Bin ich hier der Depp
er Ihnen schenken.
Der Richter und Schenker
Bitte überlegen Sie genau, wer Ihr »Richter« sein soll. Dieser Richter ist nicht Ihr Henker, sondern Ihr Schenker! Er hilft Ihnen, die Fackel Ihrer Wünsche auch bei scharfem Arbeitswind am Brennen zu halten. Idealerweise ist es nicht der Mensch, der am meisten leidet, wenn Sie zu viel arbeiten, zum Beispiel Ihr Lebenspartner. Diesmal soll es nicht um die Erwartungen eines anderen Menschen an Sie gehen (auch nicht eines solchen, der es gut mit Ihnen meint), sondern um Ihre eigenen!
Ich empfehle Ihnen einen Richter, der Sie mit großem Wohlwollen, aber mit mehr emotionalem Abstand als Ihr Lebenspartner betrachtet. Zum Beispiel als beste Freundin oder bester Freund. Ebenso kann ein Älterer, etwa ein väterlicher Freund oder eine mütterliche Freundin, diese Rolle einnehmen – sofern dieser Mensch für Sie ein Vorbild ist und Sie als Gesprächspartner wachsen lässt.
Dass Sie diesen Richter hinzuziehen, schon beim Aufsetzen des Vertrages, hilft Ihnen mehrfach: Erstens bekommt der Vertrag eine höhere Verbindlichkeit – Sie sind nicht nur sich selbst, sondern auch Ihrem Richter verpflichtet. Zweitens bezieht jeder Vertrag seinen Wert daraus, dass Verstöße gegen ihn juristisch verfolgbar sind – dazu brauchen Sie einen Richter. Und drittens schaffen Sie die Gelegenheit, sich mit einem vertrauten Menschen regelmäßig über Ihr Arbeitsverhalten auszutauschen.
Der tägliche Austausch (per Telefon) ist zu empfehlen, wenn Sie zum Beispiel ein langjähriges Überschreiten der eigenen Grenzen korrigieren wollen. Dann unterliegen Sie einer hohen Rückfallgefahr, wie ein Raucher, der gerade aufgehört hat. Dagegen können wöchentliche Gespräche mit dem Richter ausreichen, wenn Sie Stabilität erlangt haben und den eingeschlagenen Kurs fortführen.
Ein weiterer Vorteil kommt hinzu: Der Vertrag, mitsamt seiner Richterrolle, ist auch ein unterhaltsames Spiel. Wir alle spielen gern und wollen dabei gewinnen! Gut möglich, dass Ihr Ehrgeiz in eine andere Richtung als bislang zielen wird – nicht darauf, den heimlichen Vertrag mit Ihrer Firma zu erfüllen (zu Ihrem Nachteil!). Sondern darauf, Ihren Selbst-Vertrag einzuhalten (zu Ihrem Vorteil!)!
Der Richter ist nicht dafür da, Sie zu bestrafen – das geschieht nur im Notfall und nach Ihren eigenen Vorgaben. Vielmehr besteht seine Aufgabe darin, Sie durch die Gespräche zu unterstützen. Ein solches Telefonat kann ablaufen, wie es mir meine Klientin Tania gerade mit ihrem »Richter« Ingo geschildert hat:
Tania: »Also, Ingo, ich muss beichten: Heute habe ich bis 18.30 Uhr gearbeitet. Laut Vertrag hätte ich um 17 Uhr aufhören sollen, ich weiß! Aber dann kam noch eine Mail meines Chefs rein, und ich musste ganz dringend liefern.«
Richter Ingo: »Wenn ich dich richtig verstanden habe, sollte der Vertrag dich gerade vor solchen Versuchungen schützen. Du wolltest deine Bedürfnisse über die deiner Firma stellen.«
Tania: »Darum ärgere ich mich auch so über mich selbst! Jetzt schließe ich einen Vertrag mit mir ab und mache genauso weiter wie bisher!«
Richter Ingo: »Vielleicht war das ja eine wichtige Lernchance. Was würdest du am Donnerstag – da willst du ja wieder um 17 Uhr gehen – anders machen als heute, wenn es zu derselben Situation käme?«
Tania: »Dann würde ich meinem Chef einfach antworten: ›Tut mir leid, ich habe fest zugesagt, dass ich heute um 17 Uhr aus der Arbeit gehe.‹ Das wäre ja nicht einmal gelogen!«
Richter Ingo: »Nun hast du mich ja zu deinem Richter ernannt. Das heißt, ich soll auch einschreiten, wenn du gegen deinen Selbst-Vertrag verstößt. Welche Strafe schlägst du vor, falls du in den nächsten zwei Wochen deine Selbstverpflichtung noch einmal brichst?«
Tania: »Dann werde ich meine Schwiegereltern am Wochenende zum Abendessen ausführen. Du weißt ja: Ich kann sie nicht leiden!«
Richter Ingo: »Mal angenommen, du schaffst es beim nächsten Mal, einer solchen Versuchung zu widerstehen: Wie könntest du dich dafür belohnen?
Tania: »Dann würde ich mit meinem Mann mal wieder in die Sushi-Bar gehen. Ich war dort eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr.«
Wer solche Gespräche jede Woche führt, wird vor der Gefahr bewahrt, zurück in den alten Trott, zurück in den Arbeitswahn zu stürzen. Er legt Rechenschaft ab, ob er sich an seine eigenen Vorgaben hält, in erster Linie vor sich selbst.
Der Vertrag, der »Richter«, der regelmäßige Austausch, die selbst
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