Binding, Tim

fixiert, den sie manchmal hat. >Ich muss dir was sagen<, hat sie
gesagt. >Erstens, das mit mir und Kim.<«
    »Das mit mir und Kim, das hat sie gesagt?«
    »Wortwörtlich. >Du musst dir keine Sorgen machen,
Dad<, hat sie gesagt. >Diesmal ist es für immer.< Und ich hab ihr in
die Augen gesehen, und die lächelten, überglücklich, und ich dachte, sie war
mit ihm zusammen, deshalb kuckt sie so. Sie war mit ihm zusammen. Und da wurde
ich richtig...«
    Er brach ab, erstickte an seinen Worten.
    »War besser, ich würde jetzt nicht
arbeiten. Ich muss dauernd ...«Er wischte sich die Augen. »Ich kann kaum was
sehen, wenn ich erst mal anfange.«
    »Es ist ein klarer Tag, Ted, mach dir keine Gedanken. Was
ist dann passiert?«
    »Ich hab die Beherrschung verloren, bin an die Decke gegangen.
Hab gesagt, sie macht sich ihr Leben kaputt. Sie hat angefangen, mich
anzuschreien, >Hör mir doch mal zu, Dad. Hör zu! Nie hörst du richtig zu!<«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich hab gesagt, >Ich brauch gar nicht zuzuhören. Den
Mist hab ich schon oft genug gehört.< Ich hab gesagt...« Er fuhr sich mit den
Fingern durchs Haar. »Ich hab gesagt, >Wenn du bei der Niete bleibst,
brauchst du dich hier gar nicht mehr biickenzulassen.<«
    »Und dann ist sie gegangen?«
    »Gerannt, die Treppe hoch, hat sich ein paar Sachen aus
ihrem Zimmer geschnappt und war zur Tür raus, ehe ich sie aufhalten konnte,
Gott, vergib mir.«
    Er stand auf und fischte ein Taschentuch aus seiner Jacke,
die an der Rückseite der Tür hing. Er tat sich selber leid. Ich konnte es nicht
fassen.
    »Kann sein, dass Gott dir vergibt, Ted, aber ich nicht.
Weißt du, warum? Sie hatte recht. Du hörst nie richtig zu. Sie hat ihn
verlassen, du Trottel. Sie war gekommen, um dir zu sagen, dass die Sache aus
und vorbei ist, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Diesmal
ist es für immer, erinnerst du dich? Du hast sie aus dem Haus
getrieben, du dämlicher Idiot.«
    Ich schlug zu und erwischte ihn seitlich am Kopf. Von dem
Schmerz klappte ich zusammen wie ein durchgeweichter Pappkarton. Ich hatte das
mit der Hand vergessen. Ted taumelte rückwärts.
    »Herrgott, Al, was sollte das denn?«
    »Weil das alles deine Schuld ist. Mein Mädchen, du hast
sie raus in den Scheißregen gejagt. Wenn du zugehört hättest, wäre sie jetzt
noch bei uns.«
    »Was soll das heißen, dein Mädchen?«
    »Ha, auf einmal kannst du zuhören, was? Warum nicht dann,
als es wirklich wichtig war? >Ich muss dir was sagen<, hat sie gesagt.
>Erstens, das mit mir und Kim.< Sie wollte dir noch was anderes sagen,
Ted? Und weißt du auch, was? Dass sie sich in irgendeinen anderen Typen
verknallt hatte.«
    »Was für ein anderer Typ?«
    »Der andere Typ, von dem sie Kim erzählt hat, der, von dem
er der Polizei erzählt hat. Sie war mit jemand anderem zusammen. An dem
Wochenende? Weißt du, bei wem sie da war?«
    »Bei einer Freundin aus dem Fitnessstudio, haben wir gedacht.
Sie ist doch keine achtzehn mehr, Al. Wir hatten eine Vereinbarung, dass ich
nicht nachfrage, wenn sie mal über Nacht wegbleibt. Das war auch richtig so.
Aber wir haben noch nicht rausgefunden, bei wem sie war. Wir nicht und auch
nicht die Polizei.«
    »Na, ich wette, bei einer Freundin war sie nicht an dem
Wochenende. Sie hat vor Glück gestrahlt, sagst du? Vor Glück und wahrscheinlich
von noch was anderem. Was Ernstes, hat sie zu Kim gesagt. Und wenn du ihr auch
nur eine kleine Chance gegeben hättest, hätte sie es dir auch erzählt, dir
auch. Dann wäre sie nicht in den Regen rausgerannt. Und ich hätte...«
    Ich verstummte.
    »Und du hättest was?«
    »Ich hätte vorhin nicht rotgesehen und mir nicht die kaputte
Hand noch mehr lädiert.«
    »Mein Mädchen«, wiederholte er. »Du hast gesagt, mein
Mädchen.« Er hatte so offene ehrliche Augen. Ich konnte es kaum ertragen.
    »Ist mir so rausgerutscht, Ted. Ich hab mich ihr schon immer
nahe gefühlt, das weißt du ja. Ich hab sie aufwachsen sehen, von diesem
lustigen Winzling zu einem wirklich tollen Menschen, nicht nur äußerlich,
sondern auch in ihrem Wesen. Soll ich dir mal ehrlich was sagen? Ich mag sie
lieber als meine eigene. Lieber als meine eigene Tochter. So was ist nicht
leicht für einen Mann, Ted.«
    Er nickte, als wäre das das Natürlichste von der Welt.
    »Die Polizei hat nichts von einem anderen Typen gesagt.«
    »Die sagen einem nie alles, das müsste dir eigentlich klar
sein. Die wissen nur, dass ihr beiden Zoff hattet. Nicht auszuschließen, dass
sie denken, du