Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)
(schmerzfreies) Leben ab, schreiben es aber Haustieren und natürlich uns selbst zu?
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es furchtbar leicht ist, diesen Fragen auszuweichen, und furchtbar schwer erscheint, die richtige Konsequenz aus den Antworten zu ziehen. Aber bevor Sie bei der Meinung bleiben, Ihre Ernährungsform sei Ihre ganz persönliche Angelegenheit, sollten Sie eine ehrliche Antwort auf diese Fragen finden.
Gehen wir ein anderes Beispiel durch: die Fortbewegung mit dicken Autos. Sports Utility Vehicles ( SUV ) wiegen meist deutlich über zwei Tonnen, verschwenden daher massiv Treibstoff und stoßen unfassbar viele Schadstoffe aus. Dennoch sind sie für viele ein schickes Statussymbol: Sie haben inzwischen einen Marktanteil von 15 Prozent, Tendenz steigend. Von der Gesellschaft wird die Anschaffung eines solchen Gefährts weder geächtet noch verlacht, weshalb die Nutzung eines SUV nach der klassischen Definition nicht als freaky gilt. Sobald diese Giganten aber auf die Freakampel zurollen, springt sie auf Rot um. Während nämlich die halbe Nation über Klimawandel und Energiewende spricht, haben manche Einwohner unserer Freak-Republik nichts Besseres zu tun, als in Geländewagen durch die Stadt zu gurken. Nun sind SUV s nicht die einzigen Autos, die aus ökologischer Perspektive saublöd sind, aber sie sind noch aus anderem Grund höchst problematisch: Bei einem Unfall mit einem SUV ist das Risiko einer tödlichen Verletzung um ein Vielfaches höher – und zwar für die Fahrer normaler Autos, für Zweiradfahrer, für Fußgänger und insbesondere für Kinder.
Und nun zum letzten Thema: der Weltanschauung, beziehungsweise der Religion, die vielleicht besser als Himmelsanschauung bezeichnet werden sollte. Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit ist sicher eine der größten Errungenschaften der Aufklärung, und auch wenn ich selbst nicht religiös bin, würde ich mich jederzeit dafür einsetzen, dass dieses Recht uneingeschränkt und für jeden gilt. Die meisten Menschen, die sich selbst als religiös bezeichnen (obwohl sie es faktisch gar nicht sind, weil sie zum Beispiel als Christen einen Großteil des apostolischen Glaubensbekenntnisses nicht für wahr halten), lassen sich auf der Freakstufe grün verorten: Ja, es ist schräg, an einen Geist zu glauben (auch wenn er angeblich heilig ist), aber meist hat dies weder für die Gläubigen noch für ihre Umwelt negative Konsequenzen. Manche dieser Glaubensfreaks meinen sogar, dass allein die Aussagen ihres Heilands sie dazu verleiten, Gutes tun zu wollen, aber das glaube ich ihnen nicht. Freakstufe gelb wäre erreicht, wenn Gläubige zum Beispiel wirklich davon ausgehen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt und daher vor dem Tod nicht nach Glück streben oder sich sogar mit Schuldvorwürfen geißeln und sich Strafen für ihre angeblichen Sünden auferlegen oder auferlegen lassen. Freakstufe rot ist angesagt, wenn die oben genannte Religionsfreiheit als Narrenfreiheit missverstanden wird, andere zu bevormunden, zu diskriminieren oder sich rücksichtslos zu verhalten – auch wenn dies über viele dunkle Jahrhunderte als vollkommen normal galt und in vielen anderen Regionen der Welt noch heute so ist. Doch auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts ist das Christentum immer noch sehr eng mit dem Staat verwoben, und so hat Religion leider massive Auswirkungen auf Unbeteiligte: Allgemeine Steuergelder werden verwendet, um Kirchengebäude sowie Bischofsgehälter zu zahlen, und fehlen dann an anderen Stellen; Gesetze, vor allem solche, die medizinethische Aspekte beinhalten, werden auf Basis christlicher Überzeugungen formuliert, gelten aber auch für Religionsfreie; Kinder werden lange vor dem Erreichen der Religionsmündigkeit durch christliche Kindergärten und Religionsunterricht geschleust, in denen sie nicht einfach nur über Religion informiert, sondern bekenntnisgebunden religiös unterwiesen werden; und nicht zuletzt wäre da noch das sonntägliche Läuten der Kirchenglocken, das auch den Religionsfreien das Ausschlafen vermasselt. Wirklich schlimm wird es aber in den Fällen, in denen religiöse Überzeugungen sogar Handlungen nach sich ziehen, die den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung erfüllen – so geschehen im Falle einer jungen Frau, der nach einer Vergewaltigung in einem christlich geführten (und öffentlich finanzierten!) Krankenhaus die »Pille danach« verweigert wurde. Oder wenn medizinisch unnötige Vorhautamputationen an
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