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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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Hovens Geschmack, vielleicht konnte Rünz seinen Vorgesetzten überreden, sich dort zu bewerben.
    Den gesamten Mailanhang speicherte er auf seiner Festplatte und startete auf gut Glück einen Textsuchlauf mit dem Begriff ›Rosetta‹. Das Ergebnis: ein gutes Dutzend Pressemitteilungen und Fachbeiträge. Die ORION Consult schien europäischer Marktführer zu sein, was Simulationssoftware für Weltraummissionen anging. Sie programmierten im Auftrag des ESOC oder der NASA komplette digitale Repräsentationen von Satelliten, mit denen die Bodenmannschaften trainieren und alle Eventualitäten und Notfälle durchspielen konnten. Für die ESA-Missionen Mars Express und Rosetta, die beide auf der gleichen technischen Plattform entstanden, hatte ORION ein Simulationspaket entwickelt und implementiert, mit großem Erfolg, wenn man der Marketingabteilung des Unternehmens glauben mochte. Aber wem mochte man noch glauben?

     

     
    * * *

     

     
    Wenn in Frankfurt irgendein neuer Gastro-Trend die Banker in ihren Mittagspausen aus den Bürotürmen lockte, dann kam das Phänomen stets mit höchstens zehn oder 15 Jahren Verspätung auch in Darmstadt an – allerdings in einer auf Datterichniveau heruntergebrochenen Spar- und Discountversion. Wahrscheinlich würde irgendwann in den nächsten Jahren ein bauernschlauer Heiner im Souterrain seines Reihenhauses in der Heimstättensiedlung eine jemenitische Teestube eröffnen, in der gestresste T-Systems-Programmierer Kath-Blätter kauten.
    Das neue Sushi-Restaurant in der Rheinstraße war allerdings nicht nur weit jenseits von Hovens Niveau, die Inneneinrichtung verursachte selbst Rünz, den Geschmacks- und Stilfragen selten beschäftigten, ästhetisches Magengrummeln. Sperrholzplatten mit billigstem Holzdekor, die Kanten lieblos mit Holzleisten zugenagelt, ein paar Reispapierfenster, Karikaturen japanischer Stilelemente. Eine Toilettenanlage in der New Yorker U-Bahn konnte kaum ungemütlicher sein. Warum hatte er Rünz und den Staatssekretär nicht standesgemäß in den Orangeriegarten eingeladen? Der Kommissar starrte minutenlang auf das Trichinen- und Nematodendefilée, ein endloser Strom von rohen Fischstückchen, Muscheln, Krabben, gerösteter Fischhaut und Tintenfischringen, in kleinen Schälchen auf einem Förderband, wie die Landungsboote der Amerikaner am Omaha Beach, präpariert für den vernichtenden Schlag auf das menschliche Verdauungssystem. Dann hatte er die Lösung. Hoven hielt diesen Laden für authentisch. Er war wahrscheinlich all der gestylten Frankfurter Sushi-Bars überdrüssig, in denen von der Speisekarte bis zur Klospülung jedes Detail von subtilen Anspielungen auf japanische Ess- und Lebenskultur geprägt war, Läden, die japanischer waren als Japan, ersonnen und entworfen von polyglotten jungen Innenarchitekten mit verwuschelten Haaren und Brillen im 16:9-Format. Aber das hier, das erschien Hoven wohl in all seiner Schäbigkeit echt.
    Den Ministerialbeamten schien das Interieur nicht zu interessieren, er hatte das All-you-can-eat-Menü zu 8,90 Euro geordert und lud sich den Inhalt einer Schale nach der anderen auf den Teller. In den feisten Wangen des Pyknikers arbeiteten mächtige Kaumuskeln, er machte alles in allem den Eindruck eines Mannes, der einige Evolutionsstufen übersprungen hatte. Wenn er zufällig auf eine Meeresfrucht traf, mit der er nicht recht umzugehen wusste, schob er sie zur Seite. So hatte er bald einen hübschen Dekorkranz verschmähter Muschel- und Krabbentiere am Tellerrand.
    »Ihr Chef hat mir von Ihrem Fall erzählt, der tote ESOC-Mitarbeiter. Tut mir leid wegen Ihrer Kollegin .«
    »Ach ja?«
    Wurden laufende Ermittlungen jetzt mit dem Wirtschaftsministerium besprochen? Hoven schaltete sich ein.
    »Das Land Hessen und die Stadt Darmstadt sind äußerst interessiert an allen Aktivitäten rund um das ESOC. Die Stadt versteht sich als Hotspot im Bereich Research & Development und supported konsequent die Companies in dieser Line of Business. Darmstadt ist hervorragend aufgestellt im Wettbewerb um Unternehmen, die Cutting-Edge Technologies entwickeln .«
    Der Mann ausWiesbaden versuchte mit vollem Mund zu sprechen.
    »Nehmen Fie fum Beifpiel daf neue Galileo Gründerfentrum. Daf Land Heffen – Ihr Arbeitbeber – fteckt fuwammen mit ber European Fpafe Awenfy 1,1 Millionen Euro in diewew Projekf. Da hängen über fauwend Hightef-Jobf im ganfn Rhein-Main-Gebiet dran. Daf Ding wird ein Inka-, ein Inkobu-, ein Inku-«
    »Ein

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