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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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ja nicht, was er vorhat«, dachte Laurence, »aber wenn er mich von meinen Ängsten befreien will, ist das zunächst einmal schief gegangen.« Sie wurde von einem zwanghaften Schluckauf be-fallen und sagte sich, dass sie um jeden Preis einen hysterischen Lachanfall unterdrücken müsse: Dieser Bursche da wollte ihr trotz seines Gehabes ganz offenkundig helfen.
    Sie konnte einen neuen Krampf ihrer Stimmbänder nicht bändigen, der zu einem unterdrückten Laut führte; das war doch absurd, was sollte denn das bedeuten? Zu ihrer eigenen Verblüffung hörte sie sich plötzlich mit steigender Intensität stöhnen. Gewaltige Knäuel ballten sich in ihrem Bauch und ihrer Brust zusammen und drängten unaufhaltsam nach oben. Ihre Kehle schnürte sich zusammen und löste sich im gleichen Augenblick wieder, ein unerträglicher Schmerz in ihren Kiefergelenken zwang sie, ihren Tränen freien Lauf zu lassen, und ein lauter, tragischer Schrei entrang sich ihrer Brust. Es war wie ein unaufhaltsamer Anfall: Wahre Sturzbäche flossen unaufhörlich von ihren Wimpern herab, aus ihren Nasenlö-
    chern, aus den Winkeln ihres Mundes, der weit aufgerissen war. Sie rutschte vom Sessel herunter und krümmte sich auf dem Boden zu-112

    sammen. Mehr als eine Stunde weinte sie so, ehe sie in die Welt des Unbewussten hinüberdämmerte.
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    7 . KAPITEL
    ls sie nach ihrem Gespräch mit Teddybär in ihr Büro zurück-Akehrte, fand Kiersten auf ihrem Schreibtisch in einem Umschlag einen Seidenschal aus einem Luxusladen, und am Bildschirm ihres Computers hing ein Zettel, der auf eine Nachricht in ihrer Mailbox verwies.
    Darin teilte Chose ihr mit, dass er ihr am Vorabend ins Kino gefolgt sei und sich einen Platz drei Reihen hinter ihr gesucht habe.
    Zum ersten Mal hätte er sie in diesem graublauen Kostüm gesehen, das ihr wunderbar stehe. Dieser kleine Hauch von Strenge passe prächtig zu ihr! Andererseits finde er, dieses Seidentuch sei dazu wegen des kontrastierenden schimmernden Effekts noch das i-Tüp-felchen. Wenn sie anderer Meinung sei, könne sie es ja bei sonstiger Gelegenheit tragen.
    Kiersten musste breit grinsen, als sie sich vorstellte, dass Chose ihr nachgeschlichen war und sie während der Filmvorführung beobachtet hatte. Ob er wohl auch bemerken konnte, dass sie dabei ein paar Tränen vergossen hatte? Wohl kaum, da er hinter ihrem Rücken saß und sie ein kleines Täuschungsmanöver perfektioniert hatte, indem sie bei derartigen Gelegenheiten ihre Wangen durch eine Handbewegung verdeckte, als wolle sie ihr Haar ordnen – das 114

    fehlte noch, ihren Ruf als ›harter Knochen‹ auf diese Weise zu ge-fährden! Und wer bei der Königlich Kanadischen Polizei hätte sich wohl vorstellen können, dass sie, die man bei der heiteren Revue anlässlich der Jahresschlussfeier als eine Art mannhafter Jeanne d'Arc unter dem Namen ›Alice Berg‹ porträtiert hatte, wie eine Heulsuse im Kino flennte?
    Ihr Unmut war rasch verflogen, ihr Unbehagen dagegen nicht.
    Chose hatte es sichtlich gut getroffen mit diesem Seidenschal, und er bewies mit diesem Geschenk einen so sicheren Geschmack, dass sie sich schon fragte, ob sich hinter diesem geheimnisvollen Verehrer nicht vielleicht eine Frau verberge, eine Kollegin etwa, die sie auf den Arm nehmen wolle. Doch wenig später schon hatte sie sich überlegt: »Was die anderen wohl für ein Gesicht machen würden, wenn sie wüssten, dass das ein Unterpfand meines Sklaven ist!«
    Es war das erste Mal, dass sie an Chose als ›ihren Sklaven‹ dachte.
    Das war zwar zunächst eher sarkastisch gemeint, ließ aber doch auch eine andere, gefühlsbetonte Saite in ihr anklingen …
    Sie beschloss, zu Fuß in den Universitätsclub zu gehen. Eine Drei-viertelstunde einsamer Marsch – genau das Richtige, um den Kopf auszulüften!
    Was sie in eine gewisse Verwirrung stürzte, war nicht so sehr der Chose-Vorschlag, sich ihr mit Leib und Seele als ihr Sklave zu wei-hen, als vielmehr die eigene Schwierigkeit, ihre Gefühle zu ordnen.
    Schon seit einigen Tagen schwankte sie zwischen Verzweiflung und Amüsement, Misstrauen und Neugier – und sie war gescheit genug, um sich über die wahren Gründe für diese Unentschlossenheit Gedanken zu machen.
    Weil sie lange genug darunter gelitten hatte, wusste sie zur Ge-nüge, dass ihre autoritäre Art in Menschen, die ihr näher kamen, Spannungen auslöste, und dass gerade jene, die sie zu ihrer ›Selbstsicherheit‹ und ›Unabhängigkeit‹ beglückwünschten, die Ersten

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