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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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ich möchte sicherstellen, dass wir uns morgen bei der Konferenz über das eigentliche Ziel einig sind: Unterbindung der Herstellung und Verbreitung von Snuffs.
    Sicher, eine Verurteilung Miguel D'Altamirandas wegen Unzucht mit Minderjährigen liegt in juristischem Interesse, aber Sie müssen zugeben, dass sie allenfalls in indirektem Zusammenhang mit unserer eigentlichen Aufgabe steht.«
    »Sie führen auch nur Ihren Kreuzzug, aber bestimmt! Die Snuffs verstellen Ihnen den Blick! Zugegeben, sie sind das Böse an sich.
    Aber sie sind doch irgendwie … handwerklich. El Guía dagegen geht in ganz großem Maßstab vor!«
    »Das kann man nicht vergleichen! Eine Sekte von angeblich Er-leuchteten, die sich die Brauen abrasieren und sich bei Sonnenauf-gang in Trance versetzen, das mag zwar störend sein, aber…«
    Die Italienerin fiel ihr ins Wort. In wenigen Sätzen berichtete sie 258

    ihr von der ›Fünften Offenbarung‹, die über Satellit bei Großveran-staltungen in wenigstens einem Dutzend Hauptstädten an die An-hänger übermittelt würde – insgesamt zwischen sechzig- und neunzigtausend Mirandisten.
    »Vorgestern erhielten wir eine Nachricht von einer Kontaktperson im Heiligtum. Nichts Bestimmtes, aber eine Vermutung: D'Altamiranda werde wohl seinen Anhängern erlauben, die letzte Schwelle zu überschreiten, die Schwelle der Astralen Verklärung – Sie verstehen?«
    Kiersten wollte gegen dieses Kauderwelsch aufbegehren, unterließ es aber, als sie den Gesichtsausdruck ihrer Gesprächspartnerin sah; ein Anflug von Panik erfasste sie.
    »Georgetown, Waco, der Sonnentempel… denken Sie an so etwas?
    Aber diese Leute waren in kleinen Gemeinschaften eng zusammen-geschlossen und manipuliert! Ihr großer Guru mag ja vielleicht über ein tatsächlich umwerfendes Charisma verfügen, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er über das Fernsehen einen Massenselbstmord auslöst. Das ist doch eine Hypothese, die völlig …«
    »Völlig was? Von ›Massenselbstmord‹ ich habe jetzt nicht gesprochen. Aber selbst wenn El Guía nur ein einziges Prozent seiner An-hänger überzeugt, würde das an die tausend Tote anlässlich der Großen Versammlung bedeuten …«
    »Ich ziehe meinen Einspruch zurück«, sagte Kiersten erschüttert.
    »Wir müssen darüber morgen reden. Und veranlassen, dass Interpol
    … ja, was überhaupt?«
    Lydia war anderer Meinung. Darüber reden, und was dann? Sie wüsste schon, was herauskommen würde: allgemeine Feststellung der Hilflosigkeit. Wie sollte man den Gründer der Universellen Vereinigungskirche davon abhalten, sich an seine Anhänger zu wenden? Ein vorsorgliches Verbot? Mit welcher Begründung? Welcher Richter würde sich denn überzeugen lassen durch eine Annahme, 259

    die lediglich auf Gerüchten beruhte? Man lebte schließlich in De-mokratien: Die Gesetze schützten die Meinungsfreiheit und die Glaubensfreiheit. Die Mirandisten würden wegen religiöser Unterdrückung klagen und bekämen Recht. Daran war überhaupt nicht zu zweifeln.
    »Wollen Sie mir damit sagen, dass wir überhaupt nichts machen können?«
    »Beinahe! Legal können wir nichts tun …«
    Kiersten kehrte mit einer scheußlichen Migräne in ihr Hotel zu-rück. Lag es am Champagner oder an dieser Unterhaltung? Sie nahm Aspirin und streckte sich auf ihrem Bett aus, wobei sie allerdings in Erinnerung an den vorigen Abend vorsorglich den Wecker stellte. Aber das Pochen in ihren Schläfen hinderte sie daran, sich zu entspannen. Daher griff sie zum Telefon.
    Noch vor ihrer Abreise aus Ottawa hatte sie Sandrine zu erreichen versucht. »Sie hat einen übervollen Terminkalender, ganz besonders nach der Schule«, hatte Acoona ihr lachend versichert. Und jetzt klingelte dort, am anderen Ende der Welt, das Telefon offenbar in einem leeren Haus. An einem Sonntagmorgen? Sie versuchte es nochmals und rief schließlich Acoonas Bruder an, der in der gleichen Straße wohnte. Der konnte sie beruhigen: Philippe war mit der ganzen Sippe übers Wochenende zum Campen gefahren.
    Dann fiel sie endlich in einen bleischweren Schlaf.
    Zwei Stunden später erwachte sie völlig erfrischt. Das Kopfweh war wie weggeblasen, und sie hatte schon wieder einen Riesenhunger –
    nicht zu glauben. Obendrein verspürte sie einen unbändigen Tatendrang: Es war keine Zeit zu verlieren! Aber womit sollte sie anfangen? Vielleicht mit dieser Frau Dr. Descombes?
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    Lydia hatte sie gewarnt, ehe sie sich getrennt hatten. In Frankreich war

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