Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
be-ruflichem Interesse mit ihm getroffen. Und sie war nicht enttäuscht gewesen: Der Ex-Psychiater verfügte über einen unglaublichen Schatz persönlich erlebter Anekdoten, von denen eine immer noch unterhaltsamer war als die andere. Ganz abgesehen davon, dass seine im Schatten Gorbatschows verbrachten Jahre allein ein dickes Buch gefüllt hätten!
Dann hatte sie ihn allein deshalb aufgesucht, weil ihr seine Gesellschaft angenehm war. Er war so ganz anders als die vielen Leute, die Tag um Tag um sie herumscharwenzelten, so … erholsam. Er erwartete von ihr keinerlei ›Auftritt‹ … (Wenn sie es recht bedachte, war ›erholsam‹ eigentlich nicht der passende Ausdruck. War nicht
›beruhigend‹ oder gar ›bestätigend‹ besser?) Kurz, es hatte sich eine freundschaftsähnliche Beziehung zwischen ihnen entwickelt, und 537
die Andeutungen der Brodsky konnten sie nur zum Lachen bringen. Sie, Catherine Le Gendre, habe sich in diesen Tataren verknallt? Das war denn nun doch wirklich zu lächerlich!
Fjodor Gregorowitsch hatte seine Tätigkeit wieder aufgenommen.
Hatte man wohl je zuvor einen Totengräber mit einer Fliege am Hals bei der Arbeit gesehen?
»Dabei brauchte man sich nur an die Stadtverwaltung von Paris zu wenden, und sie würden sich noch am gleichen Tag um die Beseitigung kümmern«, sagte er. »Aber das wäre seiner nicht würdig.
Schauen Sie mich doch an: Sehe ich aus, als ob ich es fertig bringen würde, mich seiner wie eines Abfallpakets zu entledigen? Ich weiß gar nicht, wie ich meine Dankbarkeit in Worte fassen soll für Ihr Angebot einer ländlichen Ruhestätte zum beständigen Anden-ken …«
»Schon ein bisschen verrückt…«
»O teure, große Freundin! Sie hätten sich ja wirklich lustig machen können über dieses Melodram auf echt russische Art! Stattdessen haben Sie mir Ihr Vertrauen geschenkt! Welch unschätzbarer Trost! Bei jeder Bestattung beerdigt man einen lebenden Teil seiner selbst! Wie schwer wog doch Kummerseele jetzt, da der Sack mit ihm zugleich angefüllt ist mit meiner Vergangenheit – mit geheimen Erinnerungen. Da, hören Sie doch…«
Irgendwo in dem weißen Himmel erklang das Zwitschern einer Amsel.
Jenny Shamfeld aus Denver verlor niemals ein Wort über ihre Reise nach Mbaku-Bashi – noch nicht einmal gegenüber ihren engsten Angehörigen. Und sie lehnte darüber auch jedes Gespräch mit Journalisten ab. Ein großer Fernsehsender hatte ihr fünfzigtausend Dollar für ein dreiminütiges Interview angeboten: auch das vergeblich.
Als der Skandal um Díaz de La Santa ausgebrochen war, hatten 538
sie die entsprechenden Berichte zunächst noch fasziniert. Doch rasch wollte sie nichts mehr wissen von all diesen Anschuldigun-gen, diesen schlimmen Dingen. Ihr Sohn Christopher war jetzt gesund, und nichts anderes zählte. Im Allgemeinen Krankenhaus von Colorado hatte Dr. Goldberg von einer ›unerklärlichen Heilung‹
gesprochen. Ja, unerklärlich – das traf es wohl. Und Hochwürden Easterbrook hatte auf die ›göttliche Fügung‹ verwiesen. Sie hatte ihm nicht widersprechen wollen, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.
In ihrem tiefsten Herzen allerdings hatte sie sich gefragt, ob nicht selbst der Teufel gelegentlich Gutes tue, um sich nicht in die Karten schauen zu lassen und diese neu zu mischen, um sie so zu ver-teilen, wie es ihm passe – der Gipfel der Hinterhältigkeit.
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Inhaltsangabe
Verzeichnis der wichtigsten Personen und Organisationen
PROLOG
1 . KAPITEL
2 . KAPITEL
3 . KAPITEL
4 . KAPITEL
5 . KAPITEL
6 . KAPITEL
7 . KAPITEL
8 . KAPITEL
9 . KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
13. KAPITEL
14. KAPITEL
15. KAPITEL
16. KAPITEL
17. KAPITEL
18. KAPITEL
19. KAPITEL
20. KAPITEL
21. KAPITEL
22. KAPITEL
23. KAPITEL
24. KAPITEL
25. KAPITEL
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