Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)
einfach ignorieren, dass Pranaisten es schaffen, sich mehrere Jahre ausschließlich von kosmischen Partikeln zu ernähren.«
»Und du kannst ja auch einfach ignorieren«, gebe ich spitz zurück, »dass in den Neunzigern mehrere Menschen an dieser Null-Diät krepiert sind. Von daher esse ich lieber etwas mit Materie.«
Hätte ich eine Aura, dann würde ein Foto von ihr angesichts der absurden Theorien und Aussagen, mit denen ich in den letzten neunzig Minuten in Kontakt getreten bin, vermutlich Alarmstufe Rot zeigen. Kopfschüttelnd lasse ich den ayurvedischen Stand in der Fressmeile links liegen und bestelle eine gutbürgerliche Portion Pommes mit Ketchup. Mit der Sättigung kommt wieder bessere Laune auf, und so nutze ich meine Anwesenheit auf der Messe und lasse mich von Theresa gespannt durch die Hallen führen. Dabei begegnen wir zuerst einem Mann, der Energie-Klanglack für Fahrzeuge verkauft. Dieser soll eine ganze Liste von Verbesserungen mit sich bringen: Durch eine harmonischere Zusammenarbeit der Zylinder läuft der Motor ruhiger, wird leistungsfähiger und unempfindlicher gegenüber Außentemperaturen; die Bremsleistung wird optimiert; nicht nur die Farbe des Wagens ändert sich, sondern auch die Form; Strapazen bei längeren Fahrten gehen quasi auf null zurück, Stressaufladung entfällt dadurch komplett; die Türen schließen besser, und insgesamt nimmt das Fahrzeug an Wertigkeit zu. Aber am besten: Durch die Verbesserung des Sicherheitsgefühls ist konzentriertes Fahren ohne jegliche Anstrengung möglich! Der Fairness halber weist mich der Verkäufer darauf hin, dass sich der Lack erst nach fünfhundert bis tausend Kilometern mit der Fahrzeugseele verbunden hat, ich solle mich also nicht wundern, wenn die Effekte nicht sofort einträten.
Ein paar Stände weiter wird ein Konzept vorgestellt, das die Elementarwesen, die normalerweise nur von Kindern wahrgenommen werden, auch für Erwachsene wieder sichtbar macht. Wer sich also wieder wie in der guten alten Zeit mit Baumgnomen, Steinelfen oder Feuerwesen unterhalten will, der braucht bloß dieser Erziehungskunst der Waldorfpädagogik zu folgen. Man darf aber nicht erwarten, die Wesen im klassischen Sinne sehen zu können, da sie nur in ätherischen Bewegungsformen erscheinen.
Aha.
Was am nächsten Stand auf den ersten Blick wie ein schräger Werbeprospekt für eine altertümliche Erziehungsanstalt wirkt, entpuppt sich ein paar Meter weiter als Modell für den Umgang mit dem begabten Nachwuchs: Fällt ein Kind in besonderem Maße durch Weisheit oder auch durch Eigenwilligkeit auf, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Kind, dessen Aura indigoblau ist – die Farbe königlicher Hoheit. Die erleuchteten Kinder kommen bereits in diesem royalen Bewusstsein zur Welt, verhalten sich entsprechend und fallen in unserem überholten Schulsystem daher meist negativ auf.
Das erklärt natürlich so einiges …
Weil diese sogenannten Indigo-Kinder nicht nur Heilenergie erzeugen, Telepathie und Telekinese beherrschen, sondern auch mit geschlossenen Augen sehen können, werden sie die Menschheit schon bald in ein anderes Zeitalter führen – kein Wunder, denn eine Untersuchung der DNS dieser Indigokinder in den USA hat gezeigt, dass sich die Struktur ihrer Erbinformation von unserer herkömmlichen DNS gravierend unterscheidet.
Für einen Ex-Lehrer wie mich ist das schwer verdauliche Kost, und nach den fettigen Fritten mit der überzuckerten Tomatensoße dreht sich mir langsam der Magen um. Dabei kommt mir der nächste Stand sehr gelegen, denn hier werden Instrumente für die Darm-Hygiene angeboten. Zweimal täglich solle ich meinen Mastdarm und Afterbereich mit diesen Geräten spülen, erklärt mir ihr Erfinder, der sich mir in breitem Hamburgerisch als Fips Hansen vorstellt. Aufgrund einer staatlichen Verordnung habe er die Dinger jedoch von »Mister Einlauf« in »Wonnepumpe« umbenennen müssen.
»Meine sönste Entwicklung is allädings die hier«, näselt er und greift nach einer handelsüblichen Stichsäge. »Ich nenne sie: die Orgasmus-Massine.«
Mit aufgerissenen Augen betrachte ich das Gerät, an dessen Sägeblatt der Tüftler außen eine Kunststoffröhre gebastelt hat.
»Für einsame Stunden oder auch Spaß zu zweit!«
»Ich … verstehe nicht ganz, was man …«, stammele ich, doch als er sich das Teil zwischen seine Beine hält und mir durch seine getönte Brille zuzwinkert, schwant mir Übles. »Stecken Sie da wirklich ihren Penis
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