Binärcode
stellen, die Sie im Rahmen Ihrer Fallbearbeitung gesammelt haben. Damit wir uns verstehen, ich spreche von den Originalen, nicht von Kopien. Könnten Sie das bitte heute noch für uns in die Wege leiten ?«
Ein als Bitte verkleideter Befehl. Rünz brummelte und grunzte. Der Mann von der Forschungsgesellschaft hatte bislang kein Wort gesagt und schien nicht die Absicht zu haben, sein Schweigen zu brechen. Er gab Klöber lediglich ein Handzeichen, wie um ihn an etwas zu erinnern. Klöber apportierte.
»Diese Aufforderung erstreckt sich auch und insbesondere auf jegliche Form digitaler Daten, die Sie im Lauf Ihrer bisherigen Ermittlungen sichergestellt haben. Des Weiteren erwarte ich eine vollständige und umfassende Aufstellung aller Personen, Dienststellen und Institutionen, die Zugang zu diesen Daten hatten oder sie per Mail oder auf Datenträgern erhalten oder Ihnen zugesendet haben .«
Rünz starrte den Wissenschaftler an, eine hagere Bohnenstange mit völlig kahlem Schädel und walserschen, buschigen Augenbrauen. Der Mann schaute wieder mit routiniertem Altherrengestus aus dem Fenster, aber irgendetwas an dieser Zurschaustellung überlegener Seniorität stimmte nicht. Dieser Mann versuchte, eine innere Unruhe zu verbergen, und Rünz hätte jeden Betrag darauf gewettet, dass es dabei um professionelle Begeisterung ging, um unstillbare Neugier auf irgendetwas, das mit diesen Daten zusammenhing.
Er nahm sich zusammen und ließ sich von der Runde Instruktionen geben für die Details der Fallübergabe. Reumütig und schüchtern saß er da, wie ein Pennäler vor dem Schuldirektorat. Aber tief im Herzen des geknechteten südhessischen Polizeihauptkommissars glomm sie, die Glut des Widerstandes, wie ein kleines ewiges Feuer. Er würde es ihnen allen noch zeigen.
* * *
Nicht bei Vereinskollegen, nicht bei engen Freunden oder Verwandten, nicht in Darmstadt. Klare telefonische Anweisungen, und wenn Stadelbauer sich daran hielt und ein paar Tage untertauchte, dann war er erst mal aus dem Schussfeld. Den IT-Nerd konnte er nicht erreichen, und mit seiner Frau würde er später sprechen. Prioritäten setzen. Alles zu seiner Zeit. Wedel stand in Rünz’ Büro und schaute ihn mit den neugierigen Augen eines Kindes an.
»Ihre Frau hat schon dreimal angerufen, sie hat die Kollegen vor ihrem Haus bemerkt .«
Rünz reagierte nicht.
»Was wollten die von Ihnen, Chef ?«
Rünz musste sich etwas Zeit verschaffen, eine Pause zum Nachdenken.
»Bei Bad Godesberg muss es irgendeine Forschungsgesellschaft geben, FGAM oder so ähnlich, keine Ahnung, wo das liegt und was das ist, googeln Sie das bitte mal nach .«
Wedel verschwand im Nebenzimmer und klackerte ein paar Sekunden auf seiner Tastatur.
»FGAN heißt der Verein, Forschungsgesellschaft für angewandte Naturwissenschaften. Die machen Grundlagenforschung mit Schwerpunkt auf wehrtechnisch relevanten Themen, oft in Kooperation mit Hochschulen, Industrie und anderen Forschungseinrichtungen. Eigentlich sind das drei Institute unter einem Dach. Wachtberg ist korrekt, liegt südlich von Bonn, da arbeiten sie an Hochfrequenzphysik, Radartechnik und Informationssystemen. Und in Ettlingen gibt es noch ein Institut für Optronik und Mustererkennung. Der ganze Laden soll in Zukunft in die Fraunhofer-Gesellschaft integriert werden. Fraunhofer – sitzen die nicht auch hier in Darmstadt? Wie hieß denn der Kerl ?«
»Keine Ahnung, Bormann oder so ähnlich.«
»Dr. rer. nat. Ralf Bormann, ist der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, was wollte der denn von Ihnen ?«
»Gar nichts, hat einfach nur schweigend dagesessen und sich angehört, wie die mir meinen Fall wegnehmen. Ist scharf auf Rossis Daten .«
Ein paar Sekunden hörte Rünz nur Klackern aus dem Nebenraum, dann fing Wedel fast unhörbar an zu murmeln, wie in ein Selbstgespräch versunken.
»Was ist los mit Ihnen, haben die Lilien einen neuen Trainer ?«
»Die kooperieren mit der ESA. Außerdem forschen die an einem deutschen Satellitenaufklärungssystem, SAR-Lupe heißt das Ding. Wussten Sie, dass wir uns so was leisten ?«
Rünz reagierte nicht auf die Frage. Wedel kam aus dem Nebenzimmer und fand seinen Vorgesetzten abwesend aus dem Fenster starrend.
»Sind wir noch im Spiel, Chef ?«
»Warum fragen Sie ?«
»Bunter ist im Moment in der Kasinostraße und spricht mit einem Gebrauchtwagenhändler. Die Kollegen von den Eigentumsdelikten sind in der Fahndungsliste auf Stavenkow gestoßen. Der
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