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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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– aber sein Fuß fand unter der Wasseroberfläche keinen Halt. Er sank tiefer und tiefer, hatte sich schon viel zu weit nach vorn gebeugt, um das Bein noch einmal zurückzuziehen, und mitten in der Bewegung wurde ihm bewusst, dass er nicht vor einer Pfütze, sondern vor einem randvoll gefüllten Becken mit unbekannter Tiefe stand. Instinktiv zog er das zweite Bein nach, um nicht der Länge nach in den Pool zu fallen. Mit Mühe blieb er in der Vertikalen und stand schließlich mit erhobenen Armen bis zur Hüfte in eiskaltem Wasser.
    »Scheiße !!!«
    Hinter dem Mauerdurchbruch raschelte es.
    »Herr Rünz? Sind Sie das? !«

     

     
    * * *

     

     
    »Warum haben Sie nicht gleich unten an der Heidelberger Straße ein Hinweisschild aufgestellt? Damit hätten Sie den Jungs die Anfahrt erleichtert .«
    Stadelbauer reagierte nicht.
    »Haben Sie einen von denen gesehen, haben Sie gehört, wie sie sich unterhalten haben ?«
    Schweigen.
    Rünz stand auf der Beobachtungsplattform, eine Gummimatte unter den Füßen, und versuchte, seine Hosenbeine über einem Eimer auszuwringen. Der nasse Baumwollstoff seiner langen Feinrippunterhosen klebte faltig an seinen dürren Stelzen wie die Haut einer alten Fleischwurst. Der Tinnitus hatte nachgelassen, aber die Stirnwunde bereitete ihm starke Kopfschmerzen. Er hoffte jedenfalls, dass die Wunde die Ursache war. Wenigstens hatte der kalte Schnee die Blutung gestillt. Stadelbauer war nicht ansprechbar. Wie ein Besessener versuchte er, die Teleskope und Geräte mit Klopapier vom schmelzenden Schnee zu befreien. Irgendwo hatte er einen Föhn aufgetrieben, mit dem er die elektronischen Innereien zu trocknen versuchte. Er hatte einen Schock und brauchte etwas, worauf er sich konzentrieren konnte.
    »Was ist das für eine alte Anlage hier neben der Sternwarte ?«
    »Ein alter Wehrmachtsbunker. Bis Kriegsende war hier oben die Luftwaffe mit einem Nachtjägerleitstand stationiert. Den vorderen Teil, in dem Sie gebadet haben, nutzt heute die Feuerwehr als Löschwasserreservoir .«
    Jetzt nicht mehr, dachte Rünz und kippte einen guten halben Liter Wasser aus seinen Stiefeln in den Eimer.
    »Hören Sie«, sagte Rünz, »Sie müssen sich in Zukunft genau an meine Anweisungen halten, das ist wichtig, es geht um Ihre Sicherheit .«
    »Oh, danke, Herr Rünz. Bei Ihnen fühle ich mich so sicher wie ein Baby bei Michael Jackson .«
    Pausenlos murmelte Stadelbauer vor sich hin, die immer gleichen unverständlichen Fachtermini.
    »Was wispern Sie da andauernd ?«
    Der Astronom schreckte auf, er schien langsam wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden.
    »Das Signal, wir haben es entschlüsselt, zum größten Teil jedenfalls. Es ist eine Art Kino, elementares 3D-Kino, gleichzeitig eine Warnung, so etwas wie ein Notfallvideo …«
    »Eine Warnung vor wem oder was?«
    »Im Prinzip besteht das ganze Datenpaket auf den RFID-Chips aus drei Teilen. Teil eins ist die Arecibo-Message, die kennen Sie schon. Der zweite Teil ist das eigentliche Signal, Werner, mein Freund vom IGD, arbeitet mit ein paar Kollegen seit Tagen dran, er sagt, er steht kurz vor der Lösung. Ich wollte gerade aufbrechen zu ihm, als die Typen unten reinkamen. Um Teil drei habe ich mich gekümmert, nur eine Handvoll Bits, zehn Zahlen, eine Art Impressum für das eigentliche Signal, stammt mit Sicherheit auch von Rossi – warten Sie mal, ich zeige es Ihnen …«
    Stadelbauer wühlte in einem Haufen tropfnasser Notizblätter auf einer der Arbeitsplatten. Er fand die Seite, die er suchte, und klatschte sie an den Metalldeckel des Sicherungskastens. Rünz versuchte, das Gekritzel aus zerlaufener Tinte zu entziffern.
    000010010111
    1420,4058
    2,8612
    2,7296
    2,9928
    0,0460
    1,375
    4
    306
    8
    Rünz starrte ratlos frierend auf die Zahlen.
    »Fangen wir mit der ersten Zeile an. In Washington D. C. sitzt das CCSDS, das Consultative Committee for Space Data Systems, eine internationale Organisation, die koordinieren den globalen Datenverkehr mit Raumfahrzeugen, definieren Kommunikationsprotokolle, damit nichts durcheinanderläuft. Diese Organisation vergibt seit 20 Jahren eine Spacecraft Identification, kurz SCID, an jedes Raumfahrzeug, das die Erdatmosphäre verlässt. Die ganzen Nummern dienen der Identifikation im Datenverkehr und werden vom Goddard Space Flight Center in Maryland zentral verwaltet. Die Nuller-Einser Kombination in der ersten Zeile ist sozusagen das amtliche Kennzeichen, das Nummernschild der Rosetta-Sonde. Können Sie alles im

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