Binding, Tim
Bushaltestelle
stehen sehen, wie sie sich die Augen ausweinte. Sie hatte Zoff mit Ted gehabt,
war runter in die Bucht gegangen, um sich zu beruhigen, und hatte den Bus nach
Wool verpasst. Sie musste dringend nach Wool, meinte sie. Sie war hysterisch,
völlig außer sich. Ich hab mir Sorgen gemacht.«
»Sorgen? Du? Um Miranda?«
»Sie wollte wissen, ob du da bist und sie zum Bahnhof fahren
könntest. Ich hab gesagt, wahrscheinlich ja. Also sind wir hierhergekommen.«
»Du auch?«
»Ich dachte, du hättest zur Flasche gegriffen, um dir einen
anzusaufen. Aber du warst nicht da. Also hab ich sie hingefahren und bin dann
gleich wieder zurück. Den Rest kennst du.«
»Und das hat dich in Stimmung gebracht? Ich glaub dir
nicht. Welchen Zug hat sie genommen?«
Ich stand über sie gebeugt, bereit, sie erneut in die Mangel
zu nehmen. Es war der Augenblick der Wahrheit.
»Ich hab ihr nicht zum Abschied gewinkt, Al. Ich hab sie
einfach abgesetzt, froh, sie von hinten zu sehen.«
Ich hielt ihr meine Hände vors Gesicht, sodass sie die Fingernägel
sehen konnte.
»Audrey, wenn du nicht mit der Lügerei aufhörst, dann
ertränke ich dich hier und jetzt, das schwör ich dir. Du hast sie nicht am
Bahnhof abgesetzt. Es hat jemand auf sie gewartet, aber sie ist nicht
gekommen. Sie wollten zusammen durchbrennen, Audrey. Deshalb war sie so
aufgewühlt. Sie hatte den Bus verpasst. Sie würden den Zug verpassen. Was ist
passiert, Audrey? Du wolltest sie zum Bahnhof bringen, aber du hast es nicht
getan. Was ist passiert? Was ist passiert?«
Ich machte Anstalten, sie erneut unterzutauchen. »Ich hab
dich gesehen!«, schrie sie.
»Was?« Ich erstarrte in der Bewegung, eine Art Panik stieg
mir ins Gesicht. »Mich gesehen? Was meinst du mit, mich gesehen?«
»In ihr, so klar und deutlich, als stände es ihr auf die
Stirn geschrieben, ihre Stimme, das kleine Zucken im Mundwinkel, dein Bastard,
deine Tochter, wie sie da neben mir saß, mit ihrem Haar gespielt hat, als gäbe
es keine Geschichte zwischen uns. Ich hab versucht, mich am Riemen zu reißen,
nicht an all die demütigenden Jahre zu denken, dass das halbe Dorf Bescheid
wusste, hab über das Wetter geredet, wie mies es war. Wir sind am Rastplatz
vorbeigekommen. Weißt du, was sie da gesagt hat, mit so einem dreckigen
Grinsen im Gesicht und die Augenbrauen so hochgezogen, wie du das immer
machst? Weißt du, was sie gesagt hat? >Du solltest mehr aus dir rausgehen,
Audrey. Ein bisschen leben!< Genau dasselbe, was du gesagt hattest, keine
zehn Minuten davor. Zwanzig Jahre hatte ich das ertragen. Jetzt ging es nicht
mehr. >Ein bisschen leben!< Ihr zwei. >Ein bisschen leben!<«
Sie fing an, aus vollem Halse zu schreien, zumindest
glaube ich, dass sie das tat, denn es vermischte sich alles mit den Polizeisirenen
und dem Knallen von Türen, während Schnüffelnase aus ihrem Fenster brüllte,
eine Schrotflinte auf mich gerichtet, und Gaynor angerannt kam und zwei
Topfdeckel aneinanderschlug. Ich lief den Pfad hinunter, durchs Haus. Adam
Rump stürmte den Pfad hinunter, gefolgt von Dave Stone und einer Schar anderer.
Ich riss die Tür auf.
»Adam. Gott sei Dank, dass Sie da sind. Ich hätte sie umgebracht.
Echt. Ich hätte sie umgebracht.«
Dave Stone stürzte sich auf mich, wirbelte mich herum,
sodass ich mit dem Kopf gegen die Granathülse knallte, packte dann meine
Handgelenke, um sie mir auf den Rücken zu ziehen und mich in Handschellen zu
legen. Er stieß mich gegen die Wand. Adam Rump stellte sich vor mich, sein
Gesicht wie ein Steinblock.
»Alan Greenwood. Sie sind vorläufig festgenommen. Sie
stehen unter Verdacht, Miranda Grogan am 23. September 2007 entführt und ihr
schwere Körperverletzungen zugefügt zu haben. Sie müssen keine...«
»Was soll das? Ich hab nichts damit zu tun.«
Er überging mich, spulte weiter sein Sprüchlein ab und
wedelte mit Gerichtsbeschlüssen, während sich Polizisten an ihm vorbeischoben.
Ich versuchte, ihn zur Einsicht zu bringen, aber umsonst. Audrey wurde vom
Garten hereingeführt, das Gesicht grün und blau.
»Fragen Sie sie«, sagte ich. »Fragen Sie sie.«
»Was soll er mich fragen?«
»Miranda Grogan, Mrs Greenwood. Wir haben Informationen,
die den Verdacht nahelegen, dass Ihr Mann mit ihrem Verschwinden zu tun hat.«
»Miranda? Deine Patentochter. Nicht sie auch noch, Al.«
Zuerst durchsuchten sie meine Taschen. Dave Stone atmete
mir ins Gesicht, die Nasenflügel aufgebläht, als würde er mich gern windelweich
schlagen,
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