Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

üblicherweise geschieht dies durch ein Mitglied des Mainstreams, also der Mehrheitsgesellschaft.
    Andererseits kann ein Freak in unserem Sprachgebrauch aber auch jemand sein, der für ein ganz bestimmtes Thema eine außerordentliche Begeisterung aufbringt. Fast alle Menschen, die große Entdeckungen zu verzeichnen haben, gelten nach dieser Definition als Freaks, denn nur, wer es schafft, sich intensiv mit einer einzigen Thematik zu beschäftigen, dem wird es auch gelingen, diese zu durchdringen und bestimmte Probleme zu lösen. Denken Sie an Menschen wie Albert Einstein, Thomas Edison, Marie Curie oder Leonardo da Vinci – sie alle waren ganz sicher Freaks. Auch große Namen der Philosophie, der Musik, der bildenden Kunst oder des Schauspiels zeichnen sich meist durch eine gewisse Exzentrik aus. Da will man doch glatt dazugehören, oder?
    In beiden Fällen ist es aus meiner Perspektive tendenziell positiv, ein Freak zu sein – denn was wäre das Leben ohne all die bunten Paradiesvögel, die sich mit dem Einheitsbrei aus H&M, C&A und P&C nicht zufriedengeben? Und wie stark wäre die Innovationskraft einer Gesellschaft, wenn es nicht einige Mitglieder gäbe, die all ihre Energie einer einzigen Sache widmen?
    Ich für meinen Teil bin jedenfalls froh, in bestimmten Bereichen des Lebens nicht ganz rundzulaufen. Aber wie sieht das bei Ihnen aus? Haben Sie sich schon eingeordnet, Marotten an sich festgestellt oder über sich selbst gelächelt? Ja? Gut! Freuen Sie sich doch einfach darüber, dass Sie ganz Sie selbst sind! Aber halt, eine Sache stört mich in diesem Zusammenhang noch: Sonderlinge werden nämlich ganz gern belächelt (manchmal auch von mir), wohingegen diejenigen, die mit ihrem Verhalten echten Schaden anrichten, oftmals gar nicht als Freaks gelten. Und dieser Aspekt führt mich zu der oben gestellten Frage: Wann wird der Freak zum Problem?
    Um diese Frage zu beantworten, möchte ich eine andere, eine dritte Herangehensweise an das Phänomen vorschlagen: ein Ampelsystem, das deutlich machen soll, wann freakige Ideen und Verhaltensweisen gefährlich werden können. Es beruht maßgeblich auf dem Prinzip der Selbstbestimmung, des persönlichen Glücks und der Einsicht, die in Bin isch Freak, oda was?! (und natürlich von vielen anderen Menschen vor mir) bereits mehrfach formuliert wurde: Die Freiheit des einen endet dort, wo die des anderen beginnt. Natürlich erhebe ich mit dem folgenden Ampelsystem – so wie mit dem gesamten Buch – keinen Anspruch auf sozialwissenschaftliche Gültigkeit, aber dennoch ist es erfahrungsgemäß eine ganz gute Technik, sich selbst und andere im breiten Freakspektrum zu verorten.
    Fangen wir an mit der Freakstufe grün . Darunter fallen alle Verhaltensweisen, die zwar eigenartig, schräg oder verwunderlich sein mögen, aber weder den Freaks selbst noch ihrer Umwelt schaden . In vielen Fällen tragen diese Dinge sogar zum Wohlbefinden aller bei – sei es, weil sie das Leben bunt und vielfältig machen, oder weil aus ihnen positive Konsequenzen für andere erwachsen. Fallen Sie beispielsweise durch einen exotischen Kleidungsstil auf? Schmeißen Sie sich jedes Jahr zur Leipziger Buchmesse in ein wildes Mangakostüm und treffen sich dort mit Hunderten Gleichgesinnten? Hören Sie vielleicht Musik, bei denen anderen die Haare zu Berge stehen? Kein Problem, denn solange Sie niemand anderen mit Ihrer Musik beschallen oder dazu zwingen, Ihre Klamotten zu tragen, ist es schließlich Ihre Sache. Stürzen Sie sich eventuell Hals über Kopf in sonderbare Hobbys wie Luftgitarrenspiel, Live-Action-Role-Play oder bauen sich zu Hause in mehreren Tausend Arbeitsstunden ein originalgetreues Cockpit einer Boeing 737 nach, mit dem Sie Langstreckenflüge simulieren? Gehören Sie eventuell zu den Menschen, für die es an einem wunderschönen Sommertag nichts Besseres gibt, als die Jalousien herunterzulassen und sich mit einem Physikbuch in die geliebte Leseecke zu verkriechen? Super, denn schließlich verdanken wir Nerds wie Ihnen so ziemlich alle großen Entdeckungen der Menschheitsgeschichte.
    Die zweite Freakstufe ist gelb . Wie auf einer Verkehrsampel stellt sie den Übergang vom unproblematischen Freak zum problematischen dar. Hier sind Überzeugungen und Handlungen zu verorten, die zumindest das Potenzial besitzen, den Freak selbst unglücklich zu machen oder seine Umwelt damit negativ zu beeinflussen . Geben Sie beispielsweise Geld für astrologische Beratungen aus? Das muss noch lange kein