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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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auf!«, stöhne ich mit einem Blick auf die Uhrzeit. »Das war ja mal wieder ein Ausflug in eine andere Dimension …«
    »Na ja«, meint er und grinst, »immerhin hat’s dich aus deinem Alltag gerissen, oder?«
    Das kann man wohl sagen.



7
MISSION : SATELLITENTATORT
    E in grässliches Gekeife reißt mich aus dem Schlaf. Ich öffne die Augen, finde neben mir keine Sarah vor und schaue auf die Uhr: halb zehn? Mal überlegen – nach dem gestrigen Trip bin ich um drei Uhr wie ein Stein ins Bett gefallen, habe also mehr als sechs Stunden geschlafen. Frau sei Dank!
    »Mensch, Justav«, höre ich meine Vermieterin aus der Ferne durch die offene Balkontür meckern, »wat machste denn jetze schon wieder?«
    Auf wackeligen Beinen verlasse ich das Schlafzimmer und finde meine kleine Familie am Küchentisch vor. Klara hat das ganze Gesicht voller Brei und quietscht vor Freude, als sie mich entdeckt.
    »Schau mal«, sagt Sarah, »der Party-Papa ist erwacht! Na, biste fit genug, um Brötchen zu holen? Hab dich extra länger schlafen lassen …«
    Ich reibe mir die Augen, nicke zustimmend und gehe mich anziehen. In meiner Hosentasche entdecke ich ein paar zerknitterte Geldscheine und begebe mich damit auf den Weg zum Bäcker, der glücklicherweise auch sonntags offen hat. Auf der Straße angekommen, entdecke ich meinen Vermieter auf seinem Balkon mit einer Satellitenschüssel in der Hand, die er offensichtlich an der Hauswand befestigen will. »Nu lasse misch«, ranzt er gerade seine Frau an, »du hast doch keene Ahnung von so wat!«
    Frau Graufuß schwirrt wie ein aufgescheuchtes Huhn um ihn herum. »Du tust dich och anstellen, wie wenn de zwee linke Hände haben tust!«
    »Hör uff jetze!« Mit der sperrigen Satellitenschüssel, die er mit beiden Händen hält, blickt er von der kleinen Leiter zu ihr herab.
    »Ick habbet dir doch jesacht«, motzt sie weiter, »dit wird nüscht alleene!« Beleidigt dreht sie ihm den Rücken zu, verschränkt die Arme und entdeckt mich. »Nee, kiek ma: der Herr Möller«, sagt sie erfreut und stupst ihren Mann dabei mehrfach mit dem Ellenbogen an. »Hallo Herr Möller!«, trällert sie fröhlich in den Hof, winkt mir mit dem Putzlappen zu und dreht sich wieder zu ihm. »Warum lässte dir eigentlich nie helfen?«, will sie energisch von ihm wissen und beantwortet auch gleich selbst ihre Frage: »Weil de ’n sturer Bock sein tust, deshalb!«
    Während sie mit ihrem Mann spricht, als sei er ein ungezogener Bengel, ist Frau Graufuß zu mir meist ganz nett – zumindest solange ich meinen Müll vorschriftsgemäß trenne.
    »Ob der Herr Möller mal so freundlich wäre?«
    Da ist sie endlich: meine Chance, mich bei den Graufußens unsterblich zu machen! Vielleicht hören sie dann auch auf, in unseren Abfällen herumzuspionieren.
    »Klar ist der Herr Möller so freundlich«, rufe ich nach oben und reibe mir demonstrativ den Bauch, »aber wär’s nach dem Frühstück auch in Ordnung?«
    Nickend verabschiedet sie sich von mir und befiehlt ihrem Mann, mit der Montage auf mich zu warten. Nach einem ausgedehnten Katerfrühstück mit Rührei und Speck sowie diversen Salami- und Käsebrötchen stiefele ich pappsatt und noch etwas müde, aber deutlich fitter als vorhin in den zweiten Stock. Dort befindet sich die Wohnungstür unserer Vermieter, an der ich bisher meist achtlos vorbeigelaufen bin – oder geschlichen, wenn ich vermutete, dass einer der beiden hinter der Tür lauerte. Tritt ein, bring Glück herein begrüßt mich die Kokosfasermatte, und als ich den Klingelknopf betätige, ertönen die ersten Takte von Für Elise in einem schrillen Piepton. Während des Wartens betrachte ich den saisonalen Türschmuck aus Herbstblättern und Kastanien und das handgetöpferte Namensschild, auf das mit weißer Farbe der Familienname gepinselt wurde. Hier ist alles blitzeblank, alles am rechten Platz und im rechten Winkel – sehr schön, denn nach der gestrigen Freak-Show tut mir ein bisschen Biedermeierei ganz gut.
    Als ich gerade ein zweites Mal klingeln will, höre ich schnelle Schritte von drinnen. »Komme schon«, trällert Frau Graufuß und öffnet mir dann freudestrahlend die Tür. Der Geruch von Filterkaffee, Teppichfliesen und Staubsaugerbeuteln schlägt mir entgegen. »Er weeß ja: ’ne alte Frau is keen D-Zuch!«
    Während ich nun schon wieder eine kleine Parallelwelt betrete, erinnere ich mich an die Nachbarin meiner Oma, die auch alle Menschen in der dritten Person angesprochen hat – das Berliner

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