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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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Konfiguration ausschaut, hat er nur empfangen – oder abgehört, wie Sie wollen .«
    »Aber was konnte er damit abhören ?«
    »Gute Frage, da blicken wir nicht durch. WLAN hat höhere Wellenlängen, die Mobilfunknetze passen auch nicht, die Frequenz des D-Netzes liegt drunter, die des E-Netzes ist zu hoch für die Anlage. Die Antenne ist dimensioniert für ein Frequenzband, das eigentlich nur vom Amateurfunk genutzt wird. Aber um den abzuhören, brauchte er keinen Empfänger mit so einer starken Richtwirkung. Damit können Sie ja ein Walkie-Talkie empfangen, das vom Mond sendet. Ich kann mir da keinen Reim drauf machen. Und dazu noch diese automatische Nachführung mit dem Drehteller, könnte die Montierung eines astronomischen Teleskopes sein .«
    Rünz sinnierte, welcher Geheimdienst eines westlichen Industrielandes Interesse hätte an einer Information, die man mit einem Regenrohr aus dem Baumarkt abhören konnte. Er dachte an die Aussagen Rossis ehemaliger Chefin im ESOC und musste ihr im Nachhinein recht geben – der Italiener hatte ganz offensichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank gehabt. Vielleicht hatte er sogar selbst gezündelt, bevor er zu seinem Treffen auf dem Knell-Gelände aufgebrochen war – ein Paranoider, der keine Spuren hinterlassen wollte.
    Das ganze elektronische Equipment mitten im Hundertwasserhaus amüsierte Rünz. Rossis Aktivitäten mussten den Makrobioten in der Nachbarschaft verborgen geblieben sein – sonst hätte ihnen der Elektrosmog sicher eitrige Pusteln bereitet.
    »Was ist mit Unterlagen, privaten Dokumenten, Aufzeichnungen, Kontoauszügen ?«
    »Feuer und Wasser sind eine denkbar schlechte Kombination, wenn es um die Erhaltung von Papier geht. Vielleicht können wir ein paar Sachen rekonstruieren, aber das wird dauern .«
    »Und Datenträger, CDs, DVDs, Disketten ?« , fragte Rünz.
    »Ein angekokelter USB-Stick. Wir werden im Labor sehen, ob sich Daten auslesen lassen .«
    Einen Schritt rückwärts Richtung Raummitte gehend, blieb Rünz mit der Ferse an einem schweren Gegenstand hängen, der ihn fast zu Fall brachte. Er bückte sich. Eine schwarz verrußte Platte, wie ein angekohltes Küchenbrett. Er versuchte, eine Seite mit dem Kugelschreiber anzuheben, und war überrascht über das hohe Gewicht. An einigen Stellen war die Rußschicht abgewischt, Myriaden kleinster Schriftzeichen darunter sichtbar. Er zog sich einen Latexhandschuh an und strich mit der Spitze des Zeigefingers über die Oberfläche. Hauchfeine Unebenheiten, die Zeichen waren nicht aufgedruckt, sondern in unendlich mühsamer Kleinarbeit eingraviert.
    »Was ist das hier für ein Briefbeschwerer? Haben Sie den schon untersucht ?«
    Habich schloss die Klappe ihres Laptops und begann ihre Ausrüstung einzupacken.
    »Habe vor zwei Stunden ein paar Fotos davon mit der Digicam gemacht und nach Wiesbaden gemailt. War eine richtig schöne Knobelei für die Kollegen. Das ist eine alte ägyptische Stele, besser gesagt eine Kopie davon. Aber eine ziemlich gute, sogar das Originalmaterial wurde verwendet – Gabbro, ein grobkörniger Magmatit, finden Sie auch hier im vorderen Odenwald. Das Original dieser Stele ist über zwei Meter hoch und steht im Britischen Museum in London. Hat einer von Napoleons Offizieren 1799 im Niltal gefunden. Die Tafel hat eine Schlüsselrolle bei der Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen gespielt, der Text ist ein Dekret ägyptischer Priester, übersetzt in demotische Schrift und griechisches Alphabet. Die ideale Langenscheidt für Ägyptologen. Das Original stammt aus dem Jahr 196 vor Christus. Premiumkopien wie diese können Sie in Kairo im gehobenen Antiquitätenhandel erwerben. Jetzt wollen Sie wahrscheinlich wissen, wann und wo welcher von den 80 Millionen Ägyptern dieses Souvenir verkauft hat ?«
    Rünz ließ fasziniert die Fingerkuppe über die Schriftzeichen gleiten. Habich ging neben ihm in die Hocke. Sie hatte einen dezenten Lippenstift aufgelegt und schien Parfüm zu benutzen, zum ersten Mal seit Beginn ihrer Zusammenarbeit.
    »Die Archäologen nennen ihn den ›Stein von Rosetta‹ .«

     

     
    * * *

     

     
    Das Kontrastmittel schmeckte weniger unangenehm, als er befürchtet hatte, eine leicht süßliche Zitronennote. Um keinen Durchfall zu riskieren, sollte er die Einnahme über anderthalb Stunden verteilen. Anderthalb Stunden in einem Wartezimmer im Hospital, und er hatte nicht einmal die aktuellen Ausgaben von ›Caliber‹ und ›Visier‹ mitgenommen. Mit

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