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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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freche Frauenromane von Ildikó von Kürthy lasen. Über den Resten einer Stereoanlage hing ein Poster an der Wand, ein Schwarz-Weiß-Negativ ohne nennenswerte Brandspuren. Rünz ging hin und berührte es, eine Metallplatte mit dem eingeätzten Antlitz des US-Softrockers Jon Bon Jovi. Auf dem Hi-Fi-Rack darunter fand er die verkohlten Überreste einer ganzen Devotionalienhandlung zu Ehren des blonden Weichspülers, Kaffeetassen, Stifte und Schlüsselanhänger.
    Feuer und Löscharbeiten hatten einige Verwüstung angerichtet, die Brandbekämpfer hatten auf der Suche nach Glutnestern sämtliche Schränke, Schubladen und Fächer geöffnet und durchwühlt – unmöglich zu rekonstruieren, ob hier irgendjemand etwas gesucht und gefunden hatte. Rossi schien in der Wohnung seiner Freundin kaum Spuren hinterlassen zu haben – bis auf eine Arbeitsplatte auf Holzböcken nahe der Balkontür, auf der allerlei verschmurgeltes elektronisches Gerät stand. Wahrscheinlich das Technikzeugs, von dem seine Freundin gesprochen hatte.
    »Schau mal an«, murmelte Habich.
    »Was gefunden?«

»Nach über 20 Tagen ist natürlich nicht mehr allzu viel zu erwarten an leichtflüchtigen Substanzen. Aber wir haben hier eindeutig ein hübsch komplexes Gemisch aus über 100 leichten Kohlenwasserstoffen, Aromatenanteil unter 25 Prozent .«
    »Gibt’s das auch auf Datterich-Niveau ?«
    »Universalverdünnung, Testbenzin, Terpentinersatz – nennen Sie es, wie Sie wollen. Wird als Verdünner für Farben und Lacke in jedem Baumarkt verkauft. Ist für Low-Level-Pyromanen, denen nichts Raffinierteres einfällt, die erste Wahl. Was ist eigentlich mit der Katze ?«
    »Welche Katze?«
    »Der ganze Boden ist voll von Tonmineralien, Bentonitkügelchen, überall verstreut. Kenne keinen anderen Verwendungszweck für eine Wohnung als Streu für ein Katzenklo .«
    »Die Mieterin hat mir nichts von einem Haustier erzählt .«
    Rünz machte einen Rundgang und suchte nach Überresten von Näpfen, Whiskas-Dosen und Kratzbäumen, ohne Erfolg. Nach einigen Minuten stand er wieder am Ausgangspunkt und betrachtete Rossis Arbeitsplatz. Eine der Strippen an den Rückseiten der Geräte führte von der Arbeitsplatte weg, die Kupferadern lagen frei, die geschmolzene Isolation hatte einen breiten Pfad in den Teppichboden gebrannt, der zu einer Nische neben der Balkontür führte. Rünz folgte dem Kabel, schob einen verkohlten Bilderrahmen zur Seite und fand in der kleinen Ecke eine seltsame Apparatur, deren Sinn sich ihm nicht erschloss. Auf einem parabolförmigen Drehteller mit elektrischen Stellmotoren stand ein graues Kunststoffrohr von anderthalb Metern Länge und vielleicht einer Handbreit Durchmesser, in 15 oder 20 Windungen vom Sockel bis zum Ende mit einem kräftigen Metalldraht spiralartig umwickelt. Die ganze Maschine war auf Rollen montiert, Druckspuren in den Teppichresten deuteten darauf hin, dass sie immer wieder aus der Nische heraus zur Balkontür gezogen worden war. Die kleine Anlage hatte den Brand relativ unbeschadet überstanden, lediglich das PVC-Rohr war unter der Hitzeeinwirkung etwas deformiert. Das Ganze glich einer im Weltraumkampf ramponierten Strahlenkanone aus der Requisite alter Flash-Gordon-Filme.
    »Was ist das hier für eine Anlage ?«
    Die Technikerin packte ihr Spektrometer ein.
    »Gute Frage. Das Rohr vorn ist eine Antenne, eine Helixantenne, um genau zu sein. Das Ding ist eine Eigenkonstruktion, Sie brauchen nicht viel mehr als ein Kunststoffrohr und etwas Kupferdraht. Mit dieser Bauart und Größe können Sie elektromagnetische Strahlung in Frequenzbereichen von 0,3 bis drei Gigahertz empfangen. Die hier hat einen Durchmesser von sieben Zentimetern, ist berechnet für eine Wellenlänge von gut 20 Zentimetern .«
    »Und das ganze Zeug auf dem Tisch?«
    »Die Antenne war über ein Koax mit dieser Blechbox verbunden, ein einfacher Vorverstärker mit externer Spannungsversorgung, Bandbreite 40 Megahertz, 28 Dezibel Signalverstärkung. Vom Ausgang führt eine SMA-Strippe zu diesem Kasten. Das war mal ein Spectrum Analyzer, nicht ganz billig, die Dinger kosten schon ein paar Tausend Euro. Na ja, und der Analyzer war über dieses RS232-Interface wahrscheinlich mit einem Notebook verbunden, jedenfalls hätte der Platz hier auf der Arbeitsplatte gerade für einen Laptop ausgereicht .«
    Rünz fühlte sich, als erläuterte ihm eine Mediamarkt-Mitarbeiterin die Features der brandneuen Plasmafernseher-Generation.
    »Also kein Sender?«
    »So wie die

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