Bin Ich Schon Erleuchtet
etwas Reis und grünes Gemüse wird ihn beruhigen.
Abend
Oh, Mann. Aus meinem Bauch kommen Geräusche, als würde ein Mieter seine Möbel rumschieben. Ich … oh, nein.
Später
Es sieht so aus, als hätte ich … verdammt.
Noch später
Ich will schnell mal weiterschreiben, bevor ich …
Himmel Herrgott, ich muss schon wieder … bin gleich wieder da.
Mitternacht
Houston, ich habe ein Problem. Ich habe gerade ungefähr viertausend Pfund Neem-Blätter und eine Kohletablette geschluckt, was mir hoffentlich genug Zeit lässt, ein paar Sätze zu schreiben. Au weia, es ist schlimm. Richtig schlimm.
Jessica, Lara und ich gingen gestern zum Bali Buddha zum Essen, und ungefähr auf halbem Weg tat sich in meinem Gedärm etwas höchst Alarmierendes, als hätte eine Elefantenfamilie da unten ihre Kundalini-Durchbrüche.
Wir liefen im Gänsemarsch und meditierten uns durch die Taxifahrer und Zopfflechter und Budenbesitzer hindurch, vorne Jessica, hinter ihr Lara. Ich bildete das Schlusslicht, und statt zu meditieren chantete ich: Atmen, atmen. Bitte, lieber Gott. Bitte, lieber Gott. Kyrie Eleison, Christe Eleison, Banyan Eleison, IRGENDWER Eleison.
»Wie weit ist es noch?«, rief ich Jess zu.
»Nur noch ein paar wenige Straßen, ehrlich«, antwortete sie singend.
Ich versuchte, Jessicas anmutige Haltung und ihr zartes, feminines Kopfwackeln zu kopieren, aber das Brodeln in meinem Unterleib ließ sich nicht ignorieren. Über meinen Rücken rann ein Wasserfall aus Schweiß – nicht gerade ungewöhnlich in dieser Hitze, aber dieser Schweiß war kalt. Ich kannte das. Dieser Schweiß hatte nichts mit Lous Aufmerksamkeit oder Indras Missbilligung zu tun. Er hatte nichts mit Nervosität zu tun. Er hatte nichts mit Yoga zu tun.
»Jessica, wo ist es?«
»Nur noch eine Straße, versprochen!«
»Nein«, ächzte ich. Ich schloss, so schnell ich konnte, zu ihr auf. »Wo ist es? Ich renne voraus, wir gehen nicht schnell genug.«
Ich wusste genau, was mit mir los war und auch was passieren würde, wenn ich es nicht innerhalb der nächsten Minute auf ein Klo schaffte.
Endlich kamen die Häuser in Sicht. Jessica deutete auf das Restaurant. Ich warf ihr meine Tasche zu und rannte los. Besser gesagt, hoppelte ich vor lauter Hektik wie ein dreibeiniger Hund. Oh, war das übel. Heilige Mutter Gottes, was für ein Desaster.
»Da ist jemand drinnen«, sagte die Frau hinter der Theke des Bali Buddha. »Sie müssen kurz warten.«
Ich starrte sie verständnislos an. »Gibt es eine Männertoilette, die ich benutzen könnte?« Ich hatte angenommen, sie würde beim ersten Blick auf mich begreifen, dass ich mich in Kürze in ein Gesundheitsrisiko verwandeln würde, wenn sie mir nicht entgegenkam.
»Das ist das Männerklo«, antwortete sie fröhlich. »Für Männer und Frauen!«
Ich nickte stumm, weil ich mein Zwerchfell nicht mal durch Reden strapazieren wollte. Rastlos tigerte ich durch das Untergeschoss des Restaurants, das offensichtlich einen Gemischtwarenladen für Exilvegetarier beherbergte. Hier kauft Jessica ihre Reiswaffeln und ihr Tahini.
Wie toll , dachte ich, während mein Blick gequält über Schachteln mit organischen Nudeln und Reiswaffeln huschte. Nicht atmen. Nicht atmen und nicht denken. Reiswaffeln sind lecker. Wie schön, dass Jessica sich so leckere – nicht atmen – Reiswaffeln kaufen kann . Ich hatte schon mal vorsorglich die Daumen unter den Gummizug meiner Yogahose gehakt.
So, da bin ich wieder. Wo war ich? Ach, richtig. Endlich, Dank sei dem lieben Jesulein und allen Heiligen, öffnete sich die Tür, und eine schöne Touristin in einem fließenden orangefarbenen Sari stand vor mir. Sie tupfte sich mit dem Finger den überschüssigen Lippenstift vom Mundwinkel. Ich rannte sie förmlich um und stieß sie zur Seite, während ich an meinen schweißdurchtränkten Schlabberhosen zerrte.
Wo ist meine Mama? Oh, seufz.
Zwanzig Minuten später gab ich zitternd und bleich die Toilette wieder frei. Ich brauchte eine Weile für die Treppe zum Open-Air-Restaurant über der Straße. Ich fühlte mich wie eine Attrappe, wie ein Schatten meiner selbst. Ich hatte meinen Kern verloren. Meine Umgebung nahm ich überdeutlich wahr – Jessica und Lara auf einem niedrigen Sofa, Rosenwasser-Lassi trinkend, davor den Couchtisch mit den halb gegessenen Salaten, die Vase mit einem Feuerwerk aus Frangipaniblüten. Alles wirkte auf mich so bunt und unwirklich wie die Malereien von gezackten roten Blumen und ausdruckslosen
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