
„Vierzehn. Und ihr?“
„Ich werde in zwei Monaten sechzehn“, sagte Bille.
„He, da kommt Florian!“ unterbrach Bettina die beiden. „Nico, willst du mir einen Gefallen tun? Sag Flori nicht gleich, daß du ein Mädchen bist. Laß ihn sich erst ein Weilchen an dich gewöhnen.“
„Warum?“ Nico runzelte die Stirn. „Hat er was gegen Mädchen? Ihr seid doch auch welche.“
„Nein, nein“, Bettina zwinkerte Bille zu, „im allgemeinen hat er nichts gegen Mädchen. Wir hatten heute morgen nur eine kleine Auseinandersetzung — oder sagen wir lieber: Diskussion — darüber, daß er ,wegen des Gleichgewichts’ gern einen zweiten Jungen im Stall gehabt hätte.“
„Ich verstehe. Jungen sind doch entsetzlich eitel.“
„Da hast du recht“, meinte Bettina lachend. „Sie fühlen sich sofort zurückgesetzt, wenn sie gegen eine weibliche Übermacht antreten müssen. Was sollen wir
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