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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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wieder andere sind so liberal, dass sie sogar Frauen und Ausländer akzeptieren. Doch ob sie sich nun Corps oder Burschenschaften nennen, ob sie der Germania oder der Arminia angehören, Schwarzrotgold, Rot oder Weiß als Farbe tragen – die Werte der Urburschenschaft teilen die allermeisten: Freiheit, Ehre, Vaterland. Immerhin kann ich mich mit einem Drittel dieser Ideologie anfreunden, frage mich aber doch, welche Freiheit hier wohl konkret gemeint sein könnte.
    Einige prominente Männer der deutschen Geschichte und Gegenwart entstammen den strammen Reihen dieses meist frauenfreien Geklüngels. Einer von ihnen hat Deutschlands schnellstes Auto erfunden, der andere das teuerste. Im Namen des einen jungen Mannes werden noch bis heute Bohr- und Waschmaschinen gebaut, der nächste hat seinen guten Namen für Tütensuppen hergegeben. Ein anderer hat zehn Jahre lang erfolgreich dafür gesorgt, dass Bahnreisende regelmäßig zu spät kommen. Ach ja, fast vergessen: Ein besonders prominenter dieser Burschen ist sogar Chefredakteur Deutschlands meistverkaufter Tageszeitung geworden.
    Tolle Typen also, die sich zudem nicht zu schade sind, mit der Zugehörigkeit zur elitären Vetternwirtschaft auch noch zu prahlen. »Beziehungen schaden nur denen, die keine haben!«, konnte ich tatsächlich auf einer Homepage lesen, auf der man auch die Kriterien für die Anmietung eines Zimmers im Verbindungshaus erfährt: Deutsch, männlich und bereit, akademisches Fechten zu lernen, mit dem man seine Furcht vorm Leben besiegen kann.
    Gruselig!
    Mit den Worten »In fünfzig Metern, Sie haben Ihr Ziel erreicht« reißt mich die Stimme meines Navis aus den Gedanken und beendet damit meine Fahrt zum Burschenpalast. Noch ahne ich nicht, dass dies für heute die letzte Frauenstimme sein wird, die meine Ohren erreicht.
    Vor einer wunderschönen, wegen ihrer Größe aber doch etwas bedrohlich wirkenden Jugendstilvilla parke ich meinen quietschblauen Golf und steige aus. Die dunkelroten Ziegelsteinmauern werden von pompös gerahmten hohen Fenstern durchbrochen, in der Mitte des Bauwerks erstreckt sich im Halbrund eine von Säulen eingeschlossene Veranda, deren Dach im zweiten Stock des Hauses einen Balkon bildet. Beeindruckt hole ich meinen kleinen Rollkoffer aus dem Wagen und nähere mich der Eingangspforte. Auf den Steinsockeln, die das gusseiserne Tor des Zauns halten, sitzen zwei Löwen mit erhobener rechter Tatze, den steinernen Blick in die Ferne gerichtet. Das goldene Schild an einer der Säulen trägt das Wappen, das ich auch auf der Einladung zum Vortrag entdeckt habe, und darunter kann ich in merkwürdig geschwungener Schrift nur mit Schwierigkeiten den sonderlichen Namen der Verbindung entziffern.
    Noch bevor ich den Klingelknopf betätigen kann, ertönt der Summer. Unter einigem Kraftaufwand öffne ich das schwere Tor und laufe über den mit Kies bedeckten Weg durch einen aufgeräumten Garten, in dessen Ecke ein etwas buckliger Gärtner das letzte Tageslicht für seine gründliche Arbeit nutzt.
    »Gott zum Gruße!«, ruft plötzlich ein junger Mann von der Eingangstür und kommt sicheren Schrittes über die breite Treppe auf mich zu. Seinen Anzug und die lustige Schaffnermütze kenne ich ja bereits aus dem Internet. Gut, dass ich mich auch entsprechend gekleidet habe – oder sollte ich sagen: ver kleidet?
    »Guten Abend«, stelle ich lächelnd richtig und schüttele ihm die Hand, die er für meinen Geschmack viel zu kräftig und lange drückt. Daraufhin bittet er mich ausgesprochen höflich herein. In der mit dunklem Holz vertäfelten Halle führen auf beiden Seiten breite geschwungene Treppen auf eine Galerie, in deren Mitte sich eine massive Flügeltür befindet. Auf beiden Seiten der Pforte hängen Fotos und Gemälde vergangener Zeiten, auf denen Herren mit Bärten, Pickelhauben und verschiedenen Abzeichen an der Brust zu sehen sind. Es riecht nach Holzpolitur, Zigarren und deftiger Hausmannskost. Überwältigt von diesem Stillleben wandert mein Blick erst einen Moment später nach unten, wo zwischen den beiden Treppen im Zentrum des Raumes eine antike dunkelgrüne Ledercouch steht. Auf ihr liegt ein schlafender Mann, dessen Bauch sich im Rhythmus seines Schnarchens auf und ab bewegt. Weil er auf dem Rücken liegt, haben sich Hemd und Unterhemd aus dem Griff seiner Hose befreit und geben den Blick auf den beachtlichen und behaarten Wanst frei. Zu seinen Füßen schlummern zwei Deutsche Doggen, die bei meinem Anblick gleichzeitig

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