Bille und Zottel 15 - Pferde im Schnee
Stroh in seiner Box aufzulockern.
Da! Endlich hob er den Schweif! Feuchtwarme Pferdeäpfel klatschten schwer ins Stroh. Von einer Plastiktüte keine Spur. Mini entfernte den Mist seufzend und machte sich daran, auch noch das Stroh an der Rückwand der Box aufzuschütteln. Dabei blieb die Forke in etwas stecken. Am Zinken der Gabel, die Mini hochstemmte, hing ein Plastikbeutel, in dem sich noch eine halbe Tafel Schokolade und drei Vanillekringel befanden. Mini brachte vor Erstaunen den Mund nicht mehr zu.
„Das darf doch nicht wahr sein!“ keuchte sie schließlich. „Hast du Clown uns wieder mal ausgetrickst! Hast dir einen kleinen Notvorrat angelegt, wie? Und schaust seelenruhig mit an, wie wir uns halb zu Tode sorgen!“ Zottel wandte sich ihr zu und blinzelte.
Mini fiel ihrem Liebling um den Hals.
„Weißt du, was Ignaz der Schreckliche sagen würde? Nichts lernt man so gründlich wie das, was man aus seinen Fehlern lernt! Warum habe ich gestern abend nicht erst mal das Stroh genau untersucht! Ich habe den blöden Mädchen einfach geglaubt! Na ja, das haben sie nun davon. Haben eine ganze Nacht vergeblich Wache gehalten. Selber schuld.“
Ein stiller Genießer
Zu Bille sagte Mini von alledem nichts, und die Fünftkläßler hüteten sich, der bewunderten Bille Abromeit ihr leichtsinniges Verhalten zu gestehen. So fand Bille ihr Pony vergnügt und bestens versorgt vor, als sie von ihrer Wochenendfahrt zurückkehrte.
Im Internat drehten sich die Gespräche nun mehr und mehr um das kommende Weihnachtsfest. Nicht nur die Geschenke für Eltern und Geschwister mußten gebastelt oder besorgt werden, vor allem galt es, die Weihnachtsfeier vorzubereiten, die am letzten Schultag für Eltern, Schüler und Lehrer abgehalten werden sollte.
Da wurden Lieder und Texte geprobt, Dekorationen hergestellt, Reden einstudiert und eine Ausstellung der schönsten Fotos vorbereitet. Aus der Küche drangen tagtäglich die verführerischsten Düfte, denn selbstverständlich sollte es für jeden als Abschiedsgabe einen bunten Teller mit Leckereien geben. In jeder Klasse gab es Diskussionen, mit welchem Geschenk man den Klassenlehrer überraschen wollte und was man den Stallpflegern — Johnny dem Indianer, Achmed und Frieder — als Weihnachtsgeschenk in der Haferkiste verstecken sollte. Listen wurden angelegt, Bastelgruppen taten sich zusammen.
Daneben mußte natürlich für die Schule gearbeitet werden, denn eine Schulaufgabe jagte jetzt die nächste. Und wenn auch Klassenzimmer und Ställe noch so vorweihnachtlich hergerichtet waren und es Spaß machte, täglich ein Türchen am Adventskalender zu öffnen, der — eine Gemeinschaftsarbeit jeder Klasse — am Fenster hing und bei den einen besinnliche Sprüche, bei den anderen witzige Zeichnungen oder Ermahnungen des Nikolaus enthielt oder was immer ihnen zu diesem Thema eingefallen war. . ., die Ferien sehnten sie alle herbei.
Endlich war das letzte Türchen im Kalender geöffnet. Bettina war heute dran gewesen, das Stallfenster aus dem großen Pferdestall aus bemalter Pappe zu öffnen. Aus der Öffnung schaute ihnen ein Abbild Zottels entgegen, lustig grinsend teilte ihnen das Pony in einer Sprechblase mit: „Für dieses Jahr habt ihr’s geschafft, Leute! Frohes Fest und schöne Ferien!
An Unterricht war heute nicht mehr zu denken. Aber auch das Vorlesen besinnlicher Weihnachtsgeschichten ersparte ihnen Ignaz der Schreckliche. Wie immer am letzten Schultag vor den Ferien ließ er Nachlese halten. Was hatte das vergangene Schulhalbjahr gebracht? Was war hängengeblieben, was hatte Eindruck gemacht? Was hatte einen geärgert und sollte geändert werden? Wer hatte Beschwerden vorzubringen, was fand man lobenswert? Und vor allem: Wie wollte man das kommende halbe Jahr gestalten?
Jeder durfte ein Resümee ziehen, seine ganz persönlichen Probleme und Fragen Vorbringen und Vorschläge für die Zukunft machen. So autoritär Ignaz der Schreckliche den Unterricht für gewöhnlich gestaltete, an diesem Tag wurden gemeinsam die Weichen gestellt, das Programm entworfen, nach dem er und die Schüler sich später richteten.
Zum Schluß gab es einen Rundgang durch die Ställe und über Reitplatz, Parcours, Außenanlagen bis in die Reithalle, zur Ortsbesichtigung, wie der Lehrer es nannte. Sattelzeug, Zustand der Pferde, Zustand der Anlagen und was sonst zu ihrem Aufgabenbereich gehörte, wurden kritisch unter die Lupe genommen und Pläne für die Zukunft geschmiedet.
Dann hieß es
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