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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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schreien herum: »Es brennt, es brennt! Das müsst ihr euch ansehen. Das ist vielleicht ein Feuer.«
    »Na, siehst du, Jo. Die Leute wollen wieder mal nur gaffen. Das haben wir zum Glück nicht nötig. Außerdem geht uns das gar nichts an.«
    Nina lässt mich auch jetzt nicht los. Im Gegenteil. Der Griff ihrer Hand verstärkt sich und schneidet mir förmlich in die Muskeln. Mir wird klar, dass sie das gestern Abend völlig ernst gemeint hat, als sie sagte, es wäre meine letzte Chance gewesen. Ab jetzt würde sie mich so lange nicht mehr aus den Fingern lassen, bis ich auf dem Standesamt die nötigen Dokumente unterschrieben habe.
    Leider bin ich damit nicht einverstanden. Weil tief in mir drin eine Stimme sagt, dass ich eben doch etwas mit dem zu tun habe, was hier gerade vor sich geht. Ich weiß nicht, ob es eine Vorahnung ist, ein hellsichtiger Moment oder wirklich eine Art übersinnliche Fähigkeit. Ich weiß nur eines - ich muss genau in die Richtung, aus der jetzt immer mehr aufgeregte Menschen gerannt kommen. Und in die sich andere aufmachen, nämlich die neugierigen Gaffer, um bloß nichts zu verpassen. Von dort ziehen jetzt auch schwarze Rauchwolken und ein ziemlich intensiver Brandgeruch zu uns herüber.
    Ich reiße mich von Nina los, und zwar so unsanft, dass zwei ihrer künstlich verlängerten Fingernägel abbrechen.
    »Hey, du Grobian. Pass doch auf«, schreit sie und betrachtet kopfschüttelnd ihre verunstaltete Hand. »So kann ich schließlich unmöglich heiraten.«
    »Och, damit kann ich leben«, antworte ich spontan.
    »Du hast ja keine Ahnung, wie aufwendig das war, die machen zu lassen. Außerdem …« Nina stockt und sieht mich mit Augen an, die von Sekunde zu Sekunde größer werden, bis sie am Ende aussieht wie eine Figur aus den Simpsons .
    »Außerdem frage ich mich gerade, was das eigentlich heißen soll? Was meinst du mit: ›Damit kann ich leben‹? Willst du mich etwa gar nicht heiraten? Ist es das? Ist es das, Jo?«
    »Nina, ich …«
    »Hast du mir nicht neulich erst gesagt, dass ich die Erfüllung all deiner Träume bin? Und dass du es kaum noch erwarten kannst, mir endlich den Ring, den ich mir ausgesucht habe, an den Finger zu stecken? Und dass du jeden Tag und jede Stunde und überhaupt immer an mich denkst?«
    »Nina! Ich glaube, du verwechselst das mit der letzten Folge von Verbotene Liebe . Ich habe nicht …«
    »Und wenn schon. Jedenfalls hast du mir etwas versprochen. O ja, und glaub bloß nicht, dass du jetzt so leicht davonkommst. Außerdem glaube ich, dass du einfach nur nervös bist, Jo. Vielleicht sollten wir zu einer Apotheke fahren und dir ein Beruhigungsmittel kaufen. Du wirst sehen, das wirkt Wunder.«
    Diesmal bin ich derjenige, der sich in eine Comicfigur verwandelt. Mir wird nämlich klar, dass Nina all das, was sie gerade von sich gibt, vollkommen ernst meint. Das mit der Verbotenen Liebe genauso wie das mit den Beruhigungspillen. Nur was es bedeutet, das scheint ihr nicht so genau klar zu sein. Und auch mir fällt es nicht leicht, dahinterzukommen. Doch so ganz im Dunkeln tappe ich allerdings nicht. Wenn ich darüber nachdenke, wird mir zum Beispiel klar, dass Nina mir damit mehr oder weniger zu verstehen gibt, dass ich bei ihrem Traum von Ehe, Liebe und einer gemeinsamen Zukunft gar keine Rolle spiele. Ich bin nur so eine Art Platzhalter. Ein Statist. An meiner Stelle könnte auch jeder andere Mann stehen.
    Aber dazu bin ich nicht bereit. »Wenn du unser Leben wirklich für die Folge einer Telenovela hältst, dann such dir bitte einen anderen Hauptdarsteller aus. Ich stehe dafür nicht zur Verfügung.«
    »Aber Jo! Wie kannst du so etwas nur sagen? Ich erkenne dich ja gar nicht wieder.«
    »Das liegt wahrscheinlich daran, dass du dir bisher nie die Mühe gemacht hast, überhaupt hinzusehen. Es war dir auch immer egal, was ich eigentlich möchte. Weil es dir doch eigentlich immer nur um dich selbst geht.«
    »Um wen denn sonst? So funktioniert das Leben nun einmal. Wenn man sich nicht um sich selbst kümmert, tut es niemand. Die Lektion habe ich schon vor langer Zeit gelernt.«
    »Ich kann dir nicht einmal widersprechen, Nina. Weil ich anscheinend gerade dabei bin, dieselbe Lektion zu lernen.«
    Ihre gerade noch so riesigen Augen schrumpfen auf einmal zu schmalen katzenhaften Schlitzen zusammen. »Und was, bitte schön, heißt das?«
    »Das heißt, dass es endlich an der Zeit ist, das zu tun, was ich tun möchte.«
    »Ach, so ist das? Der Herr probt wohl gerade

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