Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Nachbarn zu untersuchen.
Die Nachfrage für solche Tests existiert zweifelsohne. Schon heute bieten zahlreiche Firmen in Deutschland Vaterschaftstests an. Seit Inkrafttreten des Gendiagnostik-Gesetzes im Jahr 2010 sind dafüraber Einverständniserklärungen aller Beteiligten (bei Kindern von deren Rechtsvertretern) notwendig. Aber was kümmert das einen indiskreten Hobby-Gentechniker, dessen Kumpel den Verdacht hat, ein gehörnter Ehemann zu sein?
Dass die Ergebnisse solcher Heimwerker-Tests dann immer korrekt sein werden, ist alles andere als sicher. Auch wir müssten den Test noch einmal wiederholen, bevor wir „Klein, schwarz, pudelähnlich“ mit einiger Sicherheit schuldig sprechen könnten, den Haufen auf den Weg gesetzt zu haben. Dass unser Experiment nicht fehlerfrei ablief, dafür haben wir den deutlichen Beweis: Acht von zwölf Versuchsansätzen haben nicht funktioniert. Wir können mit unserer Freiland-Ballmethode und in unserem improvisierten Labor nicht einmal mit letzter Sicherheit ausschließen, dass wir das Erbgut von zwei Hunden vermischen.
Selbst Profi-Labors passieren Fehler. In groß angelegten freiwilligen Tests sollen deutsche Prüflabore ihre Zuverlässigkeit in der DNA-Forensik unter Beweis stellen. Seit Jahren schwankt die Fehlerquote in diesen Ringversuchen zwischen 0,5 und fast einem Prozent. Am häufigsten entstünden Fehler bei der Übertragung von Daten, zum Beispiel in ein Formular, erklärt Peter Richter vom Institut für Rechtsmedizin in Köln, der die Versuche regelmäßig auswertet. Dass Proben vertauscht werden, komme glücklicherweise nur sehr selten vor. Und wenn das passiert, dann meist in Labors mit unerfahrenem Personal.
Das ist eine Beschreibung, die wohl auch auf uns zutrifft.
So wie ein klassischer Fingerabdruck nichts über den Gesundheitszustand eines Menschen aussagen kann, ist auch ein genetischer Fingerabdruck nur ein Mittel zur Identifizierung einer Person, nicht aber zur Diagnose von Krankheiten. Das Gendiagnostik-Gesetz regelt seit 2010, unter welchen Bedingungen ein medizinischer Gentest überhaupt erlaubt ist. Nur Ärzte dürfen demnach solche Genanalysen und genetische Beratung durchführen (Arztvorbehalt, Paragraph 7). Das höchste Ziel des Gesetzes ist, wie in Paragraph 1 formuliert, „die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen (...) sowie die Verwendung genetischer Proben und Daten zu bestimmen und eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaftenzu verhindern, um insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.“
Das ist gut. Es verhindert, dass genetische Daten einer Person ohne deren Zustimmung von Dritten ausgewertet und vielleicht gegen sie verwendet werden. So wäre es etwa denkbar, dass eine genetische Veranlagung zu Brustkrebs beim Abschluss einer Lebensversicherung zu einer höheren Prämie führen würde. Problematisch und unfair gegenüber der Solidargemeinschaft würde es natürlich, wenn jemand insgeheim erst einen Gentest macht, ein hohes Risiko findet und daraufhin die Police zur Absicherung der Familie abschließt.
Für uns wichtig ist, dass das Gesetz sich in dem Moment in sich widerspricht, wenn jemand einen Gentest an sich selbst durchführt. Wer sein Erbgut selbst (und nicht über einen Arzt) untersuchen und damit sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen will, dem steht paradoxerweise das Gendiagnostik-Gesetz, das dieses Recht doch schützen soll, nicht nur mit dem Arztvorbehalt im Wege, sondern auch mit Paragraph 6, der die „Abgabe genetischer Untersuchungsmittel“ regeln soll. Dort steht: „Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates regeln, dass bestimmte, in der Rechtsverordnung zu bezeichnende genetische Untersuchungsmittel, die dazu dienen, genetische Untersuchungen vorzunehmen, zur Endanwendung nur an Personen und Einrichtungen abgegeben werden dürfen, die zu diesen Untersuchungen oder zu genetischen Analysen im Rahmen dieser Untersuchungen nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt sind.“ Wir wissen nicht, ob bei der Formulierung des Gesetzes bereits jemand daran gedacht hat, dass es irgendwann möglich sein könnte, privat seine eigenen Gene zu untersuchen. Auf jeden Fall steht nichts dazu im Gesetzestext.
Wir sind der Auffassung, dass damit unser Persönlichkeitsrecht eingeschränkt wird, unsere eigenen Gene zu untersuchen.
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