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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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eher selten – um das Grundwasser nicht zu verschmutzen. Das Halstuch macht den Eindruck, noch nie mit Weichspüler in Berührung gekommen zu sein, und wird daher vermutlich jeden Moment auseinanderbröseln, und beim Anblick des rauen Pullovers juckt es mich schon jetzt am ganzen Körper.
    »Vegan?« Geierchen bekommt seinen Mund kaum noch zu. »Is dit ’ne Krankheit?«, fragt er und lacht krächzend.
    Weil Frau Herrmann auf die Provokation nicht eingeht, hakt er nach. Dabei ist er zwar sichtlich um Sachlichkeit bemüht, der Schalk im Nacken springt ihm jedoch fast von der Schulter. »Du isst also keen Fleisch?«
    Frau Herrmann schüttelt den Kopf.
    »Etwa ooch keene Wurst?«
    Dieses Spielchen scheint sie schon zu kennen, daher hört sie mit dem Kopfschütteln einfach nicht mehr auf.
    »Nichma ’ne Gans zu Weihnachten? Aber Fisch darfste, oder?«
    »Sind Fische denn keine Tiere?«
    Geierchen überlegt kurz, nickt dann und probiert es weiter. Doch egal, was er aufzählt – Frau Herrmann bleibt bei ihrer Antwort: kein Fleisch, egal von welchem Tier, keine Krusten- oder Schalentiere, keine Milch, kein Käse, keine Eier, nicht einmal Honig nimmt sie zu sich – denn der werde schließlich von Bienen hergestellt.
    Leicht entnervt lehne ich mich zurück und atme durch. Diese vermaledeiten Debatten zwischen Fleischfans und Tofuanhängern habe ich echt satt! Das Unschöne daran ist doch vor allem der moralinsaure Beigeschmack dieser Auseinandersetzungen – als könnte nicht jeder selbst entscheiden, wovon er sich ernährt. Außerdem ist es doch immer dasselbe: Die Teams treten gegeneinander an, spielen sich mit ihren Argumenten aus und gehen nach dem Spiel unentschieden vom Platz. Hoffentlich lässt sich so ein Fleischballderby heute noch vermeiden, denn der Fortschritt des Reformschulprojekts interessiert mich eigentlich viel mehr als Frau Herrmanns Gaumenreligion.
    »Ick sachet ja«, meint Geierchen und grinst mich an, »wo de hinkickst: Freaks!« Ohne meinen flehenden Blick wahrzunehmen, wendet er sich wieder an die Kollegin. »Und wat soll der Firlefanz?«
    Na super, Rolf – das war’s dann wohl. Kennst du denn nicht die wichtigste Regel im Umgang mit Pflanzenfressern? Frag sie nie nach ihren Motiven! Und erst recht keine Frau Herrmann, denn mehr als die klassische Moralschelte wird ja wohl nicht zu erwarten sein.
    »Es gibt drei simple Gründe«, sagt sie langsam und lehnt sich zurück. »Tierrechte, Umweltschutz und Gesundheit.«
    Und damit ist es so weit, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer: Die Partie ist eröffnet! Die gegnerischen Mannschaften haben sich im Innenkreis des Spielfelds versammelt und warten auf den Anpfiff. Für den 1. FC Tofu tritt an: die etwas behäbige und schlecht frisierte Frau Herrmann, bei der unklar ist, ob sich ihrem Team noch jemand anschließen wird. In der Mannschaft von Schweinerei United, meine Damen und Herren: die gefährlich charmante Chrissi, Alex Springer aus der Schulleitung und der ungeschlagene Rhetorikkönig: Rolf Geier! Von der Moderatorenkabine aus grüßt Sie ganz herzlich Philipp Möller, und als Schiedsrichterin betritt nun die Diplomatiekanone Frau Juhnke das Spielfeld.
    »Also fangen wir mal vorne an«, sagt die Rektorin nun etwas lauter und wartet einen Moment, bis auf dem Rasen Ruhe eingekehrt ist. Dann pfeift sie das Spiel an. »Sie meinen also, es wäre falsch, ein Tier zu schlachten, um davon satt zu werden?«
    Damit ist das Leder in Frau Herrmanns Spielfeldhälfte gelandet und rollt in Richtung Tor – doch schauen Sie nur, mit welch ungeahnter Leichtigkeit sie den Ball annimmt!
    »Satt werden können Sie auch von pflanzlicher Kost«, sagt Frau Herrmann entspannt und setzt dann zur Flanke an. »Das kann also schon mal kein Grund sein, ein Lebewesen zu töten.«
    Überrascht von diesem fulminanten Auftakt, sortiert sich das Team von Schweinerei United kurz und schickt Herrn Springer ins Tor. Mit dem Verweis auf wichtige Nährstoffe, die ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln enthalten seien, versucht er, den Ball noch aufzuhalten.
    »Wie können dann weltweit mehrere Millionen Veganer ohne Mangelerscheinungen leben?«, legt Frau Herrmann nach und bringt ihren Verein damit in die ungeahnte 1:0-Führung. Während das Publikum, das samt und sonders in den Vereinsfarben von Schweinerei United erschienen ist, höflich applaudiert, sprintet Chrissi mit dem Ball zum Mittelpunkt und setzt das Spiel fort.
    »Ach komm: Ab und zu mal so ’n Stück Fleisch«, sagt

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