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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Speer, Geologe

    [111] Spiegel Online, Alter ist auch bei Managern kein Entlassungsgrund, 23.04.2012
    [112] cio.de, Ältere bei Weiterbildung vernachlässigt, 14.01.2013
    [113] abendzeitung-muenchen.de, Wie ältere Mitarbeiter rausgedrängt werden, 29.11.2012
    [114] ebenda
    [115] ftd.de, Erfolgsfaktor: Wenn Junge und Ältere zusammen arbeiten, 02.09.2009
    [116] BAG 8 AZR 429/11
    [117] Süddeutsche Zeitung, 31.01.2013

Schicht im Schacht: Wenn der Burn-out dreimal klingelt

In diesem Kapitel erfahren Sie unter anderem …
warum jeder vierte Mitarbeiter für Erholungspausen keine Zeit mehr hat,
wie der Burn-out entdeckt wurde und die Arbeitswelt zum Treibhaus für ihn wuchs,
warum es keine Burn-out-Persönlichkeiten, nur Burn-out-Firmen gibt
und wie ein Manager, der eine Gruppe gegen Stress gründete, damit für noch mehr Stress sorgte.
    Im Strudel der Arbeit
    Da ist der Star-Koch, der so lange Hans Dampf in allen Küchengassen spielt, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht: Tim Mälzer. Da ist der frisch gewählte Parteivorsitzende, der in sechs Monaten zwei Hörstürze erleidet, noch dazu einen Nerven- und Kreislaufzusammenbruch: Matthias Platzeck ( SPD ). Da ist der bejubelte Sieger der Vier-Schanzen-Tournee, der seine Skispringer-Karriere in einer Burn-out-Spezialklink beendet: Sven Hannawald. [118]
    Wenn Prominente berichten, wie ihr Arbeitsleben sich langsam bis zum Burn-out verfinsterte, denken Millionen Arbeitnehmer: »Kommt mir bekannt vor!« Meist berichten die Promis, dass die Anforderungen sie überrollt haben: »Alle wollten etwas von mir! Der Tag hätte 48 Stunden haben müssen, um das zu schaffen.«
    In den Firmen dasselbe: Die Arbeit strömt in immer größeren Fluten auf die Menschen ein, bildet Strudel und zieht sie unter die Oberfläche. Der »Stressreport 2012«, eine Studie mit mehr als 17 000 Arbeitnehmern, öffnet den Blick in einen Abgrund. [119] 43 Prozent der deutschen Arbeitnehmer sagen, der Stress habe zugenommen in den letzten zwei Jahren. Heilig ist nicht einmal mehr das Wochenende: 64 Prozent arbeiten an Samstagen, 38 Prozent an Sonn- und Feiertagen. Und das Phänomen der »pausenlosen Arbeit« muss man wörtlich nehmen: Jeder vierte Beschäftigte lässt seine Erholungspause sausen. Weil der Druck zu hoch, weil die Arbeit niemals fertig ist.
    Einst war der Arbeitsfluss durch die Stechuhr kanalisiert, und der Damm des Privatlebens hielt ihn auf. Heute schießt er über die Ufer und verwüstet Menschenleben: 53 Millionen Krankheitstage pro Jahr werden verursacht durch psychische Störungen, das sind 80 Prozent mehr als vor 15 Jahren. Jede dritte Frühverrentung hat psychische Gründe. Und das Durchschnittsalter dieser »Rentner« ist erschreckend niedrig: 48 Jahre.
    Die Mitarbeiter zahlen einen hohen Preis, aber auch die Firmen bluten: Der Produktionsausfall durch psychische Krankheiten liegt nach Schätzungen bei 26 Milliarden Euro – diese Summe würde zum Beispiel ausreichen, um jedem Einwohner der Millionenstadt Köln 25 000 Euro zu schenken.
    Wer sich als Promi zu einem Burn-out bekennt, erntet Anerkennung. Wer es als Arbeitnehmer tut, begibt sich auf dünnes Eis. Einige Chefs sehen den Burn-out immer noch als eine Pseudo-Krankheit, die nur psychisch Labile trifft, deren Abgang natürliche Selektion ist. Der Burn-out wird zum Gehilfen einer brutalen Personalpolitik: Die Gebrandmarkten gelten als Risikofaktor.
    Eine Werbekauffrau hatte ihren Burn-out offen gestanden. Scheinbar war sie bei ihrem Chef auf Verständnis gestoßen: »Sie haben in den letzten Jahren ja wirklich viel geleistet.« Sechs Monate später, als sie wieder bei vollen Kräften und in der Firma war, stand eine Beförderung an, die ihr vorher schon in Aussicht gestellt worden war. Doch ein Kollege wurde vorgezogen. Ein Mitglied der Führungscrew trug ihr zu, ihr direkter Vorgesetzter habe sie als »Wackelkandidatin« bezeichnet: »Wenn sie schon ohne Führungsverantwortung umknickt, dann erst recht mit!«
    Großzügiger sind Manager, wenn der Burn-out sie selbst erwischt. Die Erkrankung geben sie erst zu, wenn ein Zusammenbruch nicht mehr zu leugnen ist, etwa weil sie die Firma im Rettungswagen verlassen oder bei der Aktionärsversammlung vom Rednerpult kippen. Dann machen sie die Not zur Tugend und geben den Drachentöter, der den Kampf mit der Arbeit zwar vorübergehend und ganz knapp verloren, aber dabei vor allem Mut und Kampfgeist bewiesen hat.
    Durch diese Darstellung wird der Burn-out zum Adelstitel, den sich

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