Billigflieger
einer Geste zum Schweigen und wendet sich wieder mir zu.
»Es geht um Katie, stimmt’s? Sie geht dir nicht aus dem Kopf, oder?«
»Ganz genau. Und bei der Vorstellung, am Sonntag Nina zu heiraten, wird mir schlecht.«
»Ging mir vor meiner Hochzeit genauso«, meint Hacki sofort.
»Klar, weil du vorher das ganze kalte Büfett, das für die Feier gedacht war, alleine verputzt hast«, antwortet Benni.
Wir haben es alle noch lebhaft in Erinnerung. Als der Standesbeamte die berühmte Frage stellte - »Willst du, Harald Hackmann, die hier anwesende … -, konnte Hacki nur einen Laut von sich geben, der von ferne an ein Ja erinnerte. In Wahrheit war es ein gewaltiges Bäuerchen , das den ganzen Raum mit einem Duft nach Kartoffelsalat und Hering erfüllte.
Schröder wartet ein paar Sekunden, bevor er den Faden wiederaufnehmen kann.
»Wenn ich es richtig sehe«, sagt er dann, »ist es noch keine zwölf Stunden her, dass du dich von Katie verabschiedet hast. Kein Wunder, dass sie dir noch im Kopf herumspukt. Das ist normal. Sex braucht eine Weile, bis er abklingt. Ist wie nach einer Grippe. Eine Zeit lang fühlst du dich noch wie zerschlagen, obwohl du eigentlich schon wieder gesund bist. Aber irgendwann wachst du morgens auf und fühlst dich wieder gut. So wird es dir mit Katie auch gehen. Eine Weile denkst du noch an sie. Und irgendwann ist alles vergessen.«
»Und wenn es nicht so ist?«
»Es ist so! Mach dir also einfach keine Gedanken, Jo. Hacki hat schon Recht - vor der Hochzeit ist man immer nervös. Und man zweifelt immer daran, ob die Frau, die man heiratet, wirklich die Richtige ist.«
»Aber das ist doch genau der Punkt, Jungs. Ich zweifele gar nicht daran, dass Nina die richtige ist. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es richtig ist, die richtige Frau jetzt zu heiraten. Oder ob man sich nicht einfach auch mal was trauen muss.«
Hacki und Schröder wechseln tiefgründige Blicke, sehen dann zu mir und grinsen.
»Was trauen? Du machst dir einfach zu viele Gedanken, Jo. Aber dagegen gibt es ein gutes Mittel«, sagt Hacki, hebt die Hand und ordert eine Runde Bier für uns.
46. Keine Geheimnisse
Die drei Frauen nehmen uns noch am Strand das Versprechen ab, ihnen am Abend all die Plätze zu zeigen, die wir auch ohne sie besuchen würden. Allerdings nehmen wir ihnen im Gegenzug das Versprechen ab, dass sie all das mit uns trinken, was wir auch ohne sie trinken würden.
Und genauso machen wir es dann auch. Zwischen sechs Uhr abends und zwei Uhr morgens genießen wir gemeinsam unsere Happy-Hour-Strategie . Wir stoßen so lange miteinander an und trinken so lange Brüderschaft, bis wir alle wieder miteinander versöhnt sind. Übrigens heben die anderen ihre Gläser meistens auf Nina und mich - auf unsere Hochzeit, unsere Zukunft, unser Glück.
Und mit leiser Stimme fügen Benni, Schröder und Hacki immer wieder hinzu: »Und darauf, dass du dich vorher noch mal so richtig ausgetobt hast.«
Zur Besiegelung unseres Paktes gehen wir alle zusammen in einen Touristenshop und lassen uns T-Shirts drucken. Sie sind dunkelblau. Auf der Brust steht in großen gelben Buchstaben, die von einem Herz eingerahmt sind:
Jo und Nina
Und auf dem Rücken kann man die Beschriftung lesen:
Drei, zwei, eins: meins!
Nachdem wir die Schinkenstraße ausgiebig genossen haben, ist klar, wo wir den Rest der Nacht verbringen werden. Da, wo wir jede Nacht in Arenal versumpfen: im Oberbayern .
Wir schlendern hinunter zur Uferpromenade und reihen uns in die Schlange ein, die sich vor dem Eingang gebildet hat. Ausgerechnet in diesem Moment zieht mich Nina von den anderen fort und deutet auf den nahe gelegenen Strand.
»Was meinst du, Jo? Gönnen wir uns eine kleine Auszeit? Nur du und ich, alleine am dunklen Meer?«
»Klar, wenn du willst.«
Wir geben den anderen das Versprechen, bald nachzukommen, und trennen uns von der Gruppe. Die anderen kichern und rufen uns hinterher, dass wir die Hochzeitsnacht wohl nicht mehr abwarten können.
Nina und ich überqueren den Uferweg, auf dem sich wie üblich die Nachtschwärmer in einer endlosen Polonaise zwischen den Balnearios drängeln. Unterbrochen werden sie dabei nur vom Hupen der Tschu-Tschu-Bahn, die die ganze Nacht die Promenade abfährt, und dem ständigen Klingeln der viersitzigen Pedalautos, die man überall für einen total überteuerten Preis mieten kann.
Nina und ich ziehen uns die Schuhe aus und gehen barfuß hinunter zum Wasser.
Wieder liegt der Strand einsam und verlassen da,
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