Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Literatur, die den konventionellen akademischen Biologen überhaupt auf die unkonventionelle biologische Bastelei brachten. Irgendwie sind sie die geistigen Väter und Mütter von BUGSS und auch von Burketts junger DIY-Bio-Dienstleistungsfirma.
Der 54-Jährige, der vor nicht allzu langer Zeit noch sicher – und zufrieden damit – war, seine berufliche Laufbahn als Vorstadt-College-Lehrer zu beschließen, schwärmt plötzlich von neuen Möglichkeiten der Bildung, der Forschung, des offenen Zugangs zu Informationen und des Bio-Unternehmertums – und will dort auch überall mitmischen. Schuld sind, wir haben es schon ein paarmal gehört, das Web und die einfacher und billiger werdenden Labortechniken und -geräte.
„Zum einen gibt es laut DIY-Bio-Mailingliste ziemlich viele Leute, die an relativ einfachen Techniken arbeiten“, sagt Burkett, „wenn solche Techniken mehr Leuten zur Verfügung stünden, würde es für viele einfacher werden, die eher steile Lernkurve zu erklimmen.“ Er bezieht deutlich Position für das Modell der Gemeinschaftslabors, weil sie sicherer sind, aber vor allem, „weil hier die Leute voneinander lernen können“. Ob dabei tatsächlich echte wissenschaftliche Ergebnisse, „etwas Nützliches“, herauskommen, ist für ihn zunächst einmal eher zweitrangig. Als Hochschullehrer an einem ganz normalen, alles andere als reichen oder elitären College sieht er vor allem Chancen für eine neue Art von Demokratisierung von Bildung, von neuen Zugangs- und Vernetzungsmöglichkeiten: „Die Bewegung sagt etwas aus über die Art und Weise von wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen und wie Wissenschaft gelehrt wird, und ich denke, Menschen wollen an dem wissenschaftlichen Prozess mitwirken.“
Doch dieser Prozess findet immer noch zu oft hinter den Mauern der akademischen Institutionen und industriellen Labors statt. Die meisten Menschen hätten „keinen Zutritt zu diesen Räumen“, sagt Burkett. Derzeit gebe es viele Versuche im Bildungsbereich, um das zu ändern, etwa dadurch, dass Kurse von Top-Unis und Top-Lehrkräften im Netz frei zugänglich gemacht und auch mit Zusatzangeboten angereichert werden.
Das reiche allerdings nicht, sagt Tom Burkett, denn in vielen Bereichen der Naturwissenschaften müsse man auch Zugang zu einem Labor haben, um ein Fach zu verstehen. „In der Zukunft“, so hofft der College-Professor aus Baltimore, „kann man vielleicht ein Video von Tom Knight sehen, der synthetische Biologie und BioBricks erklärt, und anschließend nebenan im Gemeinschaftslabor um die Ecke ein paar der angesprochenen Experimente nachvollziehen.“ Und jeder könne es genau dann machen, wenn er gerade Zeit hat, „so lässt sich Bildung besser verteilen, lokaler und individualisierter“.
Diese Verbindung zwischen Bildung über das Web und praktischer Laborarbeit, die Integration von Web-Technologie, Forschung, Lehre und praktischem Probieren und Experimentieren wäre tatsächlich, wenn auch schon hie und da einmal im kleinen Maßstab probiert, ein ziemliches Novum. Sie wäre längst im größerem Maßstab möglich gewesen, doch für Hochschullehrer ist es ehrenrührig, Lehre auf diese Weise auszulagern – in der Kabine des FC Bayern laufen schließlich auch keine Jürgen-Klopp-Videos. In außeruniversitären Gemeinschaftslabors dagegen sind solche Animositäten eher unwahrscheinlich, man wird dort eher versuchen, sich das Bestverfügbare über das Web zu organisieren.
Die Reaktionen auf die Gründung eines Gemeinschaftslabors seien fast alle positiv gewesen, sagt Burkett. „Ich habe dabei den Begriff Biohacker vermieden, weil er in meinen Augen einen negativen Beigeschmack hat; Gemeinschaftslabor klingt harmloser und bedient, was ich als Bildungstrend sehe und in den USA als STEM-Bildung bekannt ist, also Science, Technology, Engineering and Mathematics“. BUGSS habe jedenfalls sehr enthusiastische Reaktionen von Lehrern, Biotech-Profis und Fakultätsmitgliedern an Universitäten bekommen.
Universell allerdings sei die Begeisterung nun auch wieder nicht gewesen. Eine Reihe von Leuten habe etwa Zweifel geäußert hinsichtlich der Labor- und Biosicherheit. „Aber die waren in der Minderheit, und über die Reaktionen der meisten Behörden, mit denen wir bisher zu tun hatten, war ich positiv überrascht“, so Burkett. Ihm sei jedoch klar, dass etwa das FBI zwar ein freundliches Gesicht zeige,aber letztlich an nichts anderem interessiert sei, als das, was die Behörde als eine
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