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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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und wenn nicht die Lichter und der Lärm von Arenal zu uns hinüberwehen würden, könnten wir uns glatt wie auf einer einsamen Insel fühlen.
    »Komm, wir spazieren ein wenig nach dahinten. Da ist es ruhiger«, sagt Nina und zeigt in Richtung Can Pastilla - dorthin, wo ich Katie kennengelernt habe.
    »Ach nein. Lass uns einfach hierbleiben. Dann ist der Rückweg nicht so weit«, sage ich.
    Nina hakt mich unter, und wir schlendern ein wenig auf und ab, während die warmen Wellen unsere Füße umspielen.
    »Was ist eigentlich los, Jo?«, fragt sie, als wir gerade zum zehnten Mal umgedreht sind, um denselben Strandabschnitt erneut entlangzuspazieren.
    »Was soll denn los sein?«
    Sie bleibt stehen, löst sich von meiner Seite und sieht mir ins Gesicht. »Das würde ich gerne von dir wissen - falls du darüber sprechen möchtest. Ich kann dich natürlich nicht dazu zwingen, aber immerhin sind wir so gut wie verheiratet. Ich finde, da habe ich ein Recht darauf zu wissen, was in dir vorgeht.«
    Ist euch schon mal aufgefallen, dass Frauen immer dann nett sind, wenn man es am wenigsten brauchen kann? Und dass sie immer dann das Richtige sagen, wenn man am wenigsten damit rechnet?
    Bei Nina ist es in diesem Moment genauso. Ich könnte ohne Probleme damit umgehen, wenn sie jetzt sauer auf mich wäre und sich hart und abweisend zeigen würde, wie sie es sonst in solchen Momenten immer getan hat. Schließlich ist mir klar, dass ihr klar ist, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Jetzt aber reagiert sie ganz anders also sonst. Auf einmal ist sie verständnisvoll und vorsichtig, wie ich es selten bei ihr erlebt habe.
    Es dauert eine Weile, bis ich meine Sprache wiederfinde. »Die ganze Situation ist nicht gerade einfach«, sage ich dann. »Immerhin haben wir uns ganz schön was vorgenommen mit unserer Hochzeit. Ist es nicht normal, dass man da mal ins Grübeln gerät?«
    »Bereust du es denn? Wäre es dir lieber, wir würden es nicht tun? Und einfach so weitermachen wie bisher?«
    »Und du?«, frage ich. »Bereust du es?«
    Meine Gegenfrage verschafft mir etwas Zeit. Mir ist klar, dass Nina meine Strategie durchschaut, denn sie zeigt es mir mit einem wissenden Lächeln. Wir setzen uns in den Sand und blicken gemeinsam aufs pechschwarze Meer hinaus.
    »Nein, das tue ich nicht«, sagt sie dann. »Ich bin mir meiner Sache ganz sicher. Absolut sicher.«
    »Das freut mich zu hören.«
    Sie dreht sich zu mir und drückt mir einen Kuss auf die Wange. »Das ist schon seltsam, oder? Seit über zehn Jahren fährst du schon nach Mallorca. Und seit immerhin fast zwei Jahren sind wir ein Paar. Aber du bist bisher nicht auf die Idee gekommen, mich hierher mitzunehmen. Eigentlich ist das schade. Ich glaube, es könnte mir hier gefallen.«
    »Wir können das nachholen, versprochen«, sage ich - und dabei klammere ich mich an das Gefühl, das diese Worte bei mir auslösen müssten. Ich tue einfach so, als wenn alles in Ordnung wäre. Als wenn ich mit Zuversicht auf unsere gemeinsame Zukunft schauen würde und als ob ich gerne gemeinsame Pläne mit Nina schmieden würde.
    Es verstreichen einige stille Minuten. Dann spüre ich Ninas Hand auf meinem Arm.
    »Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest, Jo? Hast du etwas zu beichten?«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Dann möchte ich, das du mir die Wahrheit sagst. Ich möchte keinen Mann heiraten, der ein Geheimnis mit in die Ehe bringt. Oder der vielleicht einfach nicht den Mut hat, ehrlich zu sein.«
    »Mach dir keine Sorgen, Nina. Es gibt kein Geheimnis«, sage ich und frage mich gleichzeitig, wie meine Stimme dabei klingt und ob mir anzuhören ist, wie ich mich gerade fühle.
    Anscheinend ist es das nicht. Nina beugt sich zu mir herüber und schließt mich in die Arme. »In Ordnung, Jo. Ich akzeptiere das. Aber eins sollst du wissen: Ich gebe dir keine zweite Chance, es dir noch einmal anders zu überlegen. Schließlich möchte ich wissen, woran ich bin.«
    »Natürlich, dazu hast du jedes Recht.«

47. Schlaflos in Arenal
    In dieser Nacht mache ich kein Auge zu. Ich liege im Bett, bin hellwach und beobachte den Vorhang, der sanft in der Brise schaukelt, die durch die offene Balkontür hereinweht. Nina liegt neben mir, träumt friedlich und dreht sich gelegentlich von einer Seite auf die andere. Ab und zu beginnt sie zu schnarchen, hört aber nach ein paar Minuten wieder auf damit. Dann liegt sie reglos da, und wenn sich das Laken nicht ein wenig im Takt ihrer Atemzüge heben und senken

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