Biohacking - Gentechnik aus der Garage
bekommen, wenn sie nicht über Kontakte zu akademischen Labors verfügen. Allerdings tun sie das bislang erfahrungsgemäß meistens.
Den größten Teil der Utensilien, Feinchemikalien, Geräte und sogar DNA-Stücke bekamen wir allerdings vollkommen problemlos. Nur als wir einen Liter reinen Alkohols in einer Apotheke kaufen wollten, gab es noch einmal Fragen. Wir konnten der Pharmazeutin jedoch glaubhaft versichern, dass wir ihn nicht trinken, sondern mit seiner Hilfe versuchen wollen, Erbmaterial aus Zellen herauszuholen. Zu unserer Überraschung hat sie das beruhigt.
Wir haben mit nicht geringem, aber überschaubarem Aufwand an Zeit, Mühe und Geld zusammengetragen, was wir für unser Labor brauchten. Bezahlt haben wir für die Grundausstattung 3500 Euro und 51 Cent. Das sind 51 Cent mehr, als wir uns als Limit gesetzt hatten. Pro Kopf etwas weniger als 1200 Euro – eine Menge Geld. Aber im Vergleich zu manch anderem ganz normalen Hobby jenseits des Barfuß-Joggens – etwa Surfen, Golf, Motorradfahren, ernsthaftem Briefmarkensammeln und so weiter – kommen wir sogar noch ziemlich günstig weg.
Jetzt fehlen nur noch der Spaß, die Erfolgserlebnisse und das Gefühl, etwas nicht ganz Sinnloses zu tun. Dafür müssen wir unsere Pipetten nun wirklich in die Hand nehmen, den Genkopierer überreden, auch wirklich Gene zu kopieren, und Gele in unsere Elektrophorese-Box gießen. Ein paar Projekte haben wir schon im Kopf und auf dem Papier.
Und wir lassen uns inspirieren von den Generationen von Amateurforschern, die vor uns kamen.
Kapitel 5 ...
... in dem es eine junge Holländerin zu den Sternen schafft, ein alter Brite dort schon längst angekommen ist, in dem Mendel Erbsen zählt und Darwin seine Helfer, in dem Kaninchenzüchter für die Forschung angezapft werden, ein Luxusuhrenhersteller einen Käferkenner mit Geld und Ehre überschüttet und in dem Kaffee gekocht wird ...
DER BÜRGER ALS FORSCHER
Hanny van Arkel war im deutschen Playboy . Mit ihrem „Ding“. So stand es in der Überschrift. Hanny ist jung, attraktiv. Sie hat lange glatte Haare und ein umwerfendes Lächeln. Sie spielt Gitarre, liebt Rockmusik, sie ist cool, sie ist Niederländerin und will Spaß haben im Leben.
Hanny hat sich allerdings beim Fotoshooting nicht ausgezogen, und ihr „Ding“, absichtlich doppeldeutig und anzüglich von der Redaktion so bezeichnet, erzeugt beim Anschauen auch keine Testosteronschübe. Dafür ist es auch ein bisschen weit weg, 700 Millionen Lichtjahre. Sie hat es 2007 am Nachthimmel, oder besser: auf Bildern des Nachthimmels, entdeckt. Es trägt ihren Namen. Die astronomische Fachwelt rätselt, was „Hanny’s Voorwerp“ (Niederländisch für „Hannys Objekt“, oder eben: „Ding“) denn nun genau ist (eine Art Gaswolke wohl). Hanny ist Co-Autorin von mittlerweile insgesamt sechs wissenschaftlichen Fachartikeln zum Thema, und außer im Playboy ist ihre Geschichte mittlerweile in unzähligen Zeitungen, Magazinen und Fernseh- und Rundfunkberichten erzählt worden.
Hanny van Arkel würde sich als Postergirl für eine „Science is sexy“-Kampagne wunderbar eignen. Den Kern der Sache allerdings träfe das kaum – nicht nur, weil ihr Aussehen so ziemlich gar nichts mit ihrer Forschung zu tun hat, sondern, weil sie nicht einmal Wissenschaftlerin im eigentlichen Sinne ist, sondern Lehrerin. Fotos des Nachthimmels lädt sie in ihrer Freizeit aus dem Internet herunter,stuft die abgebildeten Galaxien nach einfachen Kriterien ein und drückt auf „Enter“. Ihr Mini-Milchstraßengutachten landet damit auf den Servern eines Projekts namens „Galaxy Zoo“. Hanny ist Laien-Wissenschaftlerin. Im Fachjargon heißen solche Laien-Forscher „Citizen Scientists“. Sie beschauen wie Hanny Galaxien oder Details der Mondoberfläche, registrieren im Frühjahr den Pollenstaub der ersten Haselblüte am Weiher oder welche Schmetterlingsarten im Sommer im Garten auftauchen. Andere verbringen ihre Freizeit am Computer und zerbrechen sich den Kopf darüber, in welche Form sich ein Protein faltet, von dem sie bereits wissen, aus welchen Aminosäuren es besteht. Und vieles mehr.
„Galaxy Zoo“ und Nachfolger wie „Galaxy Zoo 2“ und „Galaxy Zoo Hubble“ gehören zu den bekanntesten Wissenschaftsprojekten dieser Art mit aktiver, massiver – und vor allem unverzichtbarer – Bürgerbeteiligung. Zehntausende registrierte Mitglieder begutachten dort alltäg- und allnächtlich Fotos, die Hubble und andere Teleskope
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